Johann Lingens (* 1772)

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Unterschrift von Johann Lingens.

Johann Wilhelm Lingens (~ 7. Dezember 1772 in Zons; † 15. Dezember 1834 in Zons), gelegentlich auch "Lindgens" geschrieben, war ein Zonser Wundarzt bzw. Chirurg, der seit 1819 die Approbation als praktischer Arzt besaß. 1830-1831 war er Kirchenratsmitglied und Rendant der Pfarre.

Herkunft

Johann Lingens wurde am 7. Dezember 1772 in Zons als Sohn des Ehepaars Wundarzt Johann Lingens (~ 26. Juli 1740 in Zons; † 26. Oktober 1804 in Zons) und der Anna Catharina geborene Blum († 24. März 1781 in Zons) getauft. Seine Taufpaten waren der Zonser Zollbeseher Johann Le Bruin und die Frau des Zonser Zoll-Kontrolleurs Hyronimus Bertram Heribert Stevert, Josephine Johanna Margarethe geborene Spelt (~ 30. September 1748 in Zons; † 15. August 1791 in Zons). Die Familie Lingens verfügte dementsprechend über gute Kontakte zu den gesellschaftlich herausgehobenen Zollbeamten-Familien. Johann Lingens hatte acht Geschwister, davon zwei Halbgeschwister aus der zweiten Ehe des Vaters mit Maria Christina Erasmann (~ 9. Juni 1754 in Zons; † 7. Oktober 1846 in Zons)[1]:

  • Maria Anna (~ 9. Januar 1768 in Zons)
  • Johannes Cornelius Josef (~ 31. Juli 1769 in Zons; † 28. August 1769 in Zons)
  • Johannes Wilhelm Josef (~ 8. August 1770 in Zons)
  • Anna Catharina (~ 6. Januar 1776 in Zons; † 18. Mai 1780 in Zons)
  • Helene Christina (~ 22. November 1778 in Zons; † 5. Juni 1839 in Zons), die ledig blieb
  • Gottfried (~ 23. März 1781 in Zons; † 16. April 1842 in Zons), der zunächst Barbier, später Bäcker wurde und am 27. Juli 1811 in Zons die Köchin Eva Cremer (~ 29. September 1785 in Zons; † 22. Februar 1833 in Zons) heiratete
  • Maria Christina (~ 29. Dezember 1782 in Zons; † vermutl. 3. Februar 1783 in Zons)
  • Anna Catharina (~ 26. Juni 1784 in Zons; † 3. Januar 1849 in Zons), die am 14. Juni 1812 in Zons den Bäcker Heinrich Ross (~ 10. Dezember 1785 in Hülchrath; † 3. Juli 1848 in Zons) heiratete

Das elterliche Haus des Johann Lingens war das Haus Feldstraße 130 (heute steht dort das Haus Schloßstraße 13).

Berufliche Tätigkeit und weiteres Engagement

Johann Lingens arbeitete wie sein Vater als Wundarzt bzw. Chirurg. Auch der jüngere Bruder, Gottfried Lingens (*1781), arbeitete zunächst im Gesundheits- bzw. Medizinalbereich, als Barbier. 1811/12, wahrscheinlich mit der Eheschließung, wechselte dieser jedoch in den Bäckerberuf. 1811 wird Johann Lingens als "officier de santé" erwähnt; er war also wohl in der Medizinalpolizei tätig, die von den Franzosen hauptsächlich zur Seuchenbekämpfung geschaffen wurde. Er leitete die Armenpraxis der Gemeinde.[2] Neben ihm war der Arzt Dr. Lambert Josef Kauhlen seit 1801 im Ort tätig. Am 24. April 1819 erwarb Lingens die Approbation als "praktischer Arzt für die königlichen Lande".[3] Lingens führte auch medizinische bzw. gerichtsmedizinische Untersuchungen zusammen mit seinem Kollegen Kauhlen durch.[4]

Das Ehepaar Lingens wohnte in dem heutigen Haus Rheinstraße 8, in dem sich höchstwahrscheinlich auch die Armenpraxis befand.

Johann Lingens gehörte 1822 zu den entschiedenen Gegnern des Glaubens an die Zonser "Wundermadonna" und engagierte sich besonders für die Beendigung der Bewegung. Hierdurch zog er den Hass großer Teile der Zonser Bevölkerung auf sich.[5] Am 29 Oktober des Jahres soll er diesbezüglich ein "Gottesurteil" erlitten haben, indem er "bis über die Ohren in den Rhein" fiel.[6]

Im April 1830 wurde Johann Lingens in den Zonser Kirchenrat und zum Kirchenrendanten gewählt. Am 31. Januar 1831 erklärte er seinen Rücktritt von beiden Ämtern. Die Beweggründe sind nicht bekannt.[7]

Nach der Pfarrchronik ritt Lingens am 14. Dezember 1834 zu einem auswärtigen Krankenbesuch, wobei sein Pferd scheute und er beim Sturz schwer verletzt wurde. Man brachte ihn am folgenden Tag nach Zons, wo er nach wenigen Stunden starb.[8] Die Chronik betrachtet das Unglück als Gottesurteil im Zusammenhang mit der "Wundermadonna" und erwähnt in diesem Zusammenhang, dass die Vermögensverhältnisse von Lingens, wie die anderer Kritiker, in den Jahren nach 1822 sehr zurückgegangen seien.[9]

Zum 1. Januar 1835 wurde die Armenpraxis von der Gemeinde auf Dr. Lambert Josef Kauhlen übertragen, der auch die Impfungen und Revisionen der Schulen mit übernahm.[10]

Die Witwe Lingens blieb der Zonser Armenverwaltung sehr verbunden: So vermachte sie der Armenkasse testamentarisch 60 Reichstaler, unter der Bedingung, jährlich vier heilige Messen lesen zu lassen.[11] Das Wohnhaus in der Rheinstraße wurde am 5. November 1852 an den Bäcker Jacob Rosenthal versteigert.[12]

Ehe

Johann Lingens heiratete am 30. Dezember 1801 (am 1. Januar 1802 kirchlich) in Zons Maria Antoinette Jacobine Jansen (~ 11. Oktober 1778 in Zons; † 14. September 1852 in Zons), Tochter des Ehepaars Gemeinderat Cornelius Jansen (~ 25. Juni 1738 in Büttgen; † 7. Oktober 1814 in Zons) und Clara geborene Lamaire (* ca. 1731/32 in Bonn; † 29. März 1816 in Zons).[13] Wie die Eltern des Johann Lingens, unterhielten auch die Eltern der Braut enge Beziehungen zu den sozial herausgehobenen Zollbeamten-Familien.

Das Ehepaar Lingens, das kinderlos blieb, trat in Zons mehrfach als Taufpaten oder Trauzeugen in Erscheinung:

Patenkinder von Antoinette Lingens geborene Jansen

  • Antonia Wilhelmine Lingens (* 23. Juli 1819), Tochter von Bäcker Gottfried Lingens und Eva geborene Cremer[14]
  • Antonia Kastenholz (* 30. Dezember 1819), Tochter von Korbmacher Johannes Kastenholz und Anna Catharina geborene Klophausen[15]
  • Gottfried Anton Hubert Ross (* 25. Oktober 1820), Sohn von Bäcker Heinrich Ross und Anna Catharina Lingens[16]
  • Josef Hubert Fuchs (* 17.12.1825), Sohn von Bäcker Johannes Fuchs und Ursula Simsons[17]
  • Antonia Ross (* 8. Dezember 1840), Tochter von Bäcker Johannes Hubert Ross und Clara geborene Lucas[18]

Patenkinder von Johann Lingens

  • Johannes Peter Biesenkamp (* 29. Juni 1799 in Zons), Sohn von Tagelöhner Franz Biesenkamp und Catharina geborene Büttgen[19]
  • Johannes Heinrich Schmitz (* 23. März 1808), Sohn von Hufschmied Johannes Schmitz und Catharina geborene Bongartz[20]
  • Eva Stommel (* 16. Oktober 1811), Tochter von Schuster Heinrich Stommel und Anna Maria geborene Esser[21]
  • Johannes Wilhelm Ross (* 29. Dezember 1815), Sohn von Bäcker Heinrich Ross und Anna Catharina geborene Lingens[22]
  • Elisabeth Fuchs (* 26. August 1821), Tochter von Bäcker Johannes Fuchs und Ursula geborene Simsons[23]

Johann Lingens als Trauzeuge

  • Hochzeit von Landwirt Peter Postberg mit Agnes Schneider am 10. Mai 1826[24]

Belege

  1. Lisken-FBZ, S. 422-423.
  2. Am 14. Mai 1814 präsentierte Bürgermeister Anton Baaden dem Kirchenrat eine Medikamentenrechnung für die Armen von Lingens in Höhe von 40 Reichstalern. Das Gremium lehnte eine Kostenübernahme ab (PfAZ, Nr. 138, unpagin.).
  3. Amtsblatt der Regierung Düsseldorf Nr. 40 vom 26. Juni 1819.
  4. Im Oktober 1819 untersuchten sie die Leiche eines vergewaltigten und ermordeten Kindes in Dormagen, und im Februar 1821 verarzteten sie einen besonders korpulenten Dormagener, der aus dem Fenster gestürzt war (und der kurz später an den Folgen starb): AiRKN, Autograf Johann Peter Delhoven, p. 445, p. 452.
  5. AEK, BA 146,4, unpagin.
  6. AiRKN, Autograf Johann Peter Delhoven, p. 459.
  7. PfAZ, Nr. 138, unpagin.
  8. PfAZ, Nr. 6, S. 34-35.
  9. Es ist kritisch anzumerken, dass die Pfarrchronik erst etwa 70 Jahre später niedergeschrieben worden ist, wobei Manches später "hinzugedichtet" worden ist.
  10. AiRKN, DO 07, Ratsprotokolle Dormagen, Nr. 80, p. 73v-74r.
  11. Amtsblatt der Regierung Düsseldorf, Nr. 49 vom 8. September 1853, Nr. 1199.
  12. LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf, Kataster B 5740.
  13. Lisken-FBZ, S. 423, 317.
  14. Lisken-FBZ, S. 422.
  15. Lisken-FBZ, S. 338.
  16. Lisken-FBZ, S. 612.
  17. Lisken-FBZ, S. 229.
  18. Lisken-FBZ, S. 612-613.
  19. Lisken-FBZ, S. 73.
  20. Lisken-FBZ, S. 677.
  21. Lisken-FBZ, S. 770.
  22. Lisken-FBZ, S. 612.
  23. Lisken-FBZ, S. 229.
  24. Lisken-FBZ, S. 566-567.