Wundermadonna

Aus ZonsWiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
Die "Wundermadonna" in der Kapelle "Maria von den Engeln".

Die Wundermadonna, auch "Blaue Madonna" genannt, ist eine Wachsfigur, die der frühere Kaplan Adam Ankenbrand der Pfarrkirche 1813 geschenkt hat. 1822 machten einige Personen wundersame Lichtbeobachtungen an dieser Madonna, woraufhin sich, tatkräftig unterstützt durch Ortsgeistlichkeit und Einwohner, schnell eine große Wallfahrtsbewegung aus dem rheinisch-westfälischen Raum nach Zons entwickelte. Diese Bewegung, die ihren Niederschlag sogar in der Literatur gefunden hat, wurde noch im selben Jahr durch Eingreifen von Regierung, Landrat, Generalvikar und Ortsbürgermeister beendet. Weit über 100 Jahre blieb die Madonna in der Zonser Bevölkerung in großer Verehrung. Sie steht heute in der Kapelle "Maria von den Engeln" am Rheintor.

Darstellungsteil

Vorbemerkungen, Quellen

Im Jahr 1822 erlangte der nur etwa 1.000 fast ausschließlich katholische Einwohner zählende Ort Zons dank einer "Wundermadonna" nahezu im gesamten rheinisch-westfälischen Raum große Bekanntheit. Die Wellen, die die Ereignisse des Jahres in der Gegend schlugen, hielten weltliche und geistliche Behörden in Atem und veranlassten die Regierung in Düsseldorf sogar, über die Vorgänge an das Geheime Zivilkabinett in Berlin zu berichten.

Die Ereignisse sind quellenmäßig gut überliefert, obwohl keine entsprechenden Akten der Regierung Düsseldorf, des Neusser Landrats und der Pfarre Zons überliefert sind. Insbesondere die Überlieferung des ehemaligen Generalvikariats in Aachen im Historischen Archiv des Erzbistums Köln, die auch Schreiben der anderen beteiligten Behörden enthält, macht eine sehr gute Rekonstruktion der Entwicklung möglich. Daneben ist auch die Überlieferung des Oberpräsidenten im Landeshauptarchiv Koblenz von einiger Bedeutung. Die gesamte Dokumentation findet sich unten im Quellenteil.

Die Anfänge

Bereits 1821, ein Jahr vor dem "Wunder", griff der erste Neusser Landrat (seit 1817), Otto Wilhelm von Bolschwing – wir können ihn heute in seiner ordnungspolitischen Haltung sicher als "Hardliner" bezeichnen –, in Zons in einer kirchlichen Angelegenheit hart durch: Nachdem am 7. Mai des Jahres eine Prozession ohne Begleitung und sogar gegen den Willen des Ortspfarrers aus dem Ort ausgezogen war und, wieder zurück in der Pfarrkirche, den Segen durch den Vikar Jacob Reiner Brings erhalten hatte, ließ der Landrat die Sache durch den örtlichen Bürgermeister Anton Baaden untersuchen, der ihm am 2. Juni darüber berichtete. Daraufhin machte sich von Bolschwing erfolgreich dafür stark, dass die Regierung Düsseldorf dem zuständigen Generalvikar in Aachen, Martin Wilhelm Fonck, eine Bestrafung des Vikars empfahl.[1]

Seitenaltar von Carl Kamberger in der Pfarrkirche St. Martinus (linker Seitenaltar, Rochus).
Seitenaltar von Carl Kamberger in der Pfarrkirche (rechter Seitenaltar, Walburga).

Nur wenige Monate später, Anfang Oktober 1821, wurde von Bolschwing wieder in einer kirchlichen Angelegenheit in Zons aktiv: Diesmal ging es um laufende und geplante Ausbesserungs- und Umbaumaßnahmen in und an der Zonser Pfarrkirche, die der Kirchenrat bereits in Auftrag gegeben hatte, ohne aber diese Arbeiten öffentlich auszuschreiben: Die Pfarrkirche, ein deutlich kleinerer Vorgängerbau des heutigen Sakralbaus, war zu diesem Zeitpunkt bereits zu klein für die Einwohnerzahl und zudem nach mehr als 400 Jahren teilweise baufällig. Der Landrat forderte nun über den Bürgermeister die Unterlagen zu den Bauarbeiten ein, und der Kirchenrat händigte diese nur äußerst widerwillig aus. Für die Reparatur der Altäre und die sonstigen Arbeiten durch den Düsseldorfer Bauunternehmer und Vergolder Kamberger waren 2.800 Reichstaler veranschlagt worden. Eine öffentliche Einwohnerversammlung hatte diesen Arbeiten zuvor zugestimmt. Allerdings war der Bürgermeister bei dieser Abstimmung terminlich verhindert gewesen. Nun vermuteten Bürgermeister und Landrat, dass die Terminkollision kein Zufall war, denn Baaden hatte sich in der Vergangenheit mehrfach im Kirchenvorstand gegen bloße Ausbesserungsarbeiten und für eine deutliche Vergrößerung der Kirche ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund untersagte der Landrat die weiteren Arbeiten bis zur Entscheidung durch die Regierung. Die Regierung beauftragte einen Bausachverständigen mit der Untersuchung vor Ort. Dieser berichtet erst Anfang Juli 1822 der Regierung nach der Besichtigung mit dem Landrat, dass die Arbeiten bereits größtenteils umgesetzt worden seien. Nach seiner Einschätzung wäre allerdings ein Kirchenneubau sinnvoller gewesen. Die Angelegenheit zog sich noch eine Weile hin, und zwischenzeitlich, im September 1822, stellte der Kirchenvorstand sogar die Weisungskompetenz von Landrat und Regierung in dieser kirchlichen Angelegenheit in Frage, woraufhin die Regierung die ordnungsgemäße Geschäftsführung des Gremiums untersuchen ließ und sogar mit Polizeigewalt drohte.[2] – Die Pfarre hatte in dieser Zeit also hohe finanzielle Belastungen für Ausbesserungs- und Reparaturarbeiten zu tragen. Und es ist nicht abwegig, die parallelen Entwicklungen auch vor diesem Hintergrund zu betrachten. Mit dem Verlust der Rheinzollfunktion des Ortes um 1800 hatte die Einwohnerschaft auch eine wichtige indirekte Einnahmequelle verloren. Sie war also gezwungen, sich neu zu orientieren.

Und speziell im Jahr 1822 kam noch ein besonderer Umstand hinzu: Das Jahr war für die Bevölkerung der Region, die hauptsächlich von der Landwirtschaft lebte, ein Katastrophenjahr mit Hunger und Not: Durch extreme Trockenheit und starken Mäusebefall wurde die Ernte in schlimmstem Maße in Mitleidenschaft gezogen. Der Zonser Küster und Chronist Johannes Hermann Schwieren berichtet im Juli des Jahres:

"[1]822 ist die Druckenheit so groß gewesen, und die Mäuß so starck im Felt und in den Garden, das vor Pfingsten einige Stücker Korn als umbgebaued worden, kein Kleh gewesen, die Kleh-Stücker, das keiner konte sagen, waß darauff gewesen war, einige Ackers-Leuth vor kein 6 Wochen Brott Korn gehabt. Den 20. Junii hab ich angefangen, Häu zu kauffen von Herrn Pastor. Diesen Mäuß-Schaden kan ich gnug ansetzen, den Morren, Ärdepfen, Haber und Sommer-Garsten, auch einige Stücker umgebaudt in den Garden, wen die Köhl 4 ad 5 Stundt gepost waren, auch einige abgefressen und in die Locher geschlept. Ich hab 3 kleine Kahren Korn, 2 Man können es in 6 Täg dreschen. […] den 8. Julii hatt Fridericus Schmitz ein grosse Ratt-Mauß aus dem Felt mitgebracht, den 9ten Hugo und ein Dormager Man noch ein tott geschlagen, im Junii hatt man als neu Brodt gebacken, halben Julius hatt man noch einigen Weitzen geholt, das Korn war vor 14 Täg, als eingescheürd, wegen der grosse Drückenheit alles vernothreifft."[3]

In ihrer Verzweiflung suchte die überwiegend sehr gläubige Bevölkerung in Zons und Umgebung Hilfe im Gebet. Am 9. Juli, so berichtet Küster Schwieren, begann eine achttägige Rosenkranzandacht in der Zonser Pfarrkirche, jeweils zwischen 13 und 14 Uhr, wie sie in solchen Notzeiten üblich war. Und am dritten Tag, dem 11. Juli, bemerkten plötzlich mehrere Teilnehmer eine merkwürdige Lichterscheinung, ähnlich einer brennenden Kerze, an einer Madonna.[4] Diese Madonna, gefertigt aus Wachs, mit silberner Krone und Jesuskind, ebenfalls mit Krone, hatte der frühere Vikar Maurus (Adam) Ankenbrand der Pfarrkirche 1813 geschenkt, in der sie die letzten Jahre auch stand. Bis zu diesem denkwürdigen Tag im Juli 1822, so Schwieren, war jedoch nichts Auffälliges bemerkt worden.

Die Nachricht über die wundersamen Beobachtungen verbreitete sich in den folgenden Tagen wie ein Lauffeuer in der Region. Viele Gläubige werden die Berichte in der Notlage als göttliches Zeichen, als Mahnung zum Glauben und zur Demut, gewertet haben. Zunächst beteten nur Einwohner aus Zons selbst an der Madonna. Am 22. Juli, also nur 11 Tage nach den ersten "Wunderbeobachtungen", kam eine erste Prozessionsgruppe aus Worringen, wie der Küster berichtet. Nach diesem Vorbild sollten noch zahlreiche weitere Gruppen folgen.

Erste Gegenmaßnahmen

Als Bürgermeister Anton Baaden am 25. Juli 1822, also exakt zwei Wochen nach den ersten Wunderberichten, dem Landrat ausführlich über die Angelegenheit berichtete, hatte sich bereits eine recht beachtliche Wallfahrtsbewegung entwickelt:

"Die Sage hat sich in der ganzen Umgegend verbreitet, und jetzt sieht man aus andern Dörfern große Haufen Bethende dahin ziehen. In Zons selbst wird die halbe Nacht gesungen und gebethen."

Baaden lieferte gleich eine plausible Erklärung für das Wunder: Der Beigeordnete (Müller und Kirchenratsmitglied Mathias Schmitz) habe ihm versichert, dass das Licht eine bloße Reflektion der in der Kirche brennenden Kerzen in der Krone der Madonna sei. Der Vikar Jacob Reiner Brings verbreitete jedoch den Wunderglauben nach Kräften: Der Bürgermeister habe ihn persönlich in der Stürzelberger Kapelle für das Wunder werben gehört. Er schließt mit der Bitte an den Landrat, "das geeignete zur Unterdrückung dieses Gegenstandes so geschwind wie möglich die nötige Maßregeln zu treffen."

Der Landrat erhielt das Schreiben noch am selben Tag vom Sekretär des Bürgermeisters und reagierte prompt, denn noch auf diesen Tag datiert das Schreiben, mit dem er die vorgesetzte Behörde, die Regierung in Düsseldorf, informierte. Er leitete den Bericht des Bürgermeisters mit einigen zusätzlichen Informationen weiter: Der Sekretär habe ihm berichtet, dass "die Vernünftigen das angegebene Lämpchen für nichts weiter als einen Wiederschein von den gegenüber stehenden Kerzen halten, was sich auch dadurch bewahrheitet hat, dass, sobald die Kerzen ausgelöscht sind, jeder Glanz in der vergoldeten Krone von dem Mutter Gottes Bilde verschwindet". Anfänglich seien sowohl der Pfarrer als auch der erste Kaplan des Pfarrers, Jacob Angersbach, von dieser natürlichen Erklärung überzeugt gewesen. Der zweite Vikar Brings habe jedoch den Wunderglauben im Ort aktiv verbreitet und die Bevölkerung zu ungewöhnlichen Gebeten an der Madonna ermuntert. Rasch habe sich die Nachricht in der Umgebung verbreitet, so dass viele Volksgruppen hinströmten:

"Dieses geht nun schon so weit, dass gestern eine Wallfahrt von 72 Personen von Bonn dort angekommen ist, wodurch der Pfarrer, der ein alter schwacher Mann ist,[5] sich hat verleiten lassen, von seiner früheren Meinung abzugehen und es als ein Wunder anzuerkennen."

Mehrere Geistliche, darunter der Kantonspfarrer Kessel von Dormagen und die Vikare von Worringen und Baumberg, seien vor Ort gewesen und "haben es für nichts weiter als den Wiederschein der gegen über stehenden Kerzen erklärt." Der Kantonspfarrer habe Pfarrer Löhr sogar den Rat gegeben, die Madonna zu entfernen, was jener aber ignoriert habe. Stattdessen strebe Löhr nun selber danach, den Wunderglauben zu bestärken. Vikar Brings lasse sogar für eintreffende Prozessionsgruppen mit den Glocken läuten und erteile ihnen später mit dem Allerheiligsten den Segen. Seit einigen Tagen nehme der Zulauf von entfernten Gegenden erheblich zu, und es stehe zu befürchten, dass, wenn dieser Missbrauch nicht so rasch wie möglich gesteuert werde, "eine unglaubliche Menge Volks von noch entfernteren Gegenden hinströmt." Der Landrat habe daher per Eilboten den Generalvikar in Aachen informiert und gebeten, geeignete Gegenmaßnahmen zu verfügen. Zudem habe er wegen Abwesenheit des Ortspolizisten zwei Unteroffiziere von der Landwehr zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nach Zons geschickt.

Bereits einen Tag nach dem Bericht des Landrats, am 26. Juli, reagierte die Regierung Düsseldorf: Sie ließ dem Ortspfarrer durch den Landrat mitteilen, dass sie das Verhalten der Ortsgeistlichkeit verurteile, die den Zulauf befördert, ohne "bei ihrer geistlichen Behörde sich Belehrung und Weisung erbethen und dieselbe erhalten zu haben". Sie verbot dem Pfarrer "auf das Nachdrücklichste", ohne besondere Erlaubnis des Generalvikars irgendeine Änderung an der hergebrachten Gottesdienstordnung vorzunehmen, außerhalb der gewöhnlichen Zeiten die Kirche zu öffnen oder ungewöhnlich läuten zu lassen. Den Landrat wies sie an, "auf eine schickliche, jedoch Aufsehen so viel möglich vermeidende Weise, alles Zuströmen des Volks aus benachbarten Gegenden zu verhindern, und über den ferneren Verlauf zu berichten." Die Regierung informierte den Generalvikar über diese Maßnahmen und bat ihn "um gefällige schleunige Einwirkung zur Vermeidung fernerer Ungehörigkeiten".

Der Dormagener Chronist Johann Peter Delhoven berichtet unter demselben Datum (26. Juli) über die Vorgänge in Zons. Auch er interpretiert die wundersamen Lichtbeobachtungen mit bloßen Lichtreflexen in der silbernen Krone der Madonna, wobei insbesondere acht vergoldete Kreuzchen das Licht reflektierten. Entsprechend unschmeichelhaft fällt sein Urteil über die Gläubigen aus: "Sogleich ergrif der fanatische Pöbel diesen Schein und machte ein Miracul daraus." Täglich strömten viele Personen nach Zons, teils prozessionsweise (aus Worringen, Hitdorf usw.), teils in kleineren Gruppen (aus Bedburg, Düsseldorf, Neuss usw.). Der Pfarrer habe die Weisung erhalten, außer an den Sonntagen den Gottesdienst um 8 Uhr zu beenden und die Kirche danach geschlossen zu halten – die Weisung der Regierung Düsseldorf vom selben Tag hat sich also schnell herumgesprochen! Der Zustrom von Menschen habe mehr und mehr zugenommen, und die Ortseinwohner veranstalteten abends besondere Prozessionen, indem sie mehrmals um die Kirche und dann durch das Feldtor zum Schlosstor zogen, um dort das traditionell sehr verehrte Muttergottesbild anzubeten. Aus der näheren Umgebung wie Dormagen, Rheinfeld usw. strömten Hunderte in den Ort, um bis Mitternacht zur Abwendung der Mäuseplage zu beten.[6]

Generalvikar Fonck handelte nach dem Erhalt des landrätlichen Schreibens umgehend: In seinem per Eilboten überbrachten Antwortschreiben vom 27.,[7] also zwei Tage später, betont er, dass er die Möglichkeit eines Wunders zwar nicht völlig ausschliessen könne, die Erfahrung jedoch gezeigt habe, dass "Ernstgläubige Menschen jede Erscheinung, die sie nicht gleich begreifen oder deren Ursache sie nicht sofort ergründen können, als Wunderwerk betrachten". Es sei jedoch unverantwortlich, dass Geistliche gegen kirchliche Ordnungen und Gesetze handelten, um den Glauben zu unterstützen und den Zulauf zu fördern. Daher habe er eine Verordnung erlassen (die dem Ortspfarrer über den Kantonspfarrer in Dormagen übermittelt wurde), wonach "jeder Geistliche, der das vorgebliche Wunder zu Zons als wirklich angiebt und aus dieser Ursache den Zulauf dahin befördert, in Canonische Strafe verfällt". Der Pfarrer müsse nach dem gewöhnlichen morgigen Gottesdienst die Kirche verschlossen halten. Auch sei dem Generalvikar namentlich anzuzeigen, wer gegen diese Verordnung verstoße.[8] Mit diesen getroffenen Maßnahmen, so glaube er, werde er jedem weiteren Missbrauch Einhalt tun. Am 31. Juli informierte der Generalvikar auch die Regierung (deren Schreiben er zwischenzeitlich erhalten hatte) hierüber.

Der Landrat reagierte auf das Schreiben des Generalvikars, indem er den Zonser Bürgermeister Baaden am 28. Juli schriftlich "unter persönlicher Verantwortung" anwies, "über jeden Umstand, wodurch das Wunder bekräftigt und der Zulauf des Volks befördert würde, zu berichten".[9]

Reaktionen der Ortsgeistlichen und weitere Gegenmaßnahmen

Man möchte annehmen, dass die Maßnahmen von Bürgermeister, Landrat, Regierung und Generalvikar die Ortsgeistlichkeit überzeugt haben dürften, den bisherigen Kurs nicht mehr weiter zu verfolgen. Wie ein Schreiben des Pfarrers Löhr an den Generalvikar vom 4. August nahelegt, sind jedoch Zweifel angebracht. Mit diesem Brief können wir erstmals die Haltung und die Beweggründe der "Gegenpartei" fassen: Er schreibe, so betont Löhr, "in Übereinstimmung des hiesigen Kirchenrathes" und berichte "auf Ehre und Gewissen" über die Begebenheiten. Die Madonna sei regelmäßig an kirchlichen Festtagen auf den mit vielen Kerzen erleuchteten Hochaltar gestellt worden. Niemals sei jedoch etwas Ungewöhnliches entdeckt worden. Angesichts der Not der Zeit sei er als Pfarrer von den Gläubigen gebeten worden, eine nachmittägliche Rosenkranzandacht abzuhalten, wie sie in Notzeiten üblich sei, und am 9. Juli habe Vikar Brings mit dieser täglichen Andacht begonnen.

"Bey der Andacht erblickte man, eines Theils in der Krone der Bildnuß der Seeligen Jungfrau Maria, eines Theils abwechselnd in der Krone Jesus einen aufsteigenden hellen Glanz, oder Licht dem Feuer gleich." Dieses immer wiederkehrende Licht sei anfänglich als eine Reflektion der brennenden Kerzen oder des Sonnenlichts interpretiert worden. Man habe daher zur Überprüfung die Kronen von außen und innen mit Papier umwickelt und "sogar innerlich mit Bleyweiß angefüllt, um jeden Schimmer zu verscheuchen". Dennoch sei das Licht auf den beiden Kronen weiterhin von einer großen Anzahl von Betenden gesehen worden, und zwar selbst nach Erlöschen der Kerzen. Er verweist auf das beiliegende Zeugnis "eines allgemeinen bekannten Mannes". Zudem werde der Kantonspfarrer Spinrath aus Xanten dem Generalvikar dies noch schriftlich bezeugen. Man habe auch den Test gemacht, die Figur wieder auf den Nebenaltar zu stellen, "und dennoch betheuren so wohl einheimische, als auch ausheimische, und zwar bey einem Eid, das Nämliche gesehen zu haben." Seine Pfarre habe mit dem Beispiel der Andacht begonnen, dem andere Pfarrer folgten, da die Not es nahelegte. Es sei für ihn "auffallend", dass der Landrat, "evangelischer Confession", sich "mit seiner allzuvoreiliger Einklage" an den Generalvikar gewandt habe, "ohne vorhin sich persönliche Überzeugung eingeholt zu haben". Noch auffälliger sei es für ihn jedoch, dass sich der Landrat "erfrechen dorfte", während eines Gottesdienstes "auf und ab zu spazieren, wodurch meine Pfarrkinder durch sein Hohnlächlen sehr geärgert wurden." Der Pfarrer kenne und beachte wie seine beiden Vikare die Pflicht, getreu den römisch-katholischen Grundsätzen "die unserer Seelsorge anvertraute Glaubige auf den wahren Weg des Heils stets unermüdet […] zu fuhren." Löhr schließt mit der Bitte namens der gesamten Pfarrgemeinde, anstelle der traditionellen Prozession nach Kevelaer eine achttägige Andacht zur Verehrung der Muttergottes in der Pfarrkirche abhalten zu dürfen.

Das Antwortschreiben des Generalvikars an den Pfarrer nur zwei Tage später (6. August) fiel eindeutig aus und ließ keinen Spielraum für Interpretationen: Er bleibe bei seinem Erlass vom 27. Juli, der ganz kanonisch sei. Und die Bitte um Erlaubnis der achttägigen Andacht zeuge klar davon, "was sie und ihre Gehülfen von der Ächtheit dieser vorgeblich wunderbaren Geschichte halten, und dieses ist aber eine Ursache, warum ich auf keinen Fall eine besondere Andacht erlaube."

Der zwischenzeitlich wieder vom Ortsbürgermeister unterrichtete Landrat wandte sich am 7. August ein weiteres Mal schriftlich an den Generalvikar. Pfarrer Löhr, Vikar Brings und der Küster Johannes Hermann Schwieren hielten das Volk fortlaufend "im Wahnglauben", und bei den beiden letzteren vermute er persönliche Interessen. Das habe den nachteiligsten Einfluss auf die Menschen, und es kursierten bereits Gerüchte über Wunderheilungen. Er habe sich mit mehreren Geistlichen unterhalten, die allesamt die Vorgänge als "der Achtung der Religion selbst sehr schädlich" ansahen. Es sei bereits so weit gekommen, dass eine bloße Schließung der Kirche außerhalb der Gottesdienstzeiten die hinzuströmende Menge nicht mehr abhalte. Am Vortag habe er von Mitgliedern der Regierung erfahren, dass am 3. August auch von Düsseldorf große Scharen von Wallfahrern nach Zons gezogen seien. Und "soeben" sei ihm berichtet worden, dass sich der Zustrom nach Zons mit jedem Tag vermehre, der Pfarrer die Kirche wieder ganztags geöffnet halte, die nachmittägliche Andacht wieder begonnen und die Madonna zurück auf den Hochaltar gestellt worden sei. Am kommenden Sonntag, dem 11. August, erwarte man wieder zwei größere Prozessionen, und am 15. August, Mariä Himmelfahrt, sei ein sehr großes Fest geplant. Die Ortsgeistlichkeit nehme Personen zu Protokoll, die das Wunder gesehen haben wollen – so am Vortag allein fünf Zeugen. Aufgrund dieser Umstände halte er die "Entfernung" von Pfarrer, Vikar und Küster für die einzig geeignete Gegenmaßnahme, weshalb er es der Beurteilung des Generalvikars überlasse, "selbige […] auf einige Zeit zu suspendieren und durch würdigere Religionsdiener zu ersetzen".

Die alte Pfarrkirche St. Martinus. Lithografie aus dem Jahr 1857.

Am 13. August schreibt auch der Ortsbürgermeister dem Generalvikar einen ausführlicheren Bericht und bittet gleichzeitig um geeignete Gegenmaßnahmen: Zwar habe der Pfarrer nach dem Erlass des Generalvikars das Marienbild auf einen Nebenaltar versetzt, die Krone auswechseln lassen und die Kirche nach der Morgenandacht verschlossen gehalten. Doch da das Geschehene den Menschen weiterhin als Wunder dargestellt worden sei, habe der Zulauf immer mehr zugenommen. Am 3. August sei die Madonna wieder auf den Hochaltar gestellt und die Kirche geöffnet worden. Und vier Tage später, am 7. August, sei bekannt gemacht worden, dass der Generalvikar schriftlich genehmigt habe, die Kirche wieder zu öffnen und den Gottesdienst außerhalb der regulären Zeiten zu feiern. Die Werbemaßnahmen haben daraufhin deutlich zugenommen, so dass am Sonntag, dem 11. August "einige tausend Menschen processionsweise hinströmten". Zudem habe man Prozessionen, die nach Kevelaer zogen, zu überzeugen versucht, anstatt der Landstraße zu folgen, den Umweg über Zons zu nehmen, wie es bereits vorgekommen sei. Und zu den Anfängen des "Wunders" weiß Baaden zu berichten: Am Tag nach den ersten Beobachtungen "befande ich mich in einem auf der Landstraße gelegenen Haus, wo Herr Medicin Doctor Kauhlen, der auch President des Kirchenraths ist, sich befande, von diesem vernahm ich, daß er den Irthum in der Kirche entdeckt, über das in der Crone gesehene Licht eine Untersuchung angestelt, woraus sich ergeben, daß der Glantz in der Crone, in welcher schöne vergoldete Sterne angebracht, von den brennenden Kertzen herrühre." Der Bürgermeister habe den Pfarrer eindringlich gebeten, die Figur auf den Nebenaltar zu stellen und die Krone auszuwechseln. Dies habe jener auch zugesagt, doch wieder in Zons habe er sich erneut anders überreden lassen. Der Beigeordnete und Kirchenrendant Mathias Schmitz habe mehrmals Untersuchungen an der Figur angestellt und die Krone mit Farbe angestrichen, woraufhin kein Glanz mehr gesehen worden sei. Wenige Tage später habe man die Krone aber wieder gesäubert, so dass auch die Lichtstrahlen wieder auftraten. Baaden habe die Figur später in Begleitung des Rendanten, des Vikars Brings, des Küsters und einiger anderer Personen untersucht. Dabei sei von Schmitz die Stelle gezeigt worden, von der aus die Strahlen zu sehen waren, sobald die Kerzen brannten. Daraufhin habe der Bürgermeister den Pfarrer nochmals, und diesmal erfolgreich, gebeten, die Figur auf einen Nebenaltar zu stellen. Doch anderntags sei die Figur wieder zurückgestellt worden. Daraufhin habe er zusammen mit dem Landrat den Kantonspfarrer in Dormagen besucht und diesen eindringlich gebeten, auf Pfarrer Löhr einzureden. Dieser habe jedoch geantwortet, obwohl ihm der natürliche Ursprung des Glanzes bewusst sei, wolle er sich nicht in die Angelegenheiten des Ortspfarrers einmischen. Bei einem Besuch in Köln sei Baaden von vielen Personen über das Wunder befragt worden, und er habe daher auch mit dem Dompfarrer gesprochen und ihn informiert.

Der Bürgermeister schließt seinen Bericht mit einer kritischen Beurteilung über Pfarrer Löhr, Vikar Brings und Küster Schwieren: Pfarrer Löhr sei "ein alter frommer, aber durchaus unwissender Mann, der, obzwar andere geistlichen sich bemüht, ihn von dem Irthum zu überzeugen, er dennoch sich bereden und ihnen Glauben beygemessen habe." Besonders negativ fällt die Beurteilung des Vikars aus, der "dem Drunck sehr ergeben, dadurch gantz abgeschwächt, und durchaus keine beurtheilungs kraft besitzt". Der Sohn des Küsters Johannes Hermann Schwieren, der in Köln studierte, soll die Madonna auch untersucht und dabei den natürlichen Ursprung des Lichtes festgestellt haben. Nach dem Bericht des Kirchenratspräsidenten Kauhlen und des Schullehrers von Stürzelberg soll sich der Küster daraufhin geäußert haben, "daß er das Licht in der Crone wohl hervorzubringen verstünde." Doch es seien noch mehrere andere Ortsansässige, die "nicht anders als aus intereßen, wohl aber eines anderen überzeugt", den Wunderglauben tatkräftig unterstützten.

Am 23. August erscheint in der in Hamm und Münster verlegten Zeitung "Rheinisch Westfälischer Anzeiger" erstmals ein Artikel über die Zonser Wundermadonna, verfasst von einem Anonymus.[10] Darin ist zu lesen, es spreche bereits die gesamte Rheingegend von den Wundern, wodurch die Zahl der Wallfahrer nach Kevelaer erheblich abgenommen habe. In dem Text wird in diesem Zusammenhang erstmals auf das Problem eines notwendigen Neubaus der Kirche hingewiesen: "Zons muss eine neue Kirche haben, wozu die Wallfahrer beitragen sollen, weil der Ort selbst zu arm ist, um die nöthigen Mittel dazu herbeischaffen zu können". Der Anonymus deutet die Wunderbeobachtungen mit speziellen Fähigkeiten, die nur jeder fünften Person gegeben seien: Die eiserne Metallkrone bewirke "bei Exaltation und erhöheter tellurischer Thätigkeit des sensitiven Systems auf einzelne Gehirn- und Gangliennerven allerhand Gesichtsbilder in plastischen Gestalten".[11] Die Diskussion unerklärlicher Phänomene im Zusammenhang mit "animalischem Magnetismus", einem aus heutiger Sicht eher esoterisch als wissenschaftlich anmutenden Modell, war im ausgehenden 18. bis zum beginnenden 19. Jahrhundert sehr verbreitet.

Unterdessen nahm die Prozessionsbewegung nach Zons weiter zu, wie der Dormagener Chronist Johann Peter Delhoven am 26. August schreibt: Die Madonna erhalte von den Besuchern so viele Votivgaben aus Gold und Silber, dass der Küster Schwieren nachts zur Bewachung seinen großen Sohn in der Kirche schlafen lasse.[12]

Die Kritiker der Bewegung mussten in dieser Zeit Beschimpfungen und Verunglimpfungen über sich ergehen lassen, wie der Zonser Arzt Johann Lingens, selbst ein solches Opfer, am 28. August an den Landrat schreibt. Mittlerweile sei eine deutliche "Gährung der Gemüther gegen einige Geistlichen, welche den Willen eines Hochwürdigen Bischöflichen Vicariat gemäß die Leichtgläubigen eines Bessern belehren wollen", entstanden, "so daß man diese Geistlichen mit den allerniedrigsten Schimpfwörtern belegen hört". Dieser Zorn richte sich auch gegen ihn selbst und alle anderen Kritiker. Hierdurch sei es bereits so weit gekommen, dass sich in Zons und Umgebung niemand mehr traue, das Wunder öffentlich anzuzweifeln. Deshalb möge der Generalvikar eine Untersuchung der Figur veranlassen, oder, falls dies nicht für nötig erachtet werde, die Figur zurück ins Pfarrhaus bringen lassen, denn "ehe und bevor Eins von Beyden nicht geschieht, hört der Zulauf, mithin auch der Unfug nicht auf." Viele Geistliche aus Nachbargemeinden würden sich bereits an das Generalvikariat gewandt haben, wenn sie nicht befürchteten, dem Kantonspfarrer Kessel in Dormagen vorzugreifen. Letzterer scheine sich "als intimer Freund unseres Herrn Pfarrers" ungern einmischen zu wollen. Der Pfarrer verstoße fortlaufend gegen die Verordnung des Generalvikars. Und der Küster Schwieren erdreiste sich sogar, Leuten, die kein Wunder sehen, ihre Unwürdigkeit vorzuwerfen und sie zum Gebet zu ermahnen, um es sehen zu können. Einmal habe er sogar während der Frühmesse Einheimische aus der Kirche gewiesen, weil auswärtige Prozessionsgruppen in die Kirche wollten. Gegenüber dem kritischen Vikar Angersbach habe sich Schwieren geäußert, dass "der Zulauf und daß Miracle zu ewigen Tagen so bleiben würde". Mittlerweile sei Vikar Angersbach, wie dieser ihm berichtet habe, so verzweifelt, dass er, sollte der "Scandal" anhalten und der Generalvikar keine Untersuchung veranlassen, "lieber Todt als länger lebendig in Zons [..] seyn" wolle. In den letzten zwei Monaten habe die Ortsgeistlichkeit auch ihre gewöhnlichen Pflichten vernachlässigt, indem an den Sonntagen kein christlicher Unterricht für die Kinder erteilt worden sei.

Am 29. August wandte sich der Landrat nochmals an die Regierung in Düsseldorf. Er leitete den Bericht des Arztes Lingens weiter und berichtete über weitere Begebenheiten: Ein Wallfahrtszug aus Siegburg in Begleitung eines Geistlichen habe auf dem Rückweg von Kevelaer die Zonser Pfarrkirche besucht und dort eine Messe gefeiert. Dort machten einige Teilnehmer wundersame Beobachtungen an der Madonna. Der Geistliche habe dies dem Kantonspfarrer in Dormagen berichtet und darauf hingewiesen, dass es sich um glaubhafte Leute handle. Der Landrat befürchtete nun, dass durch diese Wallfahrer noch mehr Wallfahrer aus entfernten Gegenden animiert werden. Ihm selbst seien bei einem Besuch in Dormagen mehrere Pilger auf dem Weg von Zons begegnet, die er nach dem Wunder befragt habe. Größtenteils hätten diese bejaht, das Wunder gesehen zu haben, und zwar "der eine mehr, der andere weniger". Und in der Vorwoche sei es in der Kirche zu einem sehr bemerkenswerten Vorfall gekommen: Eine Nichte des verstorbenen Vikars Ankenbrand, der die Madonna seinerzeit der Kirche geschenkt hatte, gab an, während ihres Gebets in der Pfarrkirche nicht nur die Flamme aus der Krone der Madonna hervorleuchten gesehen zu haben, sondern auch aus dem Herzen derselben einen Lichtstrahl. Ferner habe sie ihren verstorbenen Onkel um den Altar herum gehen gesehen, "worüber sie sich so übertrieben geberdet, daß sie in einer anscheinenden Ohnmacht herausgetragen" worden sei. – Der Pfarrer sei vom Landrat bereits am 18. August schriftlich aufgefordert worden, die Genehmigung des Generalvikars vorzulegen, wonach die Pfarrkirche nun doch wieder außerhalb der gewöhnlichen Gottesdienstzeiten geöffnet werden dürfe. Da die Antwort ausblieb, habe er am Vortag den Kreisboten nach Zons geschickt. Nach der Beratung mit dem eilig zusammengerufenen Kirchenvorstand habe der Pfarrer dem Boten die schriftliche Antwort mitgegeben, dass keine besonderen Gottesdienste in der Kirche gehalten würden und die Kirche nur für Personen "von Distin[k]tion" geöffnet werde, die Eintritt begehrten. Dem stünden jedoch die Beobachtungen des Kreisboten entgegen, die jener zu Protokoll gegeben hatte: Pfarrer Löhr habe genau in dem Moment um etwa 14:30 Uhr die Pfarrkirche verlassen, als er ihn im Pfarrhaus sprechen wollte. In der Zeit, als der Pfarrer sich mit dem Kirchenvorstand beriet, sei der Kreisbote in die Kirche gegangen, wo er etwa 20-30 Personen aus Düsseldorf und Personengruppen aus Wesseling und Königswinter singend und betend angetroffen habe. Wie dann die Befragung eines Anwesenden ergab, habe der Pfarrer den Gläubigen kurz vor dem Verlassen der Kirche den Segen mit dem Allerheiligsten gegeben. Der Landrat bat die Regierung daher, auf ein Ende der Wallfahrtsbewegung hinzuwirken bzw. beim Generalvikar eine Versetzung des Vikars Brings und eine Suspendierung des Pfarrers zu erwirken.

Die Regierung setzte am selben Tag (29. August) ein Schreiben an den Generalvikar auf, in dem sie ihn auf die Erfolglosigkeit seiner Verordnung vom 27. Juli hinwies. Vergeblich sei der Pfarrer gebeten worden, die Madonna zu entfernen, bis der Generalvikar über die Sache entschieden habe. Löhr habe entgegnet, dass ihm keine entsprechende Verordnung des Generalvikars bekannt sei. Pfarrer und Vikar Brings behaupteten fest, das Wunder selbst gesehen zu haben. Vikar Brings habe sich sogar von über 100 Personen die Beobachtungen schriftlich bezeugen lassen. Der Generalvikar wird daher gebeten, die Madonna durch den Kantonspfarrer in Dormagen wegsperren zu lassen und der Regierung über die Maßnahmen zu berichten.

Auch Bürgermeister Baaden bat den Generalvikar wenige Tage später, am 4. September, nochmals schriftlich, auf die Abstellung der Bewegung hinzuwirken. Gleichentags setzte auch die Regierung, die mittlerweile den Bericht des Landrats vom 29. August erhalten hatte, nochmals ein Schreiben an den Generalvikar auf: Ergänzend bat sie um Zurechtweisung von Pfarrer und Vikar, die sich nicht an seine Verordnung hielten. Sie sehe einer "baldigen" (Wort unterstrichen) gefälligen Benachrichtigung entgegen.

Der Anonymus aus der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" vom 23. August (s.o.) ließ in der Ausgabe vom 10. September nochmals eine Stellungnahme zur Zonser Madonna einrücken.[13] Er sei von seinem ursprünglichen Erklärungsansatz (animalischer Magnetismus) abgerückt, hin zu einer viel gewöhnlicheren Erklärung: Die Lichterscheinungen seien bloße Reflektionen des Kerzenlichts in der Krone und den Devotionalien der Madonna. Trotzdem und obwohl die benachbarten Geistlichen von den Kanzeln ernstlich dazu ermahnten, sich nicht täuschen zu lassen, nehme das Wallfahren weiter zu. Und noch deutlicher als zuvor werden finanzielle Interessen betont: "Einige wollen behaupten, daß Zons durch die verlornen Land- und Wasserstraßen, Zölle und Besatzungen etc. so arm geworden sey, daß, wenn man es wie eine Tasche umdrehen könne, keine 5 Reichsthaler daraus fallen würden; jetzt gewinne es durch die Mirakel in einem Tage mehr, als sonst in einem ganzen Jahre."

Am 14. September nahm der Landrat den "wunderkritischen" Zonser Vikar Jakob Angersbach zu Protokoll. Hintergrund war eine Beinahe-Brandkatastrophe am Haus des Vikars während eines abendlichen Umzuges mehrerer tausend Menschen am 8. September. Der Landrat sah hierdurch in erheblichem Maße seine bisherige kritische Einschätzung, was die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die Wunderbewegung anbetrifft, bestätigt. Doch bevor der Vikar auf die Vorgänge am 8. September zu sprechen kam, beschrieb er seine kritische Haltung zur "Wunderbewegung" und die hierdurch verursachten Probleme:

Er habe es von Anfang an verabscheut und gehasst, alles, was um das angebliche Wunder herum geschah, zu unterstützen. Konsequenterweise habe er bei den außergewöhnlichen Gottesdiensten und dem Beichtehören für die vielen Fremden nicht geholfen. Deshalb sei er am 5. September vom Kirchenrat vorgeladen worden. Der Kirchenratspräsident Lambert Kauhlen eröffnete ihm eingangs, dass er sich wegen der Weigerung des Beichtehörens für die auswärtigen Besucher verantworten müsse. Ratsmitglied Mathias Schmitz habe daraufhin erklärt, vom Generalvikariat sei eine Verfügung erlassen worden, wonach mit den Andachten und Gottesdiensten wie bisher fortzufahren sei. Dementsprechend müsse der Vikar dem Pfarrer und dem zweiten Vikar Brings assistieren. Schließlich ergriff der Pfarrer selbst das Wort und ermahnte Angersbach ernstlich, zu assistieren; andernfalls werde er abgesetzt. Hierauf erklärte der Vikar, er werde dieser Aufforderung nur nachkommen, wenn man ihm die entsprechenden Verordnungen des Generalvikars vorlege. Andernfalls werde er sich streng an die Verordnung vom 27. Juli halten, alles zu unterlassen, wodurch der Wunderglaube bestärkt werde. Hierauf sei der Pfarrer in große Rage geraten, und er habe ihm befohlen, ihm als vorgesetzten Geistlichen zu gehorchen. Gelegentlich der Einweihung der Kirche in Benrath vor wenigen Tagen[14] habe der Pfarrer von Weihbischof, Dechant und mehreren anderen sehr achtbaren Geistlichen viel Lob und Anerkennung für sein Verhalten im Zusammenhang mit der Madonna erhalten. Durch diese Aussage habe sich Angersbach anfänglich überzeugen lassen und auch zugesagt, beim Beichtehören für die Auswärtigen zu assistieren. Wieder daheim, sei ihm aber klar geworden, wie leicht er sich hat überzeugen lassen, so dass er anderntags dem Küster den Auftrag gegeben habe, Pfarrer und Kirchenvorstand zu informieren, dass er dem Generalvikariat in der Angelegenheit schreiben und bis zu dessen Antwort nicht assistieren werde. Leider sei diese Antwort bislang ausgeblieben.

Bis zum Sonntag, dem 8. September (Mariae Geburt) sei der Vikar in der Wunderangelegenheit nicht weiter behelligt worden. An diesem Tag sei es "über alle Beschreibung zahlreich an Menschen" gewesen, so dass alle drei Beichtstühle fast bis zur Hochmesse beschäftigt gewesen seien. Auch Angersbach habe für die Zonser Einwohner in seinem Beichtstuhl gesessen. Abends seien "ohne daß ich davon etwas gewahr wurde, alle Häuser illuminirt, und auf der Straße vor den Wirthshäusern Blumen-Girlanden, Kränze und Krohnen ausgehangen" worden. Er habe dies nicht weiter beachtet und sich zu Bett gelegt. Wie er anderntags erfuhr, sei zwischen 20 und 21 Uhr eine Prozession der Einwohner und einiger noch anwesender Auswärtiger betend und singend durch den Ort gezogen: "vor meinem Hause[15] hat man besonders laut gebethet und gesungen und den Mangel der Illumination an demselben durch mehrere Lichter, die an den Fenstern und an den Thüren angeklebt sind, zu ersetzen gesucht." Durch zwei an der Tür befestigte Kerzen sei so ein Brandschaden entstanden. Der Landrat selbst habe diese Brandstellen bestätigt. Ein Nagelkopf habe an einer der beiden Stellen eine mögliche Katastrophe verhindert. Wachsreste auf dem Boden legten für den Landrat ein untrügliches Zeugnis ab. Neben dem Haus des Vikars sei übrigens auch das Haus des "wunderkritischen" Arztes Lingens mit Kerzen "geschmückt" worden.

Erneut berichtet ein Anonymus (Pseudonym "Fritz von der Neers") in der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" vom 20. September kritisch über die Ereignisse in Zons[16]: Eingangs zitiert er Horaz mit dem Spruch: "Die Berge liegen in den Wehen – es wird eine lächerliche Maus geboren werden."[17] Auch er führt die Beobachtungen auf bloße Lichtreflektionen in der Krone der Madonna zurück. Und scharf wird das Verhalten der Geistlichen gerügt, die den Wunderglauben wider besseres Wissen unterstützten, wobei ein finanzielles Interesse angenommen wird. Es gebe bereits viele Wunderberichte im Zusammenhang mit der Madonna. Allerdings, so schreibt er ironisch, seien ihm nur zwei wirkliche Wunder zu Ohren gekommen: Eine Dame aus Düsseldorf habe in der Kirche ihr Täschchen mit silbernem Knauf verloren, ein angesehener Mann aus Düsseldorf seine goldene Dose, und beide könnten es sich bis heute nicht erklären, wie das zugegangen sei. Die hohen geistlichen Behörden sollten diesem "Unfug" alsbald ein Ende setzen.

Einsetzung einer Untersuchungskommission durch den Generalvikar Fonck

Detail Kopf mit Krone der "Wundermadonna" in der Kapelle "Maria von den Engeln".
Jesuskind der "Wundermadonna".

Und die "hohe geistliche Behörde" in Aachen blieb nicht untätig: Am 22. September informierte der Generalvikar die beiden Kölner Pfarrer Michael Joseph Aldenkirchen (St. Gereon) und Nicolaus Stockart (St. Peter) per Brief über die Vorgänge in Zons und beauftragte sie mit der Untersuchung vor Ort: Einerseits sollten Beteiligte befragt, andererseits die Madonna genauer untersucht werden. Einen Tag darauf setzte er die Regierung Düsseldorf per Schreiben hierüber in Kenntnis, verbunden mit dem Wunsch, auch die Regierung möge eine eigene Kommission dorthin senden.[18]

Noch ohne eine Antwort des Generalvikars, wandte sich die Regierung am 24. September hilfesuchend an den vorgesetzten Oberpräsidenten in Koblenz, Karl Heinrich Ludwig Freiherr von Ingersleben. Sie sandte ihm die Akte zu den Vorgängen und kritisierte die Zurückhaltung des Generalvikars, der auf mehrere Schreiben nicht reagiert hatte, scharf: "Ein solches Benehmen in einer wichtigen Sache wissen wir uns nicht zu erklären; in jedem Falle erkennen wir darin einen Mangel der uns gebührenden Achtung." Von daher bat sie den Oberpräsidenten, "den General-Vicar nicht nur hochgeneigt vermögen zu wollen, daß er unser Schreiben gehörig beantworte, sondern auch, daß er unserm billigen Gesuche willfahren und uns nicht so lange ohne Antwort lasse."[19]

Wie nicht anders zu erwarten, fiel die Reaktion der Regierung auf die Ankündigung einer Untersuchungskommission durch den Generalvikar – vorsichtig formuliert – verhalten begeistert aus: Sie schreibt am 30. September, sie sehe es mit großem Befremden, dass der Generalvikar erst jetzt eine Untersuchung veranlasse.[20] Mit Bedauern müsse sie zugeben, zwischenzeitlich in Erwartung zweckdienlicher Maßnahmen des Generalvikars nicht eingeschritten zu sein. Und sie halte die Untersuchung für überflüssig, da es offensichtlich keine "physische Ursache" für den Glauben an ein Wunder gebe: Der Vikar Brings und der Pfarrer haben dem Regierungs- und Konsistorialrat Johannes Vincenz Joseph Bracht bei seinem Besuch in Zons erklärt, dass das Wunder in verschiedener Gestalt gesehen worden sei, "indem einige ein feuriges Kreuz ober dem Haupte des Marienbildes, andere nur ein Licht, der Brudermeister der Mülheimer Prozession einen feurigen Schein mit den Worten 'Ave Maria' gesehen, er, Pfarrer, einen Lichtstrahl aus dem Haupte des Jesu-Kindchens in die Krone der Maria übergehen, und er, Vikar, eine helle Wolke mit einem Lichte bey ausgelöschten Lichtern ober dem Haupte des Marienbildes wahrgenommen habe." Diese angeblichen Erscheinungen ließen sich nicht auf eine optische Täuschung zurückführen, "wenn man keinen absichtlichen Betrug vermuten will". Insofern der Generalvikar das Untersuchungsergebnis dennoch abwarten wolle, solle die Untersuchung so bald wie möglich stattfinden. Auch wird empfohlen, dass sich die Kommission zuvor mit dem Landrat in Verbindung setzt.

Am selben Tag informierte die Regierung den Oberpräsidenten über die jüngste Korrespondenz mit dem Generalvikar und bat um die Genehmigung, gegebenenfalls mit Zwangsmaßnahmen gegen Pfarrer und Vikar vorzugehen, falls sie weiterhin die Kirche zu ungewöhnlichen Zeiten öffneten und der Generalvikar die Angelegenheit weiter hinauszögere.[21] Die Regierung sah nun auch den Zeitpunkt gekommen, das Geheime Zivilkabinett in Berlin über die Vorgänge ins Bild zu setzen.[22]

Und erneut berichtet in diesen Tagen der Anonymus "Fritz von der Neers" im "Rheinisch-Westfälischen Anzeiger" über seine neuesten Erkenntnisse zum Zonser Wunder[23]: Abends gingen die Menschen in Zons zum Schlosstor an der dortigen Madonna beten, um für diejenigen Personen um Erleuchtung zu bitten, die an dem Wunder zweifelten. Auch die Beinahe-Brandkatastrophe durch die unfreiwillige abendliche Beleuchtung der Häuser der beiden angeblich einzigen "Ungläubigen" im Ort (Vikar Angersbach und Arzt Lingens) wird thematisiert. Vikar Angersbach habe man gar zu bestechen versucht, denn dieser fand während einer heiligen Messe im Messehandtuch einen Berliner Taler: "Da er indessen für den Metallreiz nicht empfänglich, so legte er ihn auf den Altar nieder, von wo er wahrscheinlich wieder in die Hände des Wunderthäters zurückgewandert ist." Der Vikar Brings schicke derweil Berichte über die Echtheit des Wunders an "entfernte Sinnesverwandte" und solle sich öfters als gewöhnlich "in einem ohne fremdartige geistige Kräfte, nicht zu erklärenden, Zustande befinden"; er war also, wie man es auch ausdrücken kann, häufiger als gewöhnlich betrunken.[24]

Oberpräsident von Ingersleben hatte offensichtlich noch nicht das Schreiben der Regierung vom 30. September (über die Untersuchungskommission) gelesen, als er am 5. Oktober den Generalvikar wegen seine Zurückhaltung kritisierte und bat, "schleunigst und ernstlich" einzugreifen, den Bitten der Regierung nachzukommen und ihn über die getroffenen Maßnahmen zu informieren.[25]

Fast zeitgleich bekam der "wunderkritische" Vikar Angersbach wieder die Auswirkungen seiner Haltung zu spüren: Der Kirchenrat, der am 6. Oktober tagte, stellte fest, dass Angersbach bereits eine geraume Zeit seinen Pflichten, "namentlich Catechismen, Beichtsitzen, Krancken besehen, Predigen und mehrerer andern geistlichen Übungen zu assistieren", nicht nachgekommen sei und sich sogar dagegen ausgesprochen habe. Daher werde ihm sein Gehalt von Anfang Oktober an so lange suspendiert, bis er den Aufgaben wieder nachkomme. Hierauf wandte sich der Vikar hilfesuchend per Brief an den Generalvikar: Er habe bisher die Pflichten sehr wohl erfüllt, nur im Zusammenhang mit der Wundergeschichte gemäß der Verordnung des Generalvikars, den Wunderglauben nicht zu unterstützen, das Beichtehören für Auswärtige verweigert. Und wegen Gicht- und Schwindelbeschwerden habe er die Christlehre nach sechs Jahren einstellen müssen. Er bezweifle, dass der Kirchenrat zur Aussetzung der Gehaltszahlungen überhaupt berechtigt ist.

Einen Tag darauf, am 7. Oktober, in Zons war gerade Kirmes, war es dann endlich so weit: Die Untersuchungskommission des Generalvikars traf in Zons ein. Auf dem Weg über Dormagen hatten die beiden Herren Aldenkirchen und Stockart noch kurz mit dem Kantonspfarrer sprechen können. Gegen 11 Uhr, nach Beendigung der heiligen Messe, konnten sie mit der Untersuchung in der Kirche beginnen. Hierbei waren neben Pfarrer Löhr auch Küster Schwieren, Bürgermeister Baaden und die Kirchenratsmitglieder anwesend. Der Hauptakteur jedoch, Vikar Brings, war für die Kommission nicht greifbar: Er war der Befragung offenbar noch rechtzeitig durch die Flucht aus dem Ort ausgewichen. Entsprechend negativ registrierten die Herren Aldenkirchen/Stockart diesen Umstand auch in ihrem Protokoll, das in lateinischer Sprache abgefasst ist: Das Dokument beschreibt zunächst den früheren und aktuellen Standort der Figur (Neben- und Hauptaltar) und bemerkt hierzu, dass am ursprünglichen Standort keine besonderen Lichterscheinungen beobachtet worden seien. Die Beschreibung der Madonna konzentriert sich insbesondere auf die teils mit goldenen Sternen verzierten silbernen Kronen. Von verschiedenen Standorten aus konnten sie feststellen, dass diese Sterne das Kerzen- und Sonnenlicht besonders auffällig reflektierten. Außer diesen Reflektionen konnten sie aber keine Besonderheiten beobachten. Entsprechend zügig wird die Untersuchung der Figur abgeschlossen worden sein. Bedeutsam ist jedenfalls ihr Fazit, was die Madonna anbetrifft: Sie empfehlen dem Generalvikar, er möge ihre Entfernung aus der Pfarrkirche und sogar aus dem Ort anordnen, um die Bewegung zu beenden.

Die anschließenden Ausführungen des Protokolls gehen auf eine Befragung der Beteiligten zurück: Es wird hervorgehoben, wie rasch der Wunderglaube sich vor allem dank des Engagements von Vikar Brings verbreitet hatte, welchen Drangsalen "wunderkritische" Menschen ausgesetzt waren usw. Schließlich befragte die Kommission Pfarrer Löhr, ob er sich an die Verordnung des Generalvikars vom 27. Juli gehalten habe, die Kirche außerhalb der gewöhnlichen Gottesdienstzeiten verschlossen zu halten. Er antwortete hierauf mit dem Brustton der Überzeugung, dies immer strikt eingehalten zu haben, mit der Einschränkung, dass er die Tür nur auf das dringende Ersuchen besonders angesehener Persönlichkeiten, beispielsweise der Gräfin von Hatzfeld, geöffnet habe. Auch habe er gelegentlich ausnahmsweise die Kirche nachmittags geöffnet, wenn eine Gruppe bereits in den Morgenstunden ihre Andacht dort gehalten hatte, damit diese hinter verschlossenen Türen ihr Gebet verrichten konnte.

Im Gegensatz zum Vikar Brings hinterließ Pfarrer Löhr bei der Untersuchungskommission einen eher positiven Eindruck: Im Anschreiben an den Generalvikar betont sie, er sei im Allgemeinen ein guter und rechtschaffener Mann, der in seinem Greisenalter fast schon von kindlicher Sanftheit sei. Entsprechend positiv fiel auch ihr Urteil über den "wunderkritischen" Vikar Angersbach aus.

Zwar hatte sich der Landrat beeilt, noch rechtzeitig zur Untersuchung in der Zonser Kirche dabei zu sein (erst am Vortag hatte er von der bevorstehenden Untersuchung erfahren). Doch noch nicht ganz im Ort angekommen, traf er auf die Kommission, die ihre Untersuchung bereits abgeschlossen hatte und mit dem Bürgermeister auf dessen Einladung hin auf dem Weg zum Mittagessen auf dessen Gutshof ("Heckhof" bei Stürzelberg) war. Der Landrat schloss sich an und erfuhr so beim Mittagessen von den durchgeführten Untersuchungen und Befragungen. In seinem Bericht an die Regierung vom folgenden Tag, dem 8. Oktober,[26] bedauerte er es nun sehr, bei der Untersuchung nicht dabei gewesen zu sein, denn die Kommission habe z.B. den wichtigsten Zeugen, den Vikar Angersbach, gar nicht verhört. Empört reagierte der Landrat auch auf die Berichte, dass der Vikar Brings sich einer Vernehmung "durch schleunige Entfernung entzogen" habe und insbesondere, mit welchen Ausreden Pfarrer Löhr auf den Vorwurf des Verstoßes gegen die Verordnung des Generalvikars, die Kirche außerhalb der gewöhnlichen Gottesdienstzeiten verschlossen zu halten, reagiert hatte: "Es gehört in der That zu den unbegreiflichen Dingen, wie ein Pfarrer es wagen kann, dergleichen Unwahrheiten, gegen die allgemeine Überzeugung der ganzen Gegend, ich möchte sagen, der ganzen Provinz, den Kommissarien zu erklären, die ihren Unwillen darüber auch nicht unterdrücken konnten." Das Mittagessen beim Bürgermeister wird also von angeregten Gesprächen geprägt gewesen sein, und offenbar – es war ja Kirmes – gab sich Bürgermeister Baaden große Mühe, die Herren Kommissionsmitglieder besonders zuvorkommend zu bewirten: Zwar hielten sie in ihrem Bericht an den Generalvikar vom folgenden Tag fest, sie seien bereits um ca. 13 Uhr wieder aufgebrochen. Doch vielleicht entsprach da ihre Erinnerung nicht den Tatsachen: Der Dormagener Chronist Johann Peter Delhoven hielt nämlich fest, sie seien erst am Abend wiedergekommen (sie mussten ja wieder durch Dormagen in Richtung Köln), und zwar "in einem Zustand, wo man deutlich abnehmen konnte, daß sie keinen Durst gelitten hatten."[27] Welche Version die Richtigere ist, wird sich heute wohl nicht mehr mit Sicherheit sagen lassen. Für die wundergläubige Bevölkerung aus Zons dürfte der Abgang der Herren sicherlich so oder so etwas wenig Vertrauenstiftendes gehabt haben. Und zweifelsohne wird Einiges aus diesem Mittagsgespräch in das Protokoll eingeflossen sein.

Der Landrat zog dann aber doch in seinem Bericht an die Regierung ein halbwegs zufriedenes Fazit: "Die Herren Commissarien werden ihrer Äusserung zufolge, bey dem General-Vicariat dahin antragen, daß das Mutter-Gottesbild nicht allein aus der Kirche, sondern auch aus dem Orte weggeschafft werde, so wie sie dann auch auf die Entfernung des Vicar Brings antragen wollen." Dies seien notwendige Maßnahmen, die jedoch aus seiner Sicht nicht ausreichten, so lange der Pfarrer im Ort verbleibe, "denn dieser hat den Glauben an das Wunder, trotz der Erklärungen der Commissarien, noch nicht aufgegeben, vielmehr ihnen betheuert, daß er von der Ächtheit desselben vollkommen überzeugt sey." Dementsprechend bittet er die Regierung, dem Generalvikar auch die "Entfernung" des Pfarrers Löhr nahezulegen.

Besorgt zeigt sich der Landrat bezüglich der Herren Vikar Angersbach, Bürgermeister Baaden und Arzt Lingens, die sich als Einzige öffentlich zu ihrer kritischen Überzeugung bekannt hatten: Der in der Bevölkerung bereits spürbare Hass gegen diese Herren werde durch die Entfernung der Figur und die Versetzung des Vikars Brings wohl zunehmen, da man sie als die Verursacher dieser Maßnahmen ansehen werde.

Am selben Tag (8. Oktober) schreibt der Landrat auch an die beiden Herren von der Untersuchungskommission – offenbar in der Absicht, auf deren Bericht an den Generalvikar noch in letzter Minute Einfluss nehmen zu können: Da die beiden Herren ihm am Vortag berichtet hatten, dass Pfarrer Löhr trotz ihrer Erklärungen weiterhin fest von dem Wunder überzeugt sei, könne die Suspendierung des Vikars Brings und die Entfernung der Madonna nicht ausreichend sein; vielmehr müsse angesichts des großen Hasses, den die Kritiker (Baaden, Angersbach und Lingens) auf sich gezogen haben, auch ein Wechsel in der Person des Pfarrers erfolgen: "Nur durch ein sehr consequentes, vernünftiges Betragen des Pfarrers, der den Willen und die Kraft besitzt, den Irrthum des Volkes zu berichtigen, kann [...] Eintracht und Ruhe wieder hergestellt und erhalten werden, und es dürfte selbst unter einem solchen Manne noch eine geraume Zeit vergehen, um die gereitzte Leidenschaft und das Interesse, dem die Religion zur Maske diente, zu beschwichtigen." Eine eventuelle Rücksichtnahme auf das hohe Alter des Pfarrers, der auch von ihm als "ein in jeder andern Beziehung tadelloser Mann geachtet" sei, müsse hinter dem öffentlichen Interesse und der Würde der Religion zurücktreten. Auch sei diese Maßnahme mit keiner allzu großen Härte verbunden, da Löhr hinsichtlich Vermögen und Pension "hinlänglich wird bestehen können und eine anständige Subsistenz ihm dadurch gesichert ist". Dem Wunsch einer solchen Empfehlung ist die Kommission in ihrem Bericht zwar nicht mehr nachgekommen – sie hatte ihren Bericht bereits abgefasst – doch sie leitete das Schreiben zumindest an den Generalvikar weiter, womit die Angelegenheit für die Kommission erledigt war.

Ebenfalls am 8. Oktober antwortete der Oberpräsident der Regierung in Düsseldorf in einem Schreiben, dass er keine polizeilichen Maßnahmen befürworte, da sie in der gegenwärtigen Situation "gehässig erscheinen" würden. Er sei hingegen sehr für die vom Generalvikar vorgeschlagene gemischte Kommission und wünsche, die Namen der Kommissionsmitglieder und die Untersuchungsergebnisse zu erfahren.[28] Nicht nur an dieser Stelle zeigt sich, dass die Korrespondenz mit dem Oberpräsidenten der Entwicklung hinterherhinkte und er so wenig zur Lösung beitragen konnte.

Die Folgen der Untersuchung

Das Pfarrhaus.

Der Generalvikar erhielt den Bericht der Untersuchungskommission am 10. Oktober. Daraufhin erließ er am 13. Oktober eine Verordnung, wonach die Madonna aus der Kirche zu entfernen und in einem Schrank oder einer Kiste im Pfarrhaus verschlossen aufzubewahren sei. Ausschließlich der Pfarrer dürfe die Schlüsselgewalt und damit Zugang zur Figur haben.[29] Der Generalvikar schloss sich also nicht der weitreichenderen Empfehlung an, die Figur aus dem Ort bringen zu lassen. Und einen Tag darauf veranlasste er die Versetzung des Vikars Brings nach Langerwehe, 25 km von Aachen entfernt, "um ihn näher bewachen zu können" (die Entfernung Aachen-Zons beträgt 90 km).[30] Der Küster Schwieren schreibt, dass der Vikar zum 1. November nach Langerwehe gewechselt sei. Wenige Tage später kam sein Nachfolger, Vikar Schieffers, aus Burtscheid nach Zons.[31]

Interessantes wusste der Anonymus "Brutus vom Rhein" im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger vom 15. Oktober zu berichten: Der Pfarrer von Nievenheim, wenige Kilometer von Zons entfernt, habe, "sich gewaltig ereifernd, von seinem Katheder mit donnernder Stimme gegen dieses Flämmchen angekämpft, und seine Pfarrkinder vor dieser schädlichen Irrung kräftigst gewarnt".[32] Doch die "bösen Bauern" deuteten dies als Missgunst, da die dortige Kirche selbst einen "wunderwirkenden Heiligen" besitze (gemeint ist Salvator Mundi), der früher einen stärkeren Zulauf gehabt habe.

Einen Tag darauf, am 16. Oktober, antwortete die Regierung Düsseldorf auf das Schreiben des Oberpräsidenten vom 8. Oktober hinsichtlich der Untersuchungskomission. Demnach sei es keinesfalls die Absicht des Generalvikars gewesen, eine gemischte Kommission, sondern vielmehr zwei unabhängige Kommissionen einzusetzen, da weder die Namen der Kommissionsmitglieder, noch die konkrete Zeit, wann diese eintreffen würden, bekannt gegeben worden seien.[33]

Erfolgreich war Vikar Angersbach hinsichtlich seiner Eingabe beim Generalvikar wegen des Kirchenratsbeschlusses zur Aussetzung seines Gehalts: In einem Schreiben vom 21. Oktober an das Gremium fand der Generalvikar deutliche Worte: Kein Kirchenrat habe das Recht, Kapläne zu ernennen oder abzuberufen, ebensowenig das Gehalt eigenmächtig auszusetzen. Dies stehe ausschließlich der bischöflichen Behörde zu. Daher werde der Beschluss aufgehoben und befohlen, dem Kaplan, "dessen Betragen wir bei der vorgeblichen Wunder-Geschichte loben", das übliche Gehalt weiterhin auszuzahlen.

Am selben Tag erhielt der Generalvikar ein Schreiben von Pfarrer Löhr über die Befolgung seiner Verordnung (Verschluss der Madonna im Pfarrhaus). Leider ist dieses Schreiben nicht erhalten geblieben, doch aus der Antwort des Generalvikars vom selben Tag können wir eine interessante Schlussfolgerung ziehen: Demnach hatte sich der Pfarrer offenbar bemüht, den Generalvikar durch "Wunderbeweise" noch umzustimmen. Die Antwort jedoch fiel eindeutig aus: "[…] was Sie Überzeugung nennen, ist in unseren Augen nichts als eine vorgefaßte Meinung – was uns auffallend ist, ist, daß unter den vielen vorgeblichen Sehern sich kein einziger Geistlicher findet; doch darum leugnen wir die Möglichkeit eines Wunders nicht, aber wohl das Gewicht der bis hiehin von Ihnen geführten Beweise". Er kritisiert Löhr, unvorsichtig gehandelt und die Angelegenheit ohne sein Wissen so weit kommen gelassen zu haben. Daher sehe er sich veranlasst, seine Verordnung vom 13. nochmals mit einem "Mandatum inhaesivum" zu wiederholen, dass diese "buchstäblich erfüllt werde".

Nachdem er also diese Dinge erledigt hatte, sah der Generalvikar den Zeitpunkt gekommen, der Regierung in Düsseldorf und dem Oberpräsidenten in Koblenz auf ihre Vorwürfe zu antworten.[34] Er weist in seinen beiden Schreiben vom 22. Oktober die Kritik weit von sich: Nachdem er vernommen habe, dass seine Verordnung vom 27. Juli nicht befolgt worden sei, habe er dem Pfarrer am 6. August neue Anweisungen gegeben, die Löhr aber nach Auskunft des Kantonspfarrers aufgrund der Beeinflussung von Vikar Brings heimlich zu umgehen gesucht habe. Auf die erneute Anzeige der Regierung vom 14. September habe der Generalvikar am 22. September eine Untersuchungskommission ernannt. Dies habe er am folgenden Tag der Regierung mitgeteilt und gebeten, auch eine Kommission zu schicken, was jedoch auf keine Gegenliebe gestoßen sei. Wegen vieler anderer Geschäfte habe diese Kommission erst am 7. Oktober ihre Untersuchung machen können, deren Ergebnis er am 10. erhielt. Am 13. Oktober habe er daraufhin Pfarrer Löhr angewiesen, die Madonna aus der Pfarrkirche zu entfernen und verschlossen aufzubewahren. Und am Tag darauf versetzte er den Vikar Brings nach Langerwehe. Schließlich betont er, er werde trotz der Kritik der Regierung in solchen Fällen jederzeit wieder so verfahren, "denn ich weiß aus der Erfahrung, daß jede religiöse Meinung, wenn sie schon irrig ist, mit Bescheidenheit, und weder übereilt, noch mit Gewalt, und ja nicht ohne gehörige Untersuchung von Seite der geistlichen Behörde unterdrückt werden muß."

Der Oberpräsidenten antwortete ihm am 27. Oktober, dass sein Vorgehen in der Sache zwar korrekt gewesen sei, angesichts der Dringlichkeit jedoch zu zurückhaltend, da "jede Verzögerung das Volk in seinem Irrglauben bestärken, mithin, die Unordnung vermehren müßte." Gegenüber der Regierung zeigte er sich nun aber sehr optimistisch, dass durch die getroffenen Maßnahmen die Unordnungen aufhören werden.[35]

Der Landrat beeilte sich, das Ergebnis der Untersuchungskommission in der Bevölkerung bekannt zu machen und damit einen weiteren Zulauf zu verhindern: Im "Öffentlichen Anzeiger" der Regierung Düsseldorf und anderen Zeitungen des Düsseldorfer und Kölner Raumes ließ er in diesen Tagen einrücken: "Seit einiger Zeit sind viele Tausend Einwohner aus der Nähe und Ferne, durch ein trügliches Gerücht, wegen eines in der Kirche in Zons angeblich Statt gefundenen Wunders, veranlaßt worden, die dortige Kirche zu besuchen, theils aus Neugierde, theils auch aus religiösem Antriebe im Vertrauen der Aechtheit der Sage. Damit nun nicht ferner Jemand, durch lügenhafte Verbreitungen, verleitet werde, dort ein Wunder zu suchen, so halte ich es für Pflicht, öffentlich bekannt zu machen, daß Ein hochwürdiges General-Vikariat in Aachen, auf den Bericht einer dazu ernannten Commission von zween achtungswerthen Geistlichen, sich veranlaßt gesehen, das Muttergottesbild, aus dessen Krone ein wunderbares Flämmchen nach der Einbildung Einiger, und nach dem Lug und Trug Anderer, ausströmen sollte, aus der Kirche wegbringen zu lassen. Neuß den 23. Oktober 1822. Der Landrath v. Bolschwingh."[36]

"Gottesurteile" an den Kritikern, weitere Geschehnisse und literarischer Niederschlag

Die Veröffentlichung des Landrats hat in ihrer scharfen Form für Hohn und Spott in der Bevölkerung der Gegend gesorgt. Und so wurden gewisse Spannungen erst recht provoziert; insbesondere sah sich die Zonser Bevölkerung nun großem Spott ausgesetzt, wie die weitere Entwicklung zeigt. Mit Genugtuung wird sie daher die "Gottesurteile" registriert haben, die die Hauptkritiker des Wunders trafen: Johann Peter Delhoven schreibt am 1. November, am vergangenen Sonntag, dem 29. Oktober, seien sonderbare Dinge passiert: Der Pfarrer von Nievenheim, der besonders gegen das Wunder gepredigt hatte (s.o.), sei an dem Tag irre geworden. Bürgermeister Baaden sei gefährlich aus seiner Chaise (einer zweisitzigen Kutsche) gestürzt, der Arzt Lingens "bis über die Ohren in den Rhein" gefallen, und Vikar Angersbach sei in eine Kartoffelgrube gestürzt, so dass er unter Gespött nach Hause begleitet wurde.[37] Die Ereignisse sprachen sich schnell in der Umgegend rum, und wie üblich hat man dann noch das ein oder andere hinzu gedichtet oder verdreht. So äußerte sich am 22. November ein Anonymus im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger,[38] ihm seien "eine Menge von Mirakeln" zu Ohren gekommen: Es hätten alle Hühner gekräht, was zur Folge gehabt habe, dass der Landrat vom Pferd und Bürgermeister Baaden aus seiner Chaise gefallen sei, ferner der Pfarrer von Nievenheim schwachsinnig geworden und schließlich auch der ungläubige Vikar versetzt worden sei. Letzteres ist natürlich eine unglückliche Verwechslung der Vikare Brings und Angersbach. Der Anonymus schließt mit dem Aufruf: "Ob dieses überall zirkulierende Gerücht wahr ist, darüber wolle ein glaubhafter Nachbar von Zons Nachricht geben."

Die Zonser Pfarrchronik, niedergeschrieben erst ab um 1900, nennt weitere angebliche Opfer unter den Kritikern und liefert ergänzende Details zu den bereits genannten Opfern, wobei hier angesichts der zeitlichen Distanz größte Vorsicht geboten ist, was den Wahrheitsgehalt angeht[39]: Der Gutsbesitzer von Schloss Friedestrom Franz Aldenhoven sei wahnsinnig geworden. Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine falsche Zuordnung zu den Kritikern: Aldenhoven, der übrigens zum Zeitpunkt der Ereignisse erst 19 Jahre alt war, gehörte zu den Mitgliedern der "Marianischen Bruderschaft", die sich 1822 für die Wiederaufstellung der Madonna stark machten und ein Bittschreiben an den Generalvikar unterschrieben (s.u.). Gestorben ist er erst 1872, nach einer beachtlichen beruflichen und politischen Karriere, also ein halbes Jahrhundert nach den Ereignissen. Daneben wird der Landwirt Johann Schmitz von der Zonser Rheinstraße genannt: "Er siechte nicht lange nachher an der Schwindsucht dahin." Auch er taucht in den älteren Quellen nicht als Kritiker auf, und so sind auch hier Zweifel angebracht. Glaubwürdiger ist hingegen die Schilderung zum Vikar Angersbach: Er sei schwachsinnig geworden und am 18. Oktober 1837 gestorben (immerhin mit 80 Jahren!), ohne die heiligen Sakramente empfangen zu haben. Bürgermeister Baaden sei von einem heftig auftretenden, sehr schmerzlichen, gichtartigen Leiden befallen worden, so dass man zur Linderung öfters mit Brennnesseln schlagen musste. Über den Arzt |Lingens weiß die Chronik zu berichten, dass er zu einem auswärtigen Krankenbesuch geritten sei, wobei sein Pferd scheute und er dadurch zu Boden fiel. Am anderen Morgen sei der Arzt schwer verletzt nach Hause gebracht worden, wo er nach wenigen Stunden starb. Die Chronik hält darüber hinaus fest, dass die Vermögensverhältnisse der Genannten (Franz Aldenhoven, Angersbach, Baaden, Lingens und Schmitz) sehr nachgelassen hätten, bei manchen bis zur Armut.

Zurück zu den Ereignissen 1822: Die Regierung Düsseldorf zeigte sich angesichts der vom Generalvikar getroffenen Maßnahmen deutlich weniger glücklich und optimistisch als der Oberpräsidenten, und sie gab dies dem Generalvikar am 30. Oktober 1822 auch schriftlich zu verstehen: Sie habe erwartet, dass der Pfarrer angesichts seines Ungehorsams gegenüber den Verfügungen des Generalvikars bestraft werde und dass ferner nicht ihm die Madonna anvertraut werde, "da er sich in der Sache so sehr schwach bewiesen". Und nun sei sie besorgt, dass bald wieder ähnliche Unordnungen eintreten könnten. Ferner wird der Generalvikar gebeten, sich für den Vikar Angersbach und die Weiterauszahlung seines Gehalts gegenüber dem Kirchenrat einzusetzen und ihm für sein Engagement gegen den Wunderglauben "eine beyfällige Anerkennung seines Benehmens" zukommen zu lassen. Ähnlich pessimistisch berichtet die Regierung am selben Tag auch an den Oberpräsidenten, wobei sie kritisch hinzufügte, sie könne nicht beurteilen, ob die Versetzung des Vikars Brings nach Langerwehe für diesen eine Strafe oder eine Verbesserung sei, da sein neues Gehalt nicht bekannt sei.[40]

Erneut berichtet die Regierung auch in ihrem "Zeitungsbericht" für den Monat Oktober (31.) über die neueste Entwicklung an das Geheime Zivilkabinett in Berlin: Der Zulauf habe nachgelassen, nachdem die Madonna aus der Kirche entfernt und der zweite Vikar versetzt worden sei. Allerdings drückt die Regierung auch hier ihre Sorge aus, dass sie die Figur lieber einem anderen Pfarrer anvertraut gesehen hätte.[41]

Wie tief verwurzelt der Glaube an ein wirkliches Wunder in der Zonser Bevölkerung zu dieser Zeit gewesen sein muss, zeigt ein Schreiben der Zonser "Marianischen Bruderschaft" (Beatae Mariae Virginis, B.M.V.) an den Generalvikar vom 11. November 1822. Geradezu verzweifelt bitten die Mitglieder darin um die Wiederaufstellung der Madonna in der Pfarrkirche: Die Bruderschaft betrachte die Madonna als ihr Eigentum, das zu ihrer öffentlichen Andacht gehöre. Sie sei ihnen nun jedoch ohne eingehendere Untersuchung weggenommen und aus der Pfarrkirche entfernt worden. Denn die Untersuchungskommission habe nur die Figur untersucht und keine weiteren Befragungen durchgeführt. Die Entscheidung, ob es sich um ein wirkliches Wunder handle, sei zwar ganz dem Generalvikar überlassen.

"Daß es aber mit diesen Erscheinungen kein Lug und Betrug seye (wie der Herr Landrath von Bollschwing widerrechtlich in die Köllnische Zeitung und Amtsblätter einrücken ließ), daß auch keine Täuschung Statt haben könne, sondern daß es wirckliche Thatsache seye, dafür bürgen so viele unverwerfliche Zeugen, sowohl unser ehrwürdiger Seelsorger und andere Geistlichen, eine Menge ausheimischer Weltlichen, selbst einige protestantische Augenzeugen, und wir alle Endes Unterzeichneten, die wir uns zur Ehre Gottes und unser heiligen Religion bereit erklären, dasjenige nach der strengster Wahrheit und unter einem Eide zu bekennen, was wir gesehen haben."

Der Generalvikar möge daher die Figur wieder zurückbringen lassen, "die strengste Untersuchung anstellen", "die schärfeste Aufsicht halten" lassen und eine eigene Kommission ernennen, der alles, was geschehen ist und noch geschehen wird, gemeldet wird. Die Bittsteller betonen, dass "keine Leidenschaft und keine Nebenabsicht" sie antrieben, "sondern einzig Pflicht, Wahrheitsliebe, Sorge für die Ehre Gottes und daß Verlangen, daß Wohldenckende nicht irre geleitet und wanckend gemacht werden in Religion und göttlichen Sachen, und daß Uebeldenckende belehrt werden, wenigstens aller Scheingrund zum Spotten und Schaden ihnen benommen werden. Wie traurig es in dieser letzten Hinsicht jetzt hier in der Stadt und Umgegend aussicht, werden Euyer Hochwürden sich kaum vorstellen." – Unterschrieben ist das Dokument von 58 weit überwiegend jungen Männern aus Zons, und es sind bemerkenswerterweise auch ein paar aus Stürzelberg dabei.[42] Zwar finden sich darunter auch solche aus Gastwirtschafts-Familien, doch insgesamt handelt es sich eher um einen "Querschnitt" der Bevölkerung zu dieser Zeit, die sich hauptsächlich aus kleinen Handwerkern, Tagelöhnern und in der Landwirtschaft Tätigen zusammensetzte.[43] Insofern bietet das Schreiben keinen eindeutigen Beleg dafür, dass ausschließlich persönliche Interessen bei den Betroffenen im Vordergrund standen, auch wenn man berücksichtigt, dass viele Gewerbe von den in den Ort strömenden Fremden direkt oder indirekt profitiert haben. Ein Antwortschreiben des Generalvikars ist nicht überliefert. Auf jeden Fall zeigte die Bittschrift aber nicht die erhoffte Wirkung, und die Figur blieb im Pfarrhaus unter Verschluss.

Die "Wundermadonna" mit Blumenschmuck auf einem Seitenaltar der Pfarrkirche 1954.

In den folgenden Tagen und Wochen gab es eine lebhafte und kontroverse Diskussion der Wunderberichte im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger. Für das Wunder sprach sich darin in umfangreichen Ausführungen ein Anonymus aus, bei dem es sich nachweislich um den Historiker Friedrich von Kerz (1763-1849) handelte, der ursprünglich aus den Niederlanden stammte und zur Zeit der Ereignisse in Düsseldorf wohnte. Der frühere Offizier im baierischen Heer, der auch als Diplomat in Wien und Paris gearbeitet hatte, lebte im höheren Alter als Privatmann sehr zurückgezogen und fromm katholisch und beschäftigte sich mit literarischen Arbeiten mit dem Schwerpunkt Glauben und Religion. Seine umfangreichen Ausarbeitungen zum Zonser Wunder im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger ließ er sogar 1823 in Mainz als Monografie mit dem Titel "Über das vermeintliche oder wirkliche Wunder in Zons" drucken. Der Text war nun erheblich erweitert, an den bereits veröffentlichten Passagen hat er jedoch so gut wie keine Änderungen vorgenommen. – Worum ging es in der Auseinandersetzung im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger? Von den Kritikern sind die bereits bekannten Argumente zu lesen: Erneut wird ein starkes finanzielles Interesse einiger Beteiligter hervorgehoben. So schreibt der bereits genannte Anonymus "Fritz von der Neers": "wer kann dafür, wenn die würdigen Herren Kommissarien, nach der beliebten Erklärungsweise der Zonser, auch unwürdig waren, das zu sehen, was den Zonser Wirthen doch so klar war. Daß ihrem Wunderbilde ein harter Stand bevorstehe, davon scheint man eine Vorahnung gehabt zu haben, denn in der letztern Zeit hat man es durch einige in der Kirche eingeschlossene Gläubige zur Nachtzeit bewachen lassen. Als ob ein so wunderthätiges Bild sich nicht verwahren könnte! Oder galt die Wache den Opfergaben, den silbernen Herzen und dem silbernen Beine, das ein betrogener Mann dargebracht, der Zons eben so lahm verlassen, als er dahin gekommen?" Die Wirte in Zons, so schreibt er weiter, hätten gelernt, großstädtisch zu rechnen, indem sie für ein "frugales Mittagsessen" 30 Stüber verlangten.[44] Ein anderer Anonymus argumentiert im Wesentlichen damit, dass manche Menschen übersinnliche Fähigkeiten besäßen, sie "Metall-" und sogar "Leichenfühler" seien.[45]

Friedrich von Kerz giftet zunächst gegen die bereits erschienenen sehr gelehrt daher kommenden Artikel ("Wenn nämlich schon die kleine Krone von Eisen in Zons auf einzelne Gehirnnerven so vieler Individuen Gesichtsbilder in plastischen Gestalten bewirkte; was würden dann wohl die ungeheuren Massen von Eisen- und Stahlfabriken erst für mannichfaltige Gesichtsbilder in plastischer Form erzeugen? […] So müssen nothwendig in jeder Provinz, wo es eine Stahl- oder Eisenfabrik gibt, bald alle Einwohner, sammt ihren Pferden, Kühen, Kälbern, Katzen und Hunden, ausgemachte, komplete Visionärs werden"). Andererseits nimmt er die beiden "Hauptakteure" in Schutz ("beide, der Pastor und der Vikarius, sind allgemein anerkannte rechtliche, mit Liebe und Lauterkeit des Herzens ihrem heiligen Berufe sich treu hingebende Männer"). Deutlich übt er Kritik an dem Urteil, die nach Zons Wallfahrenden seien "arme Tröpfe und erzeinfältige Menschen", die "viel besser thun würden, zu Hause zu bleiben", um anschließend drei Beispiele für Wunderbeobachtungen in Zons anzuführen. Eines davon lautet:

"Zwei Eheleute aus dem Bürgerstande, beide sehr gutmüthige, offene und gerade Menschen, entschlossen sich ebenfalls, nach Zons zu wandeln. Nur die Frau war katholisch, der Mann gehörte der protestantischen Konfession zu. Sie hatten kaum die Kirche betreten, als der Mann sogleich auch eine und, wie ihm deuchte, sehr stark lodernde Flamme über dem Haupte des verehrten Bildes erblickte; er machte seine Frau darauf aufmerksam; aber diese sahe nichts; vergebens wechselten sie ihre Stellen; ungeduldig über seine Frau, führte er sie gegen eine andere Seite der Kirche; aber die gute Frau konnte immer nichts sehen, während die kleine, holde Flamme, die dem Verstande leuchtet, und das Herz erwärmt, und die Seele mit Wonne füllt, dem Manne ununterbrochen sichtbar bleibt. – Sehr naiv äußerte sich dieser nachher: 'daß ich es gesehen habe, weiß ich gewiß; dies lasse ich mir nicht abdisputiren; was ich aber davon denken soll, dies weiß ich nicht.’ (!!)"

Allerdings entschuldigt sich von Kerz, die Namen der genannten Zeugen nicht bekannt machen zu können, da er dafür nicht die Erlaubnis habe; einer wohne so weit entfernt, dass das Einholen der Erlaubnis "wenigstens für diesen Augenblick" unmöglich sei.[46] Die Diskussion kann an dieser Stelle nicht eingehender behandelt werden; die Monografie von Friedrich von Kerz geht inhaltlich nur wenig auf die Zonser Verhältnisse ein und konzentriert sich hauptsächlich auf allgemeine theologische Ausführungen und Argumente. Wesentlich ist, dass die Ereignisse in Zons auch unter den Gelehrten diskutiert wurden, angefacht auch durch die Veröffentlichungen im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger und die Monografie von Friedrich von Kerz im Folgejahr. Es erschienen noch eine Reihe weiterer Veröffentlichungen im Zeitraum von 1823 bis 1855, die auf die Vorgänge in Zons eingehen. Schon dies zeigt, wie sehr die Ereignisse auf die Menschen der Region und darüber hinaus Eindruck gemacht haben: In der in Stuttgart und Tübingen erschienenen Zeitschrift "Hesperus – Encyclopädische Zeitschrift für gebildete Leser", Nr. 144 vom 17. Juni 1823 schreibt ein Anonymus unter den "Reisebemerkungen von 1822" (S. 576):

"Ich benutzte die ersten Tage meiner Rückkehr nach Düsseldorf zu einem Besuche in dem benachbarten Städtchen Zons, wo das Muttergottes-Bild auf einmal wunderbare Glorie bekommen hatte. Dieser Heiligenschein lockte von allen Seiten gläubige Seelen herbey, und Alles schrie: Mirakel! Endlich entdeckte es sich, daß dieser Schein von dem Wiederschein der Kerzen auf ein Paar falsche Steine in dem Diadem der Madonna hergekommen war. Es ist doch Schade, daß die neuen Wunder alle nicht mehr vorhalten wollen."

Die in Leipzig und Halle erscheinende "Allgemeine Literatur-Zeitung" druckte im Februar 1824 eine umfangreiche anonyme Rezension zur Monografie von Friedrich von Kerz ab (Sp. 370-374), die mit dem Werk des "Ultrakatholiken" von Kerz mit theologischen Argumenten scharf ins Gericht geht. Und schließlich waren die Ereignisse in Zons offenbar sogar bedeutend genug, dass sie Mitte des 19. Jahrhunderts in das Standardwerk "Lehrbuch der Kirchengeschichte" von Johann Carl Ludwig Gieseler und Ernst Rudolf Redepenning, Bd. 5, Bonn 1855, Eingang fanden (S. 323f.):

"Zur Charakteristik dieser Bemühungen, durch Mirakel dem Aberglauben wiederaufzuhelfen mag noch ein Beispiel dienen. In Zons, einem Städtchen in der Gegend von Cöln, glaubten einige Menschen über der Krone des dort auf dem Altar stehenden Marienbildes eine Flamme gesehen zu haben (1823) [sic. statt 1822]. Die Sache wurde untersucht, und es fand sich, daß die vermeinte Flamme nur der Reflex des Lichtes der Wachskerzen oder des Sonnenlichtes sey, der von der stark vergoldeten Krone nach gewissen Seiten hin geworfen werde. Nichtsdestoweniger ergriff der Herr von Kerz, der ultramontane Herausgeber der Literaturzeitung für katholische Religionslehrer, diese Gelegenheit, um in einer anonymen Schrift: Ueber das vermeintliche und wirkliche Wunder in Zons, Mainz 1823, nicht nur die Wahrheit des Wunders zu behaupten, sondern auch durch dasselbe die Lehren von der Himmelfahrt Mariä und von ihrer unbefleckten Empfängniß unterstützen und den Gemüthern neu einprägen zu wollen."

Neue "Wunderbeobachtungen" in der Pfarrkirche und Maßnahmen der Regierung gegen Pfarrer und Kirchenvorstand

Am 31. Dezember 1822 schreibt die Regierung Düsseldorf erneut in der Zonser Angelegenheit an den Generalvikar: Wie sie bereits in dem Schreiben vom 30. Oktober dargelegt habe, sei sie nicht ohne Sorge, was den alten Zonser Pfarrer betreffe. Und nach einem Bericht des Landrats vom 18. des Vormonats[47] scheine sich diese Besorgnis zu bewahrheiten: Pfarrer Löhr habe eine Pyramide mit den Votivgaben, die der Madonna geschenkt worden waren, auf den Altar gestellt. Und es sei bereits ein Soldat, der einen ungewöhnlichen Glanz bemerkt zu haben glaubte, vom Pfarrer zu Protokoll genommen worden. Der Generalvikar werde informiert, um neuen Unordnungen diesmal zeitig entgegentreten zu können. Auch weist die Regierung auf die aus ihrer Sicht schlechte Amtsführung des Kirchenrats hin und bittet angesichts der langjährigen personellen Kontinuität um eine Neuwahl des Gremiums. Schließlich wird der Generalvikar auch an den Wunsch erinnert, dem Vikar Angersbach als Dank für seine Haltung in der Wundergeschichte eine besondere Anerkennung zukommen zu lassen.

Erst am 14. Februar 1823 antwortete der Generalvikar hierauf: Pfarrer Löhr sei unter Strafe seiner Entlassung die Wiederaufstellung des Marienbildes in der Kirche verboten, "und ich habe Ursache zu glauben, daß er sich diese Strafe nicht verwirken wird, auch hatt er mir sein eigenhändiges Streben betheuert, daß dasselbe ohne meine ausdrückliche Erlaubnis nie mehr wird zum Vorschein kommen." Die Ausstellung der Votivgaben habe ihm auch der Pfarrer gemeldet, woraufhin er die Weisung erhalten habe, die Pyramide sofort zu entfernen. Zur Frage des Kirchenrats antwortete er, dass dieser ordentlich alle 3 Jahre gewählt werde und eine beliebig häufige Wiederwahl möglich sei. Jedoch könne der Generalvikar den Kirchenrat suspendieren, wenn dieser sich etwas zu Schulden kommen lässt. Ein entsprechender Verstoß sei ihm nicht bekannt.

Fast drei Jahre schweigen nun die Quellen zu den Ereignissen in Zons. Erst ein Schreiben des Bürgermeisters Baaden vom 14. Dezember 1825 an den Landrat ruft die Thematik wieder in Erinnerung[48]: Der Bürgermeister erinnert eingangs an die Versetzung des Vikars Brings, der den Wunderglauben so sehr gefördert hatte. Wenige Tage nach seinem Weggang am 1. November 1822 kam sein Nachfolger, Vikar Schieffers, in den Ort. Dieser habe nicht nur die Verordnungen des Generalvikars strikt befolgt, sondern sich auch eifrig bemüht, "das in dem Sinne der Religion verdorbene Volck eines bessern zu belehren", wodurch er den Hass des Pfarrers und der Zonser Einwohner auf sich gezogen habe. Daher müsse er "Chicanen und gegen ihn eingebrachte Verleumdungen" ertragen. Von den Stürzelbergern hingegen, in deren Kapelle er den Dienst tue, werde er "aufs höchste geliebt und geschätzt". Baaden habe Manches auf Wunsch von Herrn Schieffers mit Schweigen ertragen, in der Hoffnung, dass sich die Dinge mit der Zeit bessern werden. Da er nun aber durch den fortdauernden "Unfug" Ruhe und Ordnung bedroht sehe, fühle er sich verpflichtet, dem Landrat Bericht zu erstatten. Am 26. November habe der Pfarrer nachmittags um 3 Uhr versucht, den Vikar in seinem Haus zu sprechen. Auf die Auskunft seiner Hausfrau, dass er vor wenigen Minuten das Haus verlassen habe, um spazieren zu gehen, sei der Pfarrer tobend weggegangen und habe auf der Straße laut gerufen, er werde ihm "forthelfen", und in einem Haus habe er gesagt, "daß er die Gemeinden Zons und Stürzelberg darzu aufwigen würde." Der Pfarrer habe einige abgesetzte Feiertage weiterhin gefeiert, weshalb es häufiger zu Verstimmungen mit dem Vikar gekommen sei. Durch die später angesetzten Gottesdienste habe es ärgerliche "Schwärmereien" und Lärm in den Wirtshäusern gegeben.

Der Landrat schreibt daher am 26. Dezember 1825 an die Regierung, und er macht zusätzliche Angaben zu den Schikanen gegen den Vikar: Man habe Zettel mit schändlichen Nachrichten über Schieffers an seiner Tür und an mehreren anderen Orten in der Stadt angebracht. Und um ihn loszuwerden, sei er (vergeblich) beim Erzbischöflichen Stuhl denunziert worden. Nach der Ansicht des Landrats sei es nicht zu erwarten, dass, solange der Pfarrer Zwietracht und Unordnung anfeuere, "Einigkeit, Ordnung und Gehorsam der Weltlichen und Geistlichen Behörden zurückkehrt." Angesichts der Umstände sehe er die Gefahr, dass die Madonna wieder in die Kirche zurückgebracht werde. Daher bittet er die Regierung, dem Erzbischof[49] die Entfernung der Madonna aus dem Ort zu empfehlen, verbunden mit der Bitte, "dem alten Pfarrer eine andere Bestimmung zu geben".

Die Regierung schloss sich diesen Empfehlungen in ihrem Schreiben an den Erzbischof vom 4. Januar 1826 an. Der Erzbischof befürwortete daraufhin die Pensionierung von Pfarrer Löhr: Im Gegensatz zum Generalvikar noch vor wenigen Jahren erachtete er, so schreibt er am 10. Januar 1826, "die Entfernung des alten nicht gutwilligen Pfarrers Loehr für notwendig, damit der unter und gewissermaßen durch ihn anstatt der wundervollen Verehrung der Heiligen als Fürbitter bey Gott eingerissenen in das Religionswidrige übergegangene Bilderdienst aufhören und nicht vollends in lärmenden Unfug ausbrechen [werde]." Für eine Versetzung auf eine andere Pfarrstelle sei er jedoch zu alt und schwach. Er befürworte daher eine Versetzung in den Ruhestand. Als früherer Ordensgeistlicher stehe ihm eine Pension zu. Und "in der Überzeugung, daß er aus Geistes-Einfalt eher als aus übler Absicht so ungebehrdig und irrthumvoll handelt", bat er die Regierung um eine Pensionsunterstützung.

Nach der schriftlichen Einverständniserklärung zur Pensionsunterstützung für Pfarrer Löhr (30. Januar) – der Landrat hatte zuvor im Auftrag der Regierung die Vermögensverhältnisse des Pfarrers festgestellt – konnten die notwendigen Formalia in die Wege geleitet werden. Am 4. März 1826 berichtet der Erzbischof der Regierung von der Pensionierung des Pfarrers Löhr und der Einsetzung seines Nachfolgers, des früheren Minoriten-Paters Andreas Aegidius Mevissen, zum 1. März. Der Erzbischof betonte, er habe "das feste Zutrauen, daß derselbe die in der Pfarre eingeschlichenen Misbräuche heben werde". Er sollte Recht behalten, denn seitdem sind keine weiteren Unruhen im Zusammenhang mit der Madonna mehr überliefert. Löhr starb in Zons 1833.

Gedenkblatt (Lithografie) anlässlich der Wiedereinführung der Madonna in die Pfarrkirche 1857.

Die Wiedereinführung der Madonna 1857 und das Jubiläumsfest 1932

Anlässlich einer Volksmission, die die Lazaristenpatres Kelz, Müngersdorf und Richen im Juni 1857 in Zons veranstalteten, erhielt der damalige Zonser Pfarrer Sebastian Schmitz[50] von Erzbischof Johannes von Geissel die Erlaubnis, die Madonna wieder in der Pfarrkirche aufzustellen. Am 17. Juni feierte Zons die Wiedereinführung, wobei sämtliche Straßen mit Triumphbögen und die Häuser mit grünem Laub geschmückt waren. Auch waren viele Fahnen, Symbole, Inschriften und festlich geschmückte Altäre zu sehen. In einer feierlichen Prozession wurde die Madonna von weiß gekleideten Jungfrauen getragen, wobei mit den Kirchenglocken geläutet wurde und eine Musikkapelle, die den Zug begleitete, spielte. Der Zug ging durch die Straßen der Stadt, zum Rhein und um das Antoniushäuschen herum wieder zur Kirche. Abends wurden an einigen Orten bengalische Feuerwerke abgebrannt, und die Häuser waren beleuchtet. Das Fest dauerte bis Mitternacht. Wie tief verwurzelt die Wundergeschichte zu dieser Zeit noch im Bewusstsein der Bevölkerung war, zeigt die erstaunlich hohe Zahl von auswärtigen Besuchern: Man schätzte ihre Zahl auf 5-6.000.[51] Die Pfarrkirche ließ zur Erinnerung an dieses Fest eine aufwändige Farblithografie drucken, die die Madonna mit den zahlreichen Votivgaben am Gewand zeigt. Zum selben Anlass entstand auch eine Lithografie der alten Pfarrkirche mit Pfarrhaus und festlicher Beflaggung.[52]

Am Tag der Wiedereinführung hat man in Zons die "Filial-Bruderschaft des heiligen und unbefleckten Herzens Mariae zur Bekehrung der Sünder" gegründet, die dann mit der Erzbruderschaft in Paris vereinigt wurde. Diese Bruderschaft zählte über 2.000 Mitglieder.[53]

Festzug am 1. Mai 1932. Zu sehen sind auf dieser Aufnahme vom Marktplatz Mitglieder der Hohenzollernkompanie und in Weiß gekleidete Jungfrauen.
Geistliche und Bruderschaftsmitglieder im Festzug am 1. Mai 1932.
Die "Wundermadonna" auf dem Hauptaltar der Pfarrkirche beim Jubiläumsfest 1932.

Und 1932 feierte Zons das 75-Jahr-Jubiläum der Wiedereinführung der Madonna in die Pfarrkirche: Der Lazaristenpater Paus aus Köln (Stolkgasse) hielt in einem "Triduum" vom 27.-29. April jeweils um 20 Uhr in der Pfarrkirche vorbereitende Vorträge. Sonntag, den 1. Mai war morgens zunächst Generalkommunion der Pfarrgemeinde und feierliches Hochamt. Nachmittags fand eine Blumenprozession der Schulkinder statt (die Kinder brachten der Madonna traditionell alljährlich Blumen), anschließend eine Festpredigt und Prozessionszug unter Beteiligung der Zonser Vereine durch den festlich geschmückten Ort.[54]

Die Madonna stand noch lange auf einem Seitenaltar in der Pfarrkirche. Seit Anfang der 1980er Jahre hat sie ihren Standort in der Kapelle "Maria von den Engeln". Ihre frühere Bedeutung ist heute in der Bevölkerung kaum noch bekannt. Die vielen kostbaren Votivgaben, von denen offensichtlich Anfang der 1930er Jahre noch die meisten vorhanden waren, trägt sie heute nicht mehr. Man brachte sie in der Zeit des Zweiten Weltkriegs aus Sicherheitsgründen in den Tresor des Pfarrhauses, von wo aus sie später auf mysteriöse Weise abhanden kamen.

Fazit

Auf den ersten Blick scheinen die Dinge recht klar zu liegen: Ab den ersten "Wunderbeobachtungen" bei einer nachmittäglichen Andacht am 11. Juli 1822 hat sich dank des eifrigen Engagements und Werbens von Pfarrer, Küster und insbesondere Vikar Brings innerhalb weniger Tage eine beachtliche Bewegung entwickelt. Die Umstände hierfür waren sehr günstig: Angesichts der Not extremer Ernteausfälle suchten die Menschen der Region Hilfe in Glauben und Gebet. Und da die Zonser Bevölkerung rasch die Vorteile der Besuchermassen zu schätzen wusste, unterstützte sie die Bewegung oder, wie es die Kritiker ausdrückten, den "Unfug" so weit, dass sie einen enormen Konformitätsdruck aufbaute, so dass Kritiker oder "Ungläubige" sich einer kollektiven Verachtung ausgesetzt sahen. Und sowohl die Bevölkerung brauchte nach dem Verlust der Rheinzollfunktion neue Einnahmequellen als auch die Pfarre angesichts der Kosten für Renovierungsarbeiten am Gotteshaus. Doch liegen die Dinge wirklich so klar?

Ohne Frage gab es Personen, die kommerzielle Interessen verfolgten. Doch das allein kann es nicht gewesen sein. Ohne den Glauben in der Bevölkerung und insbesondere von Augenzeugen, dass sich hier ungewöhnliche Vorgänge ereignet hatten, hätte sich die Sache sicher nicht so weit entwickeln können. Und die Quellen belegen, dass auch der Zonser Pfarrer selbst von einem Wunder überzeugt war. Hätten große Teile der Zonser Bevölkerung nicht an das Wunder geglaubt, was für einen Sinn hätten dann die Strafen Gottes ("Gottesurteile") gegenüber den Kritikern gehabt, die die Menschen im Ort sehr bewusst (und mit einer entsprechenden Genugtuung) registrierten? Und dann wäre da noch die besondere Verehrung der Madonna im Ort bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts zu nennen – das alles aus Dankbarkeit für den geldbringenden Pilgerstrom 1822? Möglicherweise entsprangen die Wunderberichte teils auch einem Verlangen nach einem göttlichen Zeichen in der Not.

Es ist dem energischen Einschreiten von Bürgermeister Baaden, Landrat von Bolschwing und der Regierung, die beim Generalvikar in Aachen auf eine Abstellung drängten, zu verdanken, dass die Bewegung innerhalb weniger Monate zum Erliegen kam. Die Untersuchung durch die vom Generalvikar dazu ernannte Kommission markierte den entscheidenden Wendepunkt, nachdem mehrere vorangegangene Verordnungen des Generalvikars fruchtlos geblieben waren. Doch es drängt sich beim Lesen des Protokolls zur Untersuchung der Verdacht auf, dass die Kommission bereits mit einer recht vorgefassten Meinung ans Werk gegangen ist. Die Kritik der Mitglieder der "Marianischen Bruderschaft" an deren Untersuchung, die offenbar ohne eine eingehendere Zeugenbefragung vonstattengegangen ist, scheint berechtigt. Zweifelsohne hat deren Gespräch mit dem Landrat und dem Ortsbürgermeister den Untersuchungsbericht an den Generalvikar gefärbt.

Die Beseitigung der Madonna aus der Pfarrkirche und die Versetzung des Vikars Brings waren weitreichende und wirkungsvolle Maßnahmen. Doch der Regierung und dem Landrat gingen diese Maßnahmen nicht weit genug, und sie ruhten nicht eher, bis auch der wundergläubige Pfarrer seiner Stellung "enthoben" bzw. pensioniert worden ist. Der Erzbischof scheint hier eine konsequentere Haltung gehabt zu haben als der vorher zuständige Generalvikar in Aachen. Das Zögern und die Vorsicht, mit der sich der Generalvikar zuvor der Sache angenommen hatte (jedenfalls aus der Sicht der Regierung), hatte zu Verstimmungen zwischen Regierung und Generalvikariat geführt, wobei der Oberpräsident, wenn auch im Grundsatz eher auf der Seite der Regierung stehend, quasi eine "Pufferfunktion" erfüllte und deeskalierend wirkte: So kritisierte zwar auch er die zögerliche Vorgehensweise des Generalvikars, jedoch erlaubte er der Regierung angesichts der zu befürchtenden Unruhen nicht, aktiv zu werden und polizeilich einzuschreiten.

Die Ereignisse des Jahres 1822 haben sich tief ins kollektive Gedächtnis der Zonser Bevölkerung eingegraben (wenn auch schon früh eine Legendenbildung einsetzte), und zwar so tief, dass man noch 1932 ein großes Jubiläumsfest zur Erinnerung an die Wiedereinführung der Madonna in die Pfarrkirche feierte und noch längere Zeit "Blumenprozessionen" der Schulkinder für die Madonna veranstaltete. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Erinnerung hingegen fast völlig verblasst, und die Madonna steht heute ohne größere Beachtung in der Kapelle "Maria von den Engeln" am Rheintor.

Quellenteil

1813-1821

1813: Der Vikar Adam (Maurus) Ankenbrand schenkt der Zonser Kirche die Muttergottes-Figur (siehe Notiz J. H. Schwieren, unten).


2. Juni 1821: Der Bürgermeister von Zons und Nievenheim an den Neußer Landrat: Er berichtet über eine nicht genehmigte Prozession in Zons.

Infolge der landrätlichen Verfügung vom 26. Mai 1821 habe er den Zonser Pfarrer befragt, ob er den Vikar Brings bevollmächtigt habe, für die Prozession, die am 7. Mai 1821 aus Zons gezogen sei, bei der Rückkehr den heiligen Segen zu geben. Er habe geantwortet, er sei gegen den Auszug gewesen und habe diesen daher untersagt. Die Zonser hätten die Prozession trotzdem durchgeführt und bei ihrer Rückkehr den Vikar Brings zur Erteilung des heiligen Segens rufen lassen, worauf dieser ohne Vorwissen und Erlaubnis des Pfarrers die Benediktion in der Kirche erteilt habe. Das Schreiben ist von Pfarrer und Bürgermeister unterschrieben.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 3783, fol. 35r]


5. Juni 1821: Der Neußer Landrat von Bolschwing an die Regierung Düsseldorf: Die Regierung möge beim Generalvikariat um eine Bestrafung des Vikars Brings bitten, der einer unerlaubten Ortsprozession ohne entsprechende Anweisung des Ortspfarrers den Segen erteilt hat.

Am 7. Mai 1821 sei der Landrat anlässlich einer strittigen Angelegenheit zwischen dem Zonser Kirchenvorstand und der Gemeinde Stürzelberg in Zons gewesen. Vor dem Stadttor sei er einer großen Prozession von lauter Ortseinwohnern ohne Begleitung eines Geistlichen begegnet. Der Landrat fragte den Ortspfarrer, ob die Prozession mit seiner Erlaubnis ausgezogen sei. Dieser antwortete, er sei um seine Begleitung angesprochen worden, worauf er dies verweigerte und auch den Auszug untersagte. Der Landrat lobte den Pfarrer für diese Entscheidung und beauftragte den Bürgermeister, die Anführer der Prozession zu ermitteln und diesen einen ernstlichen Verweis dafür auszusprechen sowie mitzuteilen, dass der Landrat im Wiederholungsfall eine Anzeige bei der höheren Behörde mit Strafantrag machen werde. Später im Monatsbericht teilte der Bürgermeister dem Landrat mit, der Zonser Vikar Brings habe der Prozession bei ihrer Rückkehr in die Stadt sogar den Segen erteilt, und dies vermutlich ohne Wissen und Erlaubnis des Pfarrers. Daraufhin beauftragte der Landrat den Bürgermeister, den Pfarrer über die Angelegenheit zu vernehmen. Aus dem entsprechenden Protokoll geht hervor, dass der Vikar Brings eigenmächtig ohne Erlaubnis des Pfarrers gehandelt hat. Das Verhalten sei "gegen das Gesetz und gegen das Bestreben des Pfarrers, den Müßiggang in den abgebrachten Feyertagen abzuschaffen". Die Sache "erfordert um so mehr eine ernstliche Rüge, weil dadurch in einer Gemeinde, die die Ermahnungen und Vorstellungen des Pfarrers dem Gesetz und der Geistlichen Obrigkeit zu gehorchen, nicht achtet, Misshelligkeiten gegen den Pfarrer und der Orts-Behörde erregt wird, wenn der Vikarius sich bereit bezeigt, solcher Neigung und unerlaubten Wünschen zu entsprechen, und die Ausführung durch eine heilige Handlung unterstützt, die nur zum Lohn und Gedeien eines folgsamen Gemüthes und guter Werke vollzogen werden darf". Der Landrat bittet die Regierung, das Verhalten des Vikars beim Generalvikariat anzuzeigen und "auf Verfügung einer gemessenen Rüge gegen ihn anzutragen".

[Behändigte Ausfertigung: LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 3783, fol. 33r-34v; Konzeptschreiben: LAV_NRW_R, Landratsamt Neuss 577, fol. 3r-4v]


12. Juni 1821: Die Regierung Düsseldorf an den Neußer Landrat: Sie hat den Generalvikar Fonck ersucht, dem Vikar Brings einen ernsten Verweis zu erteilen.

[LAV_NRW_R, Landratsamt Neuss 577, fol. 5r]


4. Oktober 1821: Der Landrat verfügt über den Bürgermeister, dass der Zonser Kirchenrat die Unterlagen zu laufenden und geplanten umfangreichen Umbau- und Restaurierungsmaßnahmen in und an der Pfarrkirche, veranlasst durch denselben ohne öffentliche Ausschreibung, beibringt.

[Schreiben erwähnt im Schreiben des Kirchenvorstands vom 7. Oktober 1821: s.u.; LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


7. Oktober 1821: Der Kirchenvorstand an den Zonser Bürgermeister: Es gebe keinen eigentlichen Bau an der Kirche, sondern es handele sich nur um Ausbesserungsarbeiten. Diese Arbeiten seien dringend erforderlich.

"Daß zu diesen Innern Anschaffungen und Anlagen vorher die Genehmigung einer Königlichen Hochlöblichen Regierung nachzusuchen nötig seye, konten wir uns nicht vorstellen, besonders da in denen von einem Hochwürdigen General Vicariat genehmigten Budgets zu dießen Reparaturen [?] eine bedeutende Summe ausgewiesen ist.
Der Vertrag, den der unterzeichnete Kirchen Vorstand über dieße Anschaffungen mit dem Herrn Kamberger aus Dusseldorff geschlossen hat, kann auch anderst nicht als vortheilhaft für die Kirche seyn, indem demselben kein Groschen vorausbezahlt wird, die Zalung in Terminen und nicht eher erfolgt, bis die fertige Arbeit durch die von uns zu wählende Kunstverständige taxirt sind.
Das Aufhören der Arbeit kan in dießem Augenblick wegen Zugluft und Mangel an Altären für den Gottesdienst sowohl, als die demselben beywohnenden anders nicht als nachtheilig seyn."

Unterschrieben von Pfarrer W.J. Löhr, Kirchenratspräsident Dr. Kauhlen und den Mitgliedern Johann Heinrich Schneider, Joseph Hugo, M. Schmitz und J. Schmitz.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


13. Oktober 1821: Der Zonser Bürgermeister an den Landrat: Er habe zunächst nur das Schreiben des Kirchenvorstands vom 7. Oktober 1821 ohne den Kostenvoranschlag erhalten (s.o.). Erst auf nochmalige Aufforderung habe er nun die erforderlichen Unterlagen erhalten.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


22. Oktober 1821: Der Zonser Bürgermeister an den Landrat: Er habe erfahren, dass die Reparatur und Fertigung der Altäre 2.800 Reichstaler kosten sollen. Der Hauptaltar, der erst vor 5-6 Jahren angeschafft worden sei, sei auch von den Arbeiten betroffen.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


26. Oktober 1821: Der Landrat berichtet der Regierung Düsseldorf über die Baumaßnahmen in und an der Zonser Pfarrkirche.

Der Landrat habe über den Bürgermeister die Unterlagen zu den Baumaßnahmen beim Kirchenvorstand angefordert. Der Kostenvoranschlag zum Vertrag mit dem Düsseldorfer Bauunternehmer Kamberger und eine Abschrift des Kirchen-Budgets habe er erhalten und die weiteren Bauarbeiten bis zur Entscheidung durch die Regierung Düsseldorf untersagt. In einer öffentlichen Einwohner-Versammlung seien die Baumaßnahmen von der Bevölkerung abgesegnet worden, wobei der Bürgermeister jedoch wegen eines parallelen Termins verhindert gewesen sei, so dass er sein Veto nicht mehr einbringen konnte. Nach Ansicht von Bürgermeister und Landrat war die Terminkollision kein Zufall, denn der Bürgermeister habe sich in der Vergangenheit im Kirchenrat aufgrund des Alters der Kirche mehrfach gegen bloße Verschönerungsarbeiten an der Kirche ausgesprochen und stattdessen eine Erweiterung und Vergrößerung der Kirche vorgeschlagen. Die Versammlungsbeschlüsse seien, da die Versammlung nicht den Vorschriften entsprochen habe, ungültig. Für sämtliche Reparaturarbeiten wurden 2.800 Reichstaler veranschlagt.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


7. November 1821: Aufgrund des Berichts des Landrats vom 26. Oktober 1821 (s.o.) beauftragt die Regierung Düsseldorf den "Land-Bau-Conducteur" Walger, sich "unverzüglich" nach Zons zu begeben und dort zu untersuchen, ob die vorgesehenen Baumaßnahmen sinnvoll sind oder eine Kirchenerweiterung nicht sinnvoller wäre.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]

Januar-Juli 1822

Juli 1822: Der Zonser Küster und Chronist Johannes Hermann Schwieren berichtet über eine große Trockenheit und Mäuseplage und dadurch verursachte schlimme Ernteausfälle.

"[1]822 ist die Druckenheit so groß gewesen, und die Mäuß so starck im Felt und in den Garden, das vor Pfingsten einige Stücker Korn als umbgebaued worden, kein Kleh gewesen, die Kleh-Stücker, das keiner konte sagen, waß darauff gewesen war, einige Ackers-Leuth vor kein 6 Wochen Brott Korn gehabt. Den 20. Junii hab ich angefangen, Häu zu kauffen von Herrn Pastor. Diesen Mäuß-Schaden kan ich gnug ansetzen, den Morren, Ärdepfen, Haber und Sommer-Garsten, auch einige Stücker umgebaudt in den Garden, wen die Köhl 4 ad 5 Stundt gepost waren, auch einige abgefressen und in die Locher geschlept. Ich hab 3 kleine Kahren Korn, 2 Man können es in 6 Täg dreschen. Den 9. Julii haben wir angefangen, den Rosenkrantz zu bethen umb 1 Uhr mit Aussetzung des Hochwürdigen, guts 12 Täg nacheinander, den 8. Julii hatt Fridericus Schmitz ein grosse Ratt-Mauß aus dem Felt mitgebracht, den 9ten Hugo und ein Dormager Man noch ein tott geschlagen, im Junii hatt man als neu Brodt gebacken, halben Julius hatt man noch einigen Weitzen geholt, das Korn war vor 14 Täg, als eingescheürd, wegen der grosse Drückenheit alles vernothreifft."

(Schwieren-Chroniken, <1173>)


2. Juli 1822: Der Bausachverständige der Düsseldorfer Regierung Walger berichtet der Regierung über seine Untersuchung des Zonser Kirchenbaus.

Er habe sich mit dem Landrat zu diesem Zweck nach Zons begeben. Dort haben sie festgestellt, dass die Arbeiten (Ausbesserung der Kirchenmauer, Arbeiten an den Kirchenfenstern, Weißen der Kirche, Vergoldung der Grade der Gewölbe, Restaurierung und Vergoldung der Heiligenbilder) bereits ausgeführt worden seien. Er kommt zu dem Schluss, dass ein gänzlicher Neubau sinnvoller gewesen wäre: "Bei der Mißform des alten Gebäudes ist das gehörige Bedürfniß indeß nur durch gänzlichen Neubau zu schaffen."

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


Juli 1822: Der Zonser Küster und Chronist Johannes Hermann Schwieren berichtet über die Anfänge der "Wundererscheinungen".

"Annotatio, was für wunderliche Begebenheit hat sich hier in der Kirche zugetragen, Maurus Ankentbrant, gewesener Caplan hier in Zons, Benedictiner aus der Abtey Brauweiler, im Jahr [18]13 ein neues schönes Maria-Bild von Wax hier in die Kirch geschenckt. Dieses Bild hat mehr auf dem Altar gestanden, aber nichts gesehn, bis den 16ten Juni [1822] habe ich dieses aufgestellt bey dem 13-stündigen Gebeth wegen Ihro Päbstlicher Heiligkeit, stehen geblieben bis den 9ten Juli, des Nachmittags, Rosenkranz gehalten worden wegen großer Truckenheit und wegen der vielfalltigen Mäußen 8 Täg, am 3. Tag aber viele Menschen ein Licht gesehen in der Kron von der Mutter-Gottes, den 22ten von Worringen die erste Procession hieher gekommen."

(Schwieren-Chroniken, <1174>)


11. Juli 1822: Die ersten Menschen entdecken während einer nachmittäglichen Rosenkranzandacht wegen der schweren Ernteausfälle ein wundersames Licht in der Krone der Muttergottes-Figur (siehe Notiz J. H. Schwieren, oben).


22. Juli 1822: Die erste Prozession (aus Worringen) kommt nach Zons (siehe Notiz J. H. Schwieren, oben).


25. Juli 1822: Der Zonser Bürgermeister Anton Baaden informiert den Neußer Landrat von Bolschwing über das Zonser "Wunder".

Der Zonser Pfarrer habe seit einiger Zeit in der Pfarrkirche "zur Erhaltung eines günstigen Regens und zur Abwendung des weiteren Mausfraßes von 1 bis 2 Uhr Mittags eine Bethstunde gehalten. Während dieser Andacht wollen mehrere bemerkt haben, daß in einem Muttergottesbild, welches mit einer inwendig vergoldeten Krone aufm Kopf verziert, ein Licht, wie eine brennende Kerze zu sehen wäre, welches als ein Miracul angesehen ward. Die Sage hat sich in der ganzen Umgegend verbreitet, und jetzt sieht man aus andern Dörfern große Haufen Bethende dahin ziehen. In Zons selbst wird die halbe Nacht gesungen und gebethen. Ich glaubte mich hierdurch veranlaßt, den Herrn Beigeordneten zu vernehmen, der mir versicherte, wie ich auch wohl vermuthen muste, daß das Licht von denen in der Kirche brennenden Lichtern herrühret. Da die Herren Geistlichen, besonders der Herr Vicar Brings, welcher ich selbst in der Capelle zu Stürzelberg gehört, daß er das Volk auf die in Zons sich zutragende Begebenheit aufmerksam machte, und mir daher scheint, daß dieselben diesen Unfug suchen auf Recht zu erhalten." Der Bürgermeister bittet den Landrat, "das geeignete zur Unterdrückung dieses Gegenstandes so geschwind wie möglich die nötige Maßregeln zu treffen".

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


25. Juli 1822: Der Neußer Landrat von Bolschwing an die Regierung Düsseldorf: Bericht über den "Missbrauch mit dem Mutter Gottes Bilde" in Zons.

Der Landrat bezieht sich auf ein Schreiben des Bürgermeisters von Zons und Nievenheim, überbracht "soeben" durch seinen Sekretär, "über den irre geleiteten Glauben als würde das Haupt des Mutter Gottes Bildes wunderbar erleuchtet". Der Landrat sieht sich veranlasst, das Schreiben der Regierung zu überreichen und dabei "nach der Aussage seines Secretaire … zu bemerken, wie die Vernünftigen das angegebene Lämpchen für nichts weiter als einen Wiederschein von den gegenüber stehenden Kerzen halten, was sich auch dadurch bewahrheitet hat, dass, sobald die Kerzen ausgelöscht sind, jeder Glanz in der vergoldeten Krone von dem Mutter Gottes Bilde verschwindet, der für die Wunderkerze gehalten wird, welche Überzeugung der dortige Pfarrer und der Caplan Angersbach auch anfänglich gehabt haben, wogegen aber der Vicarius Brings dieses als ein Mirakel zu verbreiten und das Volk glauben zu machen gesucht hat, dass dieses durch höhere wunderthätige Hand geschehe, wodurch anfänglich nur die Bewohner von Zons veranlasst worden sind, ungewöhnliche Gebete vor das Mutter-Gottes Bild zu verrichten. Nachdem dieses Gerücht sich in der Umgegend verbreitet hat, so strömen mehrere Volks Haufen hinzu, um dort ihre Gebete zu verrichten. Dieses geht nun schon so weit, dass gestern eine Wallfahrt von 72 Personen von Bonn dort angekommen ist, wodurch der Pfarrer, der ein alter schwacher Mann ist, sich hat verleiten lassen, von seiner früheren Meinung abzugehen und es als ein Wunder anzuerkennen. Mehrere Geistliche, z.B. der Cantons-Pfarrer Kessel von Dormagen, der Vicarier von Worringen und von Bomberg haben sich dort eingefunden, um sich von der Ursache dieser Begebenheit zu überzeugen, und haben es für nichts weiter als den Wiederschein der gegen über stehenden Kerzen erklärt. Ersterer hat sogar dem dortigen Pfarrer den Rath gegeben, das Mutter-Gottes Bild bey Seite setzen zu laßen, worauf derselbe aber nicht geachtet und im Gegenteil das Volk in seiner Verirrung zu bestärken sucht. Der Vicarius Brings geht so weit, daß, wenn er Nachricht von ankommendem Landvolk erhält, leuten läßt, und ihnen mit dem Hochwürdigsten Gute den Segen ertheilt. Von diesem seit einigen Tagen zunehmenden Zulauf von entfernten Gegenden ist zu besorgen, daß, wenn dieser Mißbrauch nicht schleunig gesteuert wird, eine unglaubliche Menge Volks von noch entferntern Gegenden hinströmt." Der Landrat sah sich daher veranlasst, das Ereignis "per Expressen" dem Generalvikar in Aachen anzuzeigen und ihn zu ersuchen, das Geeignete nach seinem Ermessen zu verfügen. Ferner habe er, da der Gendarme abwesend ist, "zwey Unteroffiziere von der Landwehr zur Unterstützung der dortigen Orts-Polizey und zur Aufrechterhaltung der Ordnung hingeschickt". "Wie nun weiter eine Königliche Hochlöbliche Regierung zu verordnen für gut befindet, bin ich ganz gehorsamst gewärtig."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


25. Juli 1822: Der Neußer Landrat von Bolschwing an den Generalvikar in Aachen mit dem Bericht über die Vorgänge sowie der Bitte, "das Geeignete nach seinem Ermessen zu verfügen".

Das Schreiben, das in dem o.g. Schreiben des Landrats vom selben Datum erwähnt ist, ist nicht erhalten geblieben.


26. Juli 1822: Der Dormagener Chronist Johann Peter Delhoven berichtet über den Beginn der "Wunderbewegung".

"Indessen hat sich ein ganz sonderbahrer Zufall in Zons ereignet: Weil die Mäuse auch das Gemüse, z.B. Kappus, Mohren etz. angreifen, so hielte der hiesige Pastor einige Sonntage abends Rosenkranz, auch seit dem 22ten nachmittags 1 Uhr Rosenkranz mit Benediction. Die Zonser hatten ebenfals den 16. angefangen, um 1 Uhr Nachmittag eine ähnliche Andacht zu halten. Der vorige Caplan in Zons, Herr Ankenbrand, hatte vielleicht vor 10 Jahren ein Muttergottesbild der Kirche geschenkt. Gesicht und Hände sind von Wachs. Den Kopf zirt eine silberne Krone, worauf oben 8 vergoldete Kreutzcher angebracht sind. Diese Kreutzcher geben einen Schein, besonders, wenn die Lichter angezündet sind. Sogleich ergrif der fanatische Pöbel diesen Schein und machte ein Miracul daraus. Nun strömmt täglich eine Menge Menschen dem neuen Gnadenorte zu, von Worringen, Hittorf etz. prozessionsweise, von Bedburg, Düsseldorf, Neus etz. in kleineren Truppen.
Das Schlosstor mit dem "Bildchen" in den 1910er Jahren.
Die Schlosstor-Madonna ("Bildchen").
Der Landrath von Neus hat 2 Unterofiziere von der Landwehr nebst einem Gensdarm in Zons gelegt, welche wachen wollen, daß keine ungesetzmässige Processionen nach Zons einkehren. Auch machte bemelter Landrath einen Bericht an den General-Vicar in Aachen, worauf der Pastor in Zons Befehl bekame, daß der Gottesdienst (am Sonntag ausgenohmen) in den Wochentagen um 8 Uhr beendigt und die Kirche geschlossen seyn solle. – Der Zufluß nahm täglich mehr und mehr zu. Abends wurde Prozession von den Bürgern veranstaltet. Man gieng mehreremale um die Kirche, dann am Feldthor heraus an das Muttergottesbildchen am Schloß. Hunderte von Dormagen, Rheinfeld etz. giengen dahin und beteten zur Abwendung der Mäusstrafe bis Mitternacht."

(Rheinische Dorfchronik)


26. Juli 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Generalvikar Fonck in Aachen: Der GV wird über die Sache informiert und gebeten, einzugreifen.

Die Regierung sendet das Schreiben des Landrats vom 25. Juli nebst Anlagen zur Information mit der Bitte "um gefällige schleunige Einwirkung zur Vermeidung fernerer Ungehörigkeiten". Sie weist darauf hin, dass sie "vorläufig mittelst in abschrift anliegender Verfügung dem Geistlichen [durch den Landrat] haben verbiethen lassen, vor Erlangung einer Weisung von Ewer Hochwürden weder die hergebrachte Ordnung des Gottesdienstes zu ändern, noch zur ungewöhnlichen Zeit die Kirche öffnen oder Leuten zu lassen." Der Generalvikar wird gebeten, die Regierung über die von ihm getroffenen Maßregeln zu informieren.

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


26. Juli 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Landrat: Er soll dem Ortspfarrer W. J. Löhr verbieten, vor Erlangung einer Weisung durch den Generalvikar irgendeine Änderung in der Kirchendienstordnung vorzunehmen, und gleichzeitig den Zustrom weiteren Volks verhindern.

Das Schreiben ist als Abschrift zum o.g. Schreiben der Regierung an den Generalvikar vom 26. Juli erhalten geblieben: Die Regierung habe mit Missfallen gelesen, "daß die Geistlichen zu Zons den Glauben des Volkes an ein Wunderereigniß zu nähren und durch ungewöhnlichen Kirchen-Dienst sowie durch Glockengeläute Zulauf aus andern Gemeinden zu befördern suchen, ehe sie über ein solches Ereigniß bei ihrer geistlichen Behörde sich Belehrung und Weisung erbethen und dieselbe erhalten haben." Der Landrat wird beauftragt, den Geistlichen den Missfallen der Regierung zum Ausdruck zu bringen und "ihnen auf das nachdrücklichste [zu] verbiethen, vor Einlangung einer Weisung von dem General-Vikariate, an welches wir heute geschrieben haben, irgend eine Aenderung in der hergebrachten Ordnung des Kirchendienstes zu treffen oder ferner bestehen zu lassen, die Kirche zur ungewöhnlicher Zeit zu öffnen oder mit den Glocken ungewöhnlich Läuten zu lassen." Die Regierung trägt dem Landrat auf, "auf eine schickliche, jedoch Aufsehen so viel möglich vermeidende Weise, alles Zuströmen des Volks aus benachbarten Gegenden zu verhindern, und über den fernern Verlauf zu berichten."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


27. Juli 1822: Der Generalvikar Fonck macht dem Zonser Pfarrer über den Kantonspfarrer in Dormagen seine Verordnung von diesem Tag bekannt.

Das Schreiben ist erwähnt in einem lat. Schreiben des Generalvikars vom 22. September 1822 und im folgenden Schreiben des Generalvikars an den Landrat vom 27. Juli 1822 (s.u.).


27. Juli 1822: Der Generalvikar Fonck an den Landrat: Er informiert über die von ihm getroffenen Maßnahmen.

per expressen [Schreiben nur im Konzept erhalten]:

"Kann ich zwar die Möglichkeit eines Wunderwerkes nicht in Abrede stellen, so lehret doch die Erfahrung, daß Ernstgläubige Menschen jede Erscheinung, die sie nicht gleich begreifen oder deren Ursache sie nicht sofort ergründen können, als Wunderwerk betrachten, die mithin eines Bessern zu belehren sind. – Unverantwortlich ist es aber, daß Geistliche gegen alle Kirchlichen Verordnungen und bestimmte Gesetze dergleichen Ernstglauben unterstützen und wohl gar den Zulauf befördern. – Ich habe daher eine Verordnung erlassen, wodurch jeder Geistliche, der das vorgebliche Wunder zu Zons als wirklich angiebt und aus dieser Ursache den Zulauf dahin befördert, in Canonische Strafe verfällt, dem Pfarrer aber daselbst bedeutet, nach dem sonst gewöhnlichen morgigen Gottesdienst, der nicht früher noch später als vorhin geschehen darf, die Kirche zu schließen, den Geistlichen oder der sich unterstehen würde, hiergegen zu handeln, mir namentlich anzuzeigen. Auf diese Weise glaube ich allen fernern Misbrauch Einhalt zu thun."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


28. Juli 1822: Der Landrat an den Zonser Bürgermeister Baaden: Er wird "unter persönlicher Verantwortung" beauftragt, über jeden Umstand, wodurch das Wunder bekräftigt und der Zulauf des Volks befördert würde, zu berichten."

Schreiben nicht im Original erhalten, erwähnt im Schreiben des Zonser Bürgermeisters an den Generalvikar vom 13. August (s.u.).


31. Juli 1822: Der Generalvikar informiert die Regierung Düsseldorf über seine Verordnung vom 27. Juli 1822 (erwähnt im Schreiben des Generalvikars vom 22. Oktober 1822 sowie im Schreiben der Regierung Düsseldorf an den Oberpräsidenten vom 24. September 1822; s.u.)


August-Dezember 1822

4. August 1822: Der Zonser Pfarrer W. J. Löhr an den Generalvikar Fonck: Er informiert über die Ereignisse, kritisiert das Verhalten des Landrats und bittet um die Genehmigung zur Abhaltung einer 8-tägigen Andacht.

Der Pfarrer schreibt "in Übereinstimmung des hiesigen Kirchenrathes" und berichtet "auf Ehre und Gewissen" über die Begebenheit: Die Figur sei von dem verstorbenen Kaplan Adam Ankenbrand noch zu seinen Lebzeiten angeschafft worden und "mit dem gewöhnlichen Schmuck gezieret" der Kirche zum Andenken geschenkt worden.

"Bey feyerlichen Tagen, besonders in den Festen der Seeligen Jungfrau Maria, wurde dieses Bildnuß auf den mit vielen Lichtern erleuchteten Hochaltar zur offentlichen Verehrung ausgestellt. Niemanden, weder ein- noch ausheimischen Gläubigen ist eingefallen, in diesem Bilde etwas Ausserordentliches gesehen zu haben. Am 4ten Sonntag nach Pfingsten, auf dem vorgeschriebenen 13-stündiges Gebeth für Seine Heiligkeit dem Pabst Pius dem 7., wurde dieses Bild gewöhnlich geziert auf dem hohen Altar gestellt. Bey der allgemeinen langwierigen Dürre, bey den wüthenden Mäuse-Bissen, welche so wohl die Winter-, als die Sommer-Saaten abbissen, wodurch der Landmann seine letzten Kräften anstrengte, aber alles umsonst. Bey diesem Unglück fühlten meine Pfarrkinder ihre Zuflucht zu Gott zu nehmen. Um diesen Zweck zu erreichen, wurde ich täglich von meinen Pfarrkindern ersucht, eine nachmittägige Andacht, welche bey drückenden Zeiten hier immer Statt hatte, und die in Abbethung eines Rosenkranzes und der Marianischen Littanie besteht, zu halten. Ich ließe also diese nachmittägige Andacht am 9. Julius des Jahres durch meinen Herrn Vikar Brings anfangen und fortsetzen. Bey der Andacht erblickte man, eines Theils in der Krone der Bildnuß der Seeligen Jungfrau Maria, eines Theils abwechselnd in der Krone Jesus einen aufsteigenden hellen Glanz, oder Licht dem Feuer gleich. Dieses zu verschiedenen Zeiten aufsteigende Licht wurde anfänglich dem Wiederschein der brennenden Kerzen und Lampen oder dem Sonnenglanz zugeschrieben. Um sich hiervon zu überzeugen, wurde der aussere Theil der Krone und der innere Theil der beyden Kronen mit Papier umwickelt, ja, sogar innerlich mit Bleyweiß angefüllt, um jeden Schimmer zu verscheuchen; dem ungeachtet wurde das Licht auf den beyden Kronen von einer großen Anzahl der Bethenden und selbst nach erloschenem Lichte gesehen, wie dieses das aufliegende Zeugenuß eines allgemeinen bekannten Mannes näher belehren wird; auch wird hierüber der Hochwürdige Herr Cantons Pastor Spinrath zu Xanten Euer Hochwürdigsten Herrn General-Vicar schriftlich einkommen. Beynebens um uns mehr zu überzeugen, ließe ich das Marie-Bild am Neben-Altar stellen, und dennoch betheuren so wohl einheimische, als ausheimische, und zwar bey einem Eid, das Nämliche gesehen zu haben. Meine Pfarr gieng mit dem Beyspiel der Andacht vor – und die andere Pfarrer folgten, weil die Noth es erheischt. Auffallend ist es mir aber, daß bey Ihnen, dem Hochwürdigsten Herrn General-Vicar, der hiesige Landrath evangelischer Confession mit seiner allzuvoreiliger Einklage über Ausbreitung der Mirakelen eingekommen seye, ohne vorhin sich persönliche Überzeugung eingeholt zu haben, und noch auffallender ist es mir, daß der hiesige oben benannter Landrath unter dem Gottesdienste sich erfrechen dorfte, auf und ab zu spazieren, wodurch meine Pfarrkinder durch sein Hohnlächlen sehr geärgert wurden. Es ist grundloß, daß ein einziger Geistlicher hieselbst die geringste Deutung von Mirakulen weder in – noch ausser der Kirche gemacht hat."

Der Pfarrer wie auch seine beiden Vikare kennten ihre Pflicht, "und treu den Grundsätzen unseres Römisch-Katholischen Glaubens werden wir die unserer Seelsorge anvertraute Glaubige auf den wahren Weg des Heils stets unermüdet seyn zu fuhren." Schließlich bittet der Pfarrer namens der ganzen Pfarre darum, "anstatt einer Kevelarischer Andacht mit Processione Mariam hier 8 Täge die Mutter des Herrn zu verehren, und die Verhaltungsbefehle von Ihrer weisen Einsichten zu erhalten."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


6. August 1822: Der Generalvikar an den Zonser Pfarrer W. J. Löhr: Er bleibt bei seiner Verordnung vom 27. Juli und verbietet die 8-tägige Andacht.

"Wenn auch der Herr Landrath die Geschichte des vorgeblichen Lichtes oder Feuers innerhalb der Krone des Muttergottesbildes hieher geschrieben hatt, dieses ändert nichts in dem Sinne unsers Erlasses vom 27. Julius. Die Königliche Regierung von Düsseldorf hatt selbst den Hergang hieher einberichtet, und so bleibt es gantz bei dem, was wir verordnet haben – welches gantz Canonisch ist. Ihre gefragte 8tägige Andacht zur Ehre der Seeligsten Mutter Gottes in der dortigen Kirche zeugt klar von dem, was sie und ihre Gehülfen von der Ächtheit dieser vorgeblich wunderbaren Geschichte halten, und dieses ist aber eine Ursache, warum ich auf keinen Fall eine besondere Andacht erlaube."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


6. August 1822: Zwischenbericht des Zonser Bürgermeisters Baaden an den Landrat über die weiteren Vorgänge (Schreiben im Bericht des Landrats vom 7. August 1822 erwähnt; s.u.).


6. August 1822: Der Dormagener Chronist J. P. Delhoven berichtet über Prozessionen in Dormagen.

"Auch hier fingen die Bewohner des unteren Dorfes an prozessionsweise auf den Kirchhof zu ziehen; sie gehen siebenmal um die Kirche."

(Rheinische Dorfchronik)


7. August 1822: Der Landrat von Bolschwing an den Generalvikar Fonck: Berichtet, basierend auf einem Bericht des Zonser Bürgermeisters vom Vortag, über die weitere Entwicklung und schlägt die zeitliche Suspendierung von Pfarrer, Vikar und Küster vor.

Der Landrat dankt für die Verfügung des Generalvikars vom 27. Juli und macht, basierend auf einem am Vortag eingegangenen Bericht des Zonser Bürgermeisters Baaden, auf die weitere Entwicklung aufmerksam: Durch das Verhalten des Pfarrers, des Vikars Brings und des Küsters werde das Volk fortwährend im "Wahnglauben" gehalten. Die Sache habe in der Gegend und Umgegend den nachteiligsten Einfluss. Man spreche bereits über Personen, die geheilt zurückgekehrt seien. "Alle jene würdige Geistliche, welche ich über diese Auftritte zu sprechen Gelegenheit hatte, halten ein so leicht inniges Spiel mit religiösen Dingen der Achtung für die Religion selbst sehr schädlich und hegen nur den Wunsch, daß der Sache durch eine ernstliche Maßregel ein Ende gemacht werde." Die Angelegenheit sei so weit gediehen, dass die Schließung der Kirche außerhalb der regulären Zeit nichts mehr bringe: "Die hinströmende Menge wird dadurch nicht zurückgehalten und glaubt, auch wenn das Muttergottesbild einen andern Platz und eine andere Krone erhielte, fest an das, was geschehen seyn soll, weil sie darin in Zons bestärkt wird."

"Bey meiner gestrigen Anwesenheit in Düsseldorf wurde mir von mehrern Mitgliedern der Königlichen Regierung die Bemerkung gemacht, daß am verwichenen Samstage auch von da große Schaaren von Wallfahrern nach Zons gezogen. Da nun … die fortwährende Zunahme des Wunderglaubens hauptsächlich dem Betragen des Pfarrers, des Vicar Brings und des Küster, von welchen die beiden Letztern wohl nur durch Interesse geleitet werden, zugeschrieben werden muß, so halte ich deren Entfernung, um die ganze Sache zu heben, für das einzige Mittel, und gebe es Euer Hochwürden ganz gehorsamst zu beurteilen anheim, ob selbige nicht auf einige Zeit zu suspendieren und durch würdigere Religionsdiener zu ersetzen wären. Eben wird mir die Anzeige wiederholt, daß der Zulauf nach Zons sich mit jedem Tage wieder vermehrt, daß der Herr Pfarrer die Kirche wieder nach wie vor dem Volke den ganzen Tag geöffnet läßt, die nachmittägige Betstunde wieder eingestellt, das Muttergottesbild wieder auf den Hochaltar gebracht hat, und daß am nächsten Sonntage zwey Prozessionen erwartet werden, sowie daß am 15ten currentis, am Tage Mariä Himmelfahrt, ein großes Fest, wie es nie gehalten worden, Statt finden solle. Auch sind gestern wieder fünf Personen in Zons zu Protokoll vernommen worden, welche das Wunder wieder gesehen haben wollen. Nach der Ueberzeugung, die ich mir selbst davon in Gegenwart des Pfarrers geschafft, beruhete das Ganze auf eine optische Täuschung, und es daher die Beharrlichkeit in diesem Wunderglauben nur sträflichen Absichten zugeschrieben werden."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


10. August 1822: Der Dormagener Chronist J. P. Delhoven berichtet weiter über Prozessionen in Dormagen.

"Des Abends versammelt sich das ganze Dorf bey der Prozession. Hunderte Lichte werden dabey umgetragen."

(Rheinische Dorfchronik)


10. August 1822: Aufgrund einer Regierungsverfügung vom 7. August 1822 fordert der Landrat den Kirchenvorstand auf, die Unterlagen zum Kontrakt mit dem Vergolder Kamberger aus Düsseldorf zu übersenden (erwähnt im Schreiben des Kirchenvorstands an den Landrat vom 4. September 1822; s.u.).


12. August 1822: Der Dormagener Chronist J. P. Delhoven berichtet weiter über Prozessionen in Dormagen.

"Der Landrath hat durch den Bürgermeister die Abendsprozession verbiethen lassen und dagegen mittags von 1 bis 2 oder abends von 6 bis 7 vorgeschlagen. Demungeachtet kamen heut Abend beym Dunkel die Unterste aus dem Dorf gebethen. Der Bürgermeister lies durch den Sergeanten verschiedene angeben und entboth solche zu sich aufs Bureau. Da sich aber kein Gesätz vorfindet, welches dergleichen Bethen verbiethet, so gehn die Leuthe in großer Zahl abends Prozession, doch ohne Licht."

(Rheinische Dorfchronik)


13. August 1822: Der Zonser Bürgermeister Baaden an den Generalvikar: Er berichtet ausführlich über die Vorgänge rund um das "Wunder" sowie geschehene Untersuchungen und Gegenmaßnahmen und bittet um Maßnahmen zur Abstellung.

Er berichtet über die Vorgänge: Er sei vom Landrat mit Schreiben vom 28. Juli "unter persönlicher Verantwortung" beauftragt worden, "über jeden Umstand, wodurch das Wunder bekräftigt und der Zulauf des Volks befördert würde, zu berichten." Nach Bekanntgabe des Erlasses des Generalvikars durch den Landrat habe der Zonser Pfarrer das Marienbild auf einen Nebenaltar stellen, anstelle der vergoldeten eine silberne Krone aufsetzen lassen sowie die Kirche außerhalb der gewöhnlichen Morgenandacht nicht mehr geöffnet.

"Den täglich ankommenden Fremden wurde aber das geschene als Wunder angegeben und bekräftigt, wodurch der Zulauf täglich mehr und mehr befördert wurde, weshalb ich mich verpflichtet glaubte, einen Zwischenbericht an Herrn Landrath einzusenden. Am 3ten des Monats wurde die Kirche wieder geöffnet und das Mariabild wieder auf den Hohen Altar gestelt. Am 7ten vernahm ich, daß der Herr Pfarrer ein Schreiben von Euer Hochwürden per expressen gesandt und die Antwort erhalten, daß die Kirche offen und der Gottesdienst könnte gehalten werden, welches gleich allenthalben bekannt gemacht, und der Zulauf des Volks zu befördern sich von allen Seiten bemüht wurde, und zwar, daß Sontag am 11ten einige tausend Menschen processionsweise hinströmten, ebenso hatt man diejenige processionen, welche nach Kevelaer wahlfahrten, zu beraden, daß, anstatt die Landstraße zu folgen, Sie den weg über Zons nehmen, wie zufor bereits geschehen ist."

Der Bürgermeister sehe in den Vorgängen den Leichtglauben unterstützt und den Zulauf des Volks befördert. Er glaube "nicht als Bürgermeister, sondern als Catholischer Crist die Freiheit nehmen zu müssen … gewissenhafte Aufklärung mitzutheilen."

"Ich wohne eine halbe Stunde von Zons, vernahm aber gleich, daß daselbst während der mittägigen Bethstunde einen Glantz in der Crone, womit das Mutter Gottesbild verziert, wäre gesehen worden, welches von vielen als Wunder betrachtet und verbreitet wurde. Anderen Tags befande ich mich in einem auf der Landstraße gelegenen Haus, wo Herr Medicin Doctor Kauhlen, der auch President des Kirchenraths ist, sich befande, von diesem vernahm ich, daß er den Irthum in der Kirche entdeckt, über das in der Crone gesehene Licht eine Untersuchung angestelt, woraus sich ergeben, daß der Glantz in der Crone, in welcher schöne vergoldete Sterne angebracht, von den brennenden Kertzen herrühre. Die Saage hatte sich indessen einmahl verbreitet, und täglich sahe ich mehrere Fremden hingehen. Der Herr Pfarrer besuchte mich während dieser Zeit, ich bate ihn sehr dringend, um das Volck zu überzeugen, müsste er das Bild auf den Chor unten in die Kirche stellen oder anstatt des goldenen eine Silberne Crone aufsetzen, welches er mir auch verspricht, in Zons aber fande er wieder andere Rathsgeber, und das Bild blieb stehen. Den zweyten hierauf folgenden Tag vernahme ich den Beygeordneten, der zugleich Kirchenrendant ist, der mehrmals eine Untersuchung angestelt und sich gewiß überzeugt hatte, daß der Glantz in der Crone von den brennenden Kertzen herrühre, er versicherte mir, um den Glantz zu verhinderen, würde er die Crone mit Farbe anstreichen, welches er auch gethan, und seit dem auch nichts mehr gesehen wurde. Den dritten Tag aber wurde die Crone wieder gesaubert, und die Lichtstrahlen waren wieder gantz hell zu sehen. Während dieser Zeit befande ich mich mit Herrn Landrath und mehrern meiner Collegen wegen einem Geschäft die Steur betreffend in Zons, wir verfügten uns Nachmittag in Begleitung des Herrn Pfarrers, des Vicar Brings, des Küsters und einiger anderen in die Kirche, die Kertzen wurden angezündet, der Beygeordnete zeigte mir eine Stelle, wo das helle in der Crone zu sehen wäre, welches sich auch befunde. Sobald die Kertzen ausgelöscht, war in der Crone das Licht auch verschwunden. Ich bate den Herrn Pfarrer wiederholt, um das Volck zu überzeugen, daß die Erscheinung natürlich, mögte er das Bild auf einen anderen Platz stellen laßen, welches auch hierauf gleich auf einen neben Altar gestelt wurde. Hirmit anderen aber unzufrieden, muste das bild wieder anderen Tags auf den Hohen Altar gestelt werden. Nemlichen tags verfügte ich mich mit Herrn Landrath zu dem Herrn Cantonspfarrer, bate denselben sehr dringend, daß er den Herrn Pfarrer von Zons ernsthaft anhalten, das Volck zu belehren und den entstandenen Irthum als eine Natürliches bekannt zu machen, welcher uns aber erwiederte, daß er dem Herrn Pfarrer nicht gern eingreifen und sich in die Sache nicht mischen, ob zwar es ihm gut bekannt, daß das gantze natürlich wäre. Am 10ten dieses ware ich in Cöllen. Alle, die mich kanten, fragten mich über das Wunder in Zons, weshalb ich den Herrn Dompfarrer vom gantzen in Kentniß zu setzen nicht ermangeln wollte.
Ich bedaure gewiß, ihnen, Hochwürdigster Herr, bemercken zu müssen, daß der Herr Pfarrer, besonders aber der Vicar Brings und der Küster, vieles darzu beigetragen, daß die Sache so weit gekommen. Der Herr Pfarrer ist ein alter frommer, aber durchaus unwissender Mann, der, obzwar andere geistlichen sich bemüht, ihn von dem Irthum zu überzeugen, er dennoch sich von anderen bereden und ihnen Glauben beygemessen habe.
Der Vicar Brings, welcher dem Drunck sehr ergeben, dadurch gantz abgeschwächt, und durchaus keine beurtheilungs kraft besitzt, hat sich besonders bemüht, den Fremden das Wunder zu bekräftigen, und bestätige selbst, in der Capelle zu Sturtzelberg habe ich ihn während der Heiligen Meesse den anwesenden die begebenheit in Zons bekannt machen gehört.
Der Küster, dem gleich im anfang von einem seiner Söhne, welcher sonst in Cöllen studiert, die Probe gemacht worden, daß der Glantz in der Crone von den Kertzen herrührte, triebe es doch, wie mir Herr Kirchenrathspresident und der Schullehrer in Sturtzelberg selbst gesagt, so weit, sich selbst noch zu äusseren, daß er das Licht in der Crone wohl hervorzubringen verstünde.
Mehrere andere, nicht anders als aus intreßen, wohl aber eines anderen überzeugt, haben noch täglich gesucht, den ankommenden Fremden das Wunder zu bekräftigen und dadurch gesucht, den Zulauf zu beförderen."

Der Bürgermeister bittet, "daß Maaßregelen getroffen werden, daß das Volck eines besseren belehrt werde."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


18. August 1822: Der Landrat an den Zonser Pfarrer: Er fordert diesen auf, gemäß der Verordnung des Generalvikars die Kirche außerhalb der gewöhnlichen Zeiten verschlossen zu halten oder ihm andernfalls die gegenteilige Erlaubnis des Generalvikars vorzulegen (im Schreiben des Landrats vom 29. August 1822 erwähnt; s.u.).


18. August 1822: Der Dormagener Chronist J. P. Delhoven berichtet über die weiteren Vorgänge bezüglich der Prozessionen in Dormagen.

"Der Landrath besuchte unsern Pastor und bath denselben, die Pfarrgenossen zu ermahnen, von den Abendsprozessionen abzustehen. Darauf ersuchte der Pfarrer die Leuthe, daß sie doch am Tage gehen möchten, und wenn sie an Sonntagen um 6 Uhr abends wiederkämen, so wollte er eine Litanie und Rosenkranz in der Kirche bethen und auch die Benediction geben. Den ersten Sonntag geschahe das. Weil aber in der Woche wieder späth gegangen wurde, so befahl am folgenden Sonntag der Pastor dem Küster, die Kirche nicht zu öfnen."

(Rheinische Dorfchronik)


23. August 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" (Hamm/Münster) von diesem Tag (Nr. 68) berichtet ein Anonymus über die "Wunder"-Ereignisse und diskutiert sie wissenschaftlich:

"Ueber die Wunder zu Zons am Rhein.
Die ganze Rheingegend spricht von den Wundern zu Zons, welche sich daselbst seit einem Monate zugetragen haben sollen, und wodurch dem Wallfahrtsorte Kevelar einen großen Abbruch geschehen soll.
Aus dem Haupte des Muttergottesbildes zu Zons steigt nämlich ein himmlisches Licht von den schönsten Farben empor, welches nicht alle, sondern nur einige Personen sehen können. Zuerst soll es eine Frau bemerkt haben, und als diese es andern sagte, sahen es mehrere, aber die Mehrzahl in der Kirche konnte es nicht sehen. Die Schaar der Neugierigen wuchs mit jedem Tage so an, daß die Kirche sie nicht mehr fassen konnte, die größte Zahl ging indeß unbefriedigt nach Hause, wogegen Andere behaupteten, das wunderbare Licht gesehen zu haben. Einige Philosophen glaubten, daß unter der Krone des Bildes ein brennender Spiritus verborgen liege. Andere sagten: Zons muß eine neue Kirche haben, wozu die Wallfahrer beitragen sollen, weil der Ort selbst zu arm ist, um die nöthigen Mittel dazu herbeischaffen zu können; allein bei einer desfallsigen Untersuchung fand sich diese Vermuthung unwahr. Das Generalvikariat zu Aachen verlangt eine schärfere Untersuchung, und diejenigen, welche das Licht gesehen haben, werden aufgezeichnet.
Ist es wahr, daß einige Individuen wirklich ein Licht sehen, so hat es damit eine gleiche Bewandniß, wie mit der bekannten Rhabdomantie, wo nach Amoretti’s vieljährigen Beobachtungen der 5te Theil der Menschen Metallfühler sind. Die Krone des Bildes soll nämlich von Eisen seyn, und dieses bewirkt bei Exaltazion und erhöheter tellurischer Thätigkeit des sensitiven Systems auf einzelne Gehirn- und Gangliennerven allerhand Gesichtsbilder in plastischen Gestalten, oder mit andern Worten:
Einige Gehirnnerven bei dem wachenden Menschen befinden sich in dem Zustande des Traums, welche auf die Netzhaut des Auges Kleingemälde bringen, ohne daß ein Objekt dazu nöthig ist. Dieser Zustand, welcher in England das zweite Gesicht genannt wird, kann sich durch eine geistige Atmosphäre auf andere, welche dafür empfänglich sind, übertragen, sogar auch auf Thiere, besonders auf Pferde, wenn ein Seher es reitet, wo dann das Pferd nicht von der Stelle will, wenn der Reiter eine Vision hat. Damit nun die Kirche, und besonders angehende katholische Theologen die wahren Wunder von den tellurischen zu unterscheiden wissen, ist kürzlich eine Schrift erschienen, unter folgendem Titel:
Ueber die Wunder des Christenthums und deren Verhältniß zum thierischen Magnetismus für angehende katholische Theologen. Mainz 1822.
Vom Rhein."


26. August 1822: Der Dormagener Chronist J. P. Delhoven berichtet über die Prozessionen in Dormagen und die Marienfigur in Zons.

"Das Prozessioniren abends hällt an, und die Muttergottes in Zons bekömmt täglich mehr Zulauf. Es wird Silber und Gold daran geschenkt, so daß dem Küster sein großer Sohn des Nachts in der Kirche schlaffen muß."

(Rheinische Dorfchronik)


28. August 1822: Der Zonser Arzt Johann Lingens an den Landrat: Er berichtet über die Exzesse, insbesondere das Fehlverhalten des Küsters, und bittet, auf das Generalvikariat einzuwirken, die Sache zu untersuchen oder alternativ die Marien-Figur ins Pfarrhaus zurückbringen zu lassen.

Schreiben nur als beglaubigte Kopie der Regierung Düsseldorf erhalten: Der Zonser Pfarrer habe die Verordnung des Generalvikars "im mindesten nicht befolgt".

"Da der Unfug und das Scandal hier in Zons anstatt zu vermindern, sich noch immer vermehret, da eine Gährung der Gemüther gegen einige benachbarte Geistlichen, welche den Willen eines Hochwürdigen Bischöflichen Vicariat gemäß die Leichtgläubigen eines Bessern belehren wollen, bereits entstanden ist, so daß man diese Geistlichen mit den allerniedrigsten Schimpfwörtern belegen hört; da diese Gährung sich auf mich und Allediejenigen mit erstreckt, die nur nicht dem Leichtglauben anhängen, und es soweit gekommen ist, daß in Zons und der Umgegend sich fast keiner getrauet, mehr gegen das sogenannte Wunder zu sprechen; so bitte ich Euer Hochwohlgeboren dringend, ein Hochwürdiges Vicariat nochmahlen zu ersuchen, die Sache strenge gemäß einem Beschluße einer Heiligen Trientinischen Kirchen-Versammlungen 25. Session zu untersuchen, oder wenn ein Hochwürdiges General Vicariat dieses nicht für nöthig erachtet, die schleunige Hinwegräumung dieses Bildes ins Pfarrhaus auf seine vorige Stelle gütigst verordnen möge, den ehe und bevor Eins von Beyden nicht geschieht, hört der Zulauf, mithin auch der Unfug nicht auf. Viele benachbarten frommen Geistlichen würden gerne in dieser Hinsicht sich längstens an ein Hochwürdiges General-Vicariat verwendet haben, wenn sie nicht fürchteten, unserm Herrn Cantons-Pfarrer zu Dormagen vorzugreifen, und selbiger scheint als intimer Freund unseres Herrn Pfarrers sich nicht gerne in diese Sache mischen zu wollen. Das Betragen unseres Herrn Pastor gegen den vom Hochwürdigen General-Vicariat erhaltene Verordnung hier zu erörtern würde zu weitläufig fallen. Mit dem Küster ist es so weit gekommen, daß er Leute, welche mit unbefangenem Auge das Bild betrachten und nichts Uebernatürliches erblicken können, selbigen ihre Unwürdigkeit vorwirft und sie zum Gebethe ermahnt, um das Wunder schauen zu können, ja, sein Betragen ist so empörend, daß er einmal bey der hinzuströmenden Menge von Prozessionen, welche von dem Gnaden-Orte Kevelaer alle ihren sonst nicht gewöhnlichen Rückweg über Zons nehmen, die hiesige Einwohner während der Frühmesse zur Kirche hinaus wiß, auch sich gegen den hiesigen Vicarius Herrn Angersbach, der das Wunder nicht will bestätigen helfen, trotzend äußert, daß der Zulauf und daß Miracle zu ewigen Tagen so bleiben würde, wonach selber mir versicherte, wenn ein solches unerlaubtes Scandal nicht balde aufhören würde und ein solches nicht gehörig von einem Hochwürdigen General-Vicariat untersucht, und so diesem Unfug abgeholfen werde, lieber Todt als länger lebendig in Zons zu seyn.
Noch muß ich zum Schlusse bemerken, daß während dieser Zeyt in zwey vollen Monaten an Sonntagen den Kinder keine christlichen Unterricht gegeben worden."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


28. August 1822: Der Landrat an den Zonser Pfarrer: Er fordert ihn erneut auf, sich an die Verordnung des Generalvikars hinsichtlich der Kirchenöffnungszeiten zu halten oder andernfalls die entsprechende gegenteilige Verordnung vorzulegen (erwähnt im Schreiben des Landrats vom 29. August 1822; s.u.).


29. August 1822: Der Landrat von Bolschwing an die Regierung Düsseldorf: Er berichtet über die Zunahme der Prozessionen in Zons und über abendliche Umzüge in Dormagen und Horrem mit Fackeln und Laternen. Er bittet die Regierung, die Abstellung dieser Umzüge zu erwirken bzw. beim Generalvikariat auf die Suspendierung des Zonser Vikars bzw. Pfarrers zu drängen.

"Die Verwirrung in Zons greift immer weiter um sich, und nicht nur die nach Kevelaer hinziehenden, und von da rückkehrenden Wallfahrten, zu dem Umwege über Zons verleitet, sondern täglich und vorzüglich an den Sonntagen, ganze Züge zu Hunderten dahinziehen, von denen wiederum durch die irrige Behauptung, das Wunderlicht gesehen zu haben, noch mehrern aus weiter Entfernung, dahin verleitet werden. Als Ursache solcher Voraussetzung erlaube ich mir anzuführen, wie der den von Kevelaer zurückgekehrten Wallfahrtszug aus Siegburg begleitende Geistliche mit dem ganzen Wallfahrtszuge die Zonser Kirche besucht und dort eine Messe gelesen hat, während derselben von vielen Pilgern das Wunder-Licht vorgeblich gesehen worden ist, die der Geistliche nach seiner darüber gemachten Aeusserung gegen den Cantons-Pfarrer in Dormagen für glaubhafte Leute angegeben hat. Hiernach läßt sich nun erwarten, wie viel Menschen durch diese Leute von dorther dahin zu ziehen veranlaßt werden. Ich selbst habe während meines Aufenthalts in den Tagen der Cantonal-Versammlung in Dormagen mehrere Pilger auf dem Wege von Zons nach Dormagen begegnet, die ich ansprach und sie fragte, ob sie das dortige Wunder gesehen hätten, welches mir größtentheils bejahend, mit der Bemerkung beantwortet wurde, daß es der eine mehr, der andere weniger gesehen habe.
Wie auf alle mögliche Weise von dem alten, schwachen Pfarrer und von dem in aller Beziehung unmoralischen Vicarius Brings dahin gestrebt wird, den Glauben an das vorgebliche Wunder zu verbreiten, darüber darf ich nur antworten, daß, nachdem das Mutter-Gottes-Bild vom Hochaltar abgenommen und auf einen der Seiten-Altäre gesetzt war, solches nach wenigen Tagen wieder auf seinen Platz auf dem Hochaltare gestellt ist. Auch ist demselben die silberne Krone mit den vergoldeten Sternen wiederumb aufgesezt worden, nachdem einige Tage eine Verwechselung mit einer andern weniger glänzenden Krone geschehen war, und diese Krone an einem Morgen herunter gefallen, zu den Füßen des Mutter-Gottes-Bildes gefunden ist. Zum Beweis, was für Ranke und Schwanke man braucht, um die Leute zum größern Aberglauben zu verleiten, dient der in voriger Woche Statt gehabte Vorfall, zu dem eine Verwandte des verstorbenen Vicarius Ankerbrandt in Zons, von dem dieses Mutter-Gottes-Bild der Kirche geschenkt worden ist, sich hat brauchen lassen, indem solche vorgiebt, während ihres Gebets nicht nur die Flamme aus der Krone hervorleuchten, sondern auch aus dem Herzen derselben einen Lichtstrahl, und um den Altar ihren verstorbenen Oheim herum gehen gesehen zu haben, worüber sie sich so übertrieben geberdet, daß sie in einer anscheinenden Ohnmacht herausgetragen ist. Nach diesem vorgeblichen Ereigniß nimmt, wie der Bürgermeister meldet, das Zuströmen des Volkes noch mehr zu, und es sind am vorigen Sonntage einige Tausend fremde Leute in Wallfahrts-Zügen von verschiedener Zahl dort eingetroffen, weshalb der Bürgermeister darauf drängt, daß eine Commission vom General-Vicariat hingeschickt werden möge, um sich von der Täuschung mit dem vorgeblichen Wunder zu überführen. Weil mir vom Bürgermeister in einem frühern Bericht vor 14 Tagen gemeldet wurde, daß die Kirche stets offen stünde und ungewöhnlicher Gottes-Dienst darin gehalten würde, so forderte ich den Pfarrer durch ein Schreiben vom 18ten dieses Monats auf, wenn er vom General-Vicariate eine andere Instruction als jene, die ihn verpflichtete, die Kirche ausser dem gewöhnlichen morgigen Gottesdienst verschlossen zu halten, erhalten hätte, mir solche mitzuteilen, andernfalls aber den erwähnten Befehl genau zu befolgen; hierauf blieb ich ohne Antwort. Ich sah mich dadurch gestern veranlaßt, ihn durch Zusendung des Kreisboten nochmals schriftlich aufzufordern, meiner Aufforderung zu entsprechen, und erhielt die ganz gehorsamst angeschlossene Antwort, worin er vorgiebt, dass ausser dem gewöhnlichen Gottesdienste kein anderer in dortiger Kirche Statt habe, und daß die Kirche nur für Personen von Distintion geöffnet wird, die den Eintritt in derselben begehren. Bey Einhändigung dieses Schreibens zeigt mir aber der Kreisbote ganz im Gegentheil des Inhalts dieses Schreibens an, daß von einer Sodalität in Dusseldorf ein Trupp von etwa 30 Personen und noch andere Trupps von Weslingen und Königswinter in dortiger Kirche zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittag Andacht gehalten, worauf von dem Pfarrer mit dem Ciborium der Segen erteilt worden wäre. Ueber diese Aussage des Kreisboten habe ich ein Protokoll aufnehmen lassen, das ich ebenfalls abschriftlich hier ganz gehorsamst beifüge. Dieses bestätigt mit aller Zuverläßigkeit die von dem Bürgermeister von Zons und von mehrern Personen in der dortigen Gegend mir gemachte Anzeige, daß fast täglich ausser den gewöhnlichen morgigen Messen ausserordentlicher Gottes-Dienst gehalten und allen ankomenden Trupps die Kirche zur Verrichtung ihrer Andacht geöffnet wird.
Unverzeilich ist es, daß der Pfarrer und der Kirchen-Vorstand, den er nach der Anzeige des Kreisboten nach Empfang meines Schreibens versammlet hat, sich solcher Unwahrheit in seinem Antwortschreiben erlaubt hat, denn wenn ich dieses Antwortschreiben mit andern vom Pfarrer erhaltenen Schreiben vergleiche, so ist es nicht zu verkennen, daß er sich einer Hülfe zur Abfassung dieses Antwortschreibens bedient hat. Ohne Zweifel ist solches nach dem Beschlusse des Kirchen-Vorstandes von demselben entworfen.
Einer Königlichen Hochlöblichen Regierung muß ich noch … anzeigen, daß seit dem vergangenen Wunder nicht nur in Zons, sondern auch in den nächsten Dörfern, z.B. Dormagen und Horm, fast täglich am Abend von 9 bis 10 Uhr Umgänge nach den heiligen Kreutzen und Heiligen-Bilder in den Feldern von mehrern hundert Personen mit Laternen unternommen werden. Es geschah dieses sogar in Dormagen mit brennenden Kerzen, ohne Laternen, wodurch ich mich veranlaßt fand, dem dortigen Bürgermeister aufzugeben, solche Umgange am Abend nach Sonnen-Untergang zu verbieten und dabey anzudeuten, daß, wer sich die Mitnahme von brennenden Kerzen mit oder ohne Laterne erlaubt, in Polizey-Strafe genommen würde; dabey sollte er aber bemerken, daß es Jedermann unbenommen sey, am Tage allein oder in einem Umgangszuge sein Gebet zu verrichten, wo er es für gut befindet. Nichts destoweniger und ohnerachtet der Bürgermeister eine solche Bekanntmachung erlaßen hatte, wurden während meines Dortseins in Dormagen am Mittwoch und Freitag in voriger Woche Umgänge von mehr denn 3 bis 400 Personen, alt und jung und Kinder, gehalten, die um 9 Uhr Abends ausgezogen und, mit einer Menge Laternen versehen, das heilige Kreutz vortragend, durch das Dorf ins Feld zogen und nach 10 Uhr allererst zurückkehrten. Um nicht zu Auftritten, die von üblen Folgen seyn könnten, Veranlaßung zu geben, unterließ ich es, diese Umgangszüge aufzuhalten und nach Hause zu schicken, verfügte mich jedoch am Samstag zu dem dortigen Pfarrer und ersuchte ihn, durch Vorstellungen und Ermahnungen die Bewohner von solchen Umgängen am Abend zurückzuhalten, erhielt von demselben aber die Antwort, daß, weil es die Pflicht der Seelsorger sey, die Leute zum Gebet zu ermahnen und aufzufordern, er nicht ermächtigt zu seyn glaube, solche Umgänge zu verbieten, auch sucht er die Mitnahme von Laternen auf alle Art zu entschuldigen, worauf ich ihm erwiderte, daß dieses von Polizey wegen durchaus nicht gestattet werden könne, und wenn er es nicht zu verhindern suchen würde, so würde ich die Königliche Regierung davon die schuldige Anzeige machen. Dieses bewog ihn endlich zu der Zusage, am folgenden Sonntage meinem Wunsche Genüge zu leisten. Inzwischen versprach ich mir davon nicht den zu wünschenden Erfolg, weil ich Ursache zu vermuthen habe, daß der Pfarrer, weil er entweder aus Furcht für eine dadurch zu veranlaßende üble Stimmung gegen sich oder aus befangener unrichtiger Meinung nicht mit dem Ernste und Nachdruck sich der Sache angelegen seyn lassen würde, wie es Noth thut …"

Der Landrat sieht in den Umzügen verschiedene Gefahren: Aufgrund der Teilnehmeranzahl sei es wahrscheinlich, dass in vielen Haushaltungen nur Kinder, Kranke und nicht selbstständige kranke Personen zurückblieben, die gegen gewalttätige Diebstähle hilflos seien. Auch seien durch das Feuer Unglücksfälle zu befürchten. Drittens stünden die in den Feldern Umziehenden bei einem Feuer im Ort nicht rechtzeitig zur Stelle, um zu löschen. Durch die Mitnahme von Laternen könne viertens in den Häusern selbst oder im Dorf durch Ungeschicklichkeit oder Unachtsamkeit Feuer entstehen. "In Zons soll es sich mit solchen Umzügen eben so verhalten." Der Landrat bittet die Regierung, durch entsprechende Verordnungen unter Strafandrohung derartige Umzüge zu verbieten sowie auf das Generalvikariat einzuwirken, den Pfarrer zu verpflichten, "mit allem Nachdruck" dagegen zu wirken sowie solche Umzüge nach Sonnenuntergang zu verbieten. Ferner solle das Generalvikariat gebeten werden, weitere Maßregeln hinsichtlich des Zonser Wunders zu treffen, "wozu es am zweckmäßigsten seyn würde, den Vicarius Brings zu entsetzen und den Pfarrer auf einige Zeit zu suspendieren oder auch zu versetzen.

Eine von dem Arzte Lingens mir nach dem Schlusse dieses ganz gehorsamsten Berichtes noch zugegangene Vorstellung gebe ich mir die Ehre, in Original ebenfalls hier anzuschliessen."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


29. August 1822: Protokoll über die Beobachtungen des Kreisboten Niesen am 28. August in der Zonser Kirche.

Schreiben nur als beglaubigte Kopie erhalten:

"Bey meiner Ankunft in Zons konnte es ungefähr halb 3 Uhr nachmittags seyn. Der Herr Pastor kam gerade aus der Kirche, als ich zu ihm gehen wollte. Ich gieng ihm nach und gab ihm den Brief von dem Herrn Landrath, worauf er mir sagte, ich sollte etwas warten. Ich gieng darauf in die Kirche und fand eine Anzahl von 20 bis 30 Personen, welche von Dusseldorf dahin gekommen waren und zu der Sodalität in Düsseldorf gehörten, mit Singen und Beten beschäftigt. Als diese ihr Gebet verrichtet, giengen sie einzeln um den Altar zum Opfer und dann wieder zur Kirche heraus. Den Zuchthaus-Verwalter Denz von Dusseldorf kannte ich persönlich. Auch gesellte sich ein Mann aus Hamm bey Dusseldorf zu mir, den ich frug, was der Herr Pastor in der Kirche gemacht habe, worauf er mir sagte, der habe mit dem Ciborium den Segen gegeben.
Es fanden sich nachher noch mehrere Personen ein, welche in die Kirche gehen wollten. Der Küster wollte dieses erst nicht zugeben, als aber die Leute sagten, sie wären so weit hergekommen, einige aus ihnen wären von Wesslingen und von Königswinter, ließ er sie herein und schloß die Thüre hinter ihnen zu.
Der Herr Pastor ließ, als ich angekommen war, den Kirchen-Vorstand zusammen berufen und gab mir, nachdem er mit diesem sich berathen hatte, die Antwort mit."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


29. August 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Generalvikar Fonck: Er möge den Dormagener Kantonspfarrer beauftragen, das Bild aus der Kirche zu entfernen und verschlossen zu halten.

Die Verordnung des Generalvikars habe nicht den erhofften Erfolg gebracht. Der Zulauf habe zugenommen, und die Geistlichen hielten sich nicht an die Verordnung.

"Der Ruf des Wunders verbreitet sich täglich weiter, und mit Bedauern müssen wir sehen, wie eine Menge Menschen und unter diesen Familienväter und Mütter, die ihrem Hauswesen unentbehrlich sind, von dem Rufe des angeblichen Wunders verleitet, aus fernen Gegenden scharenweise nach Zons ziehen und ihre theuersten Pflichten darüber vernachläßigen."

Das Marienbild sei nach Recherchen der Regierung von dem vor 6 Jahren verstorbenen Vikar Ankenbrandt der Kirche geschenkt und erst seit einiger Zeit an hohen Festtagen auf den Altar gestellt worden. Der Pfarrer sei vergebens gebeten worden, das Bild vom Altar wegzunehmen und verschlossen zu halten,

"bis von Ewer Hochwürden nähere Entscheidung über dasselbe eintreffen würde. Er hat sich dessen geweigert, mit dem Zusatze, daß ihm von Ewer Hochwürden über die Wegnahme des Bildes nichts bemerkt sei. Er wird hierin durch den Vikar Brings unterstützt, und beide Geistlichen behaupten fest, das Wunder selbst gesehen zu haben. Der Vikar Brings hat sogar von mehr als hundert Zeugen sich schriftlich Bescheinigung über die Wahrnehmung des Wunders ausstellen laßen.
Von gütlicher Warnung und Belehrung erwarten wir unter diesen Umständen keinen Erfolg. Das sicherste Mittel, dem Unfuge zu steuern, ist nach unserer Ansicht, wenn das Bild weggenommen und verschlossen würde. Da sich aber weder von dem Pfarrer in Zons, noch von dem Vikar Brings erwarten läßt, daß sie den deshalb zu ertheilenden Vorschriften treu nachkommen würden, so ersuchen wir Ewer Hochwürden, den Kantons-Pfarrer zu Dormagen schleunigst mit der Ausführung gefällig zu beauftragen und uns deshalb zu benachrichtigen."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


1. September 1822: Der Neußer Landrat an den Kirchenvorstand: Er erinnert an die Regierungsverfügung vom 7. August 1822, wonach die Unterlagen zum Kontrakt mit dem Vergolder Kamberger zu übersenden sind. [erwähnt im Schreiben des Landrats an die Regierung vom 9. September 1822, s.u.; LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


4. September 1822: Der Zonser Bürgermeister Baaden an den Generalvikar: Er berichtet über eine größere Zusammenkunft an der Madonna am 25. August und bittet den Generalvikar, auf die Abstellung der Bewegung zu wirken.

Der Bürgermeister berichtet,

"daß der größte Unfug und Scandal für unsere Religion bisheren ruhig und ungestört fortbetrieben wird. Seit der von Euer Hochwürden erlassenen Verordnung wurde dem Muttergottes-Bild eine alte Krone aufgesetzt. Aus mehreren hundert Versammelten wollten zuweilen, meistens Kinder, einen Glanz, andere einen Rauch gesehen haben.
Da es bekannt war, daß am Sonntag, den 25ten August viele Fremden hinkommen würden, so wurde, um das Wunder wieder sehend zu machen, dem St. Maria-Bild die erste glenzende Krone wieder aufgesetzt. Die viele Tausend anwesenden Fremden, welche alle den Glanz in der Krone sahen, gingen meist mit dem Glauben davon, ein Wunder gesehen zu haben. Montag oder Dienstag derauf wurde wieder die alte Krone aufgesetzt. Dieses glaube ich mit Recht ein Unfugtreiben nennen zu dürfen.
Der Herr Pfarrer und Herr Vicar Brings ermangeln nicht, diesen Glanz als Wunder zu bestätigen, die meisten Einwohner aus Interressen suchen ebenfals das Ihrige dazu beizutragen." Der Bürgermeister bittet, "dahin hochgefälligst zu verordnen, daß der Unfug einmal gestört und dadurch dem Wunsche aller benachbarten Geistlichen und guten Katholiken entsprochen werden."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


4. September 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Generalvikar Fonck: Sie bittet, Maßregeln gegen Pfarrer und Vikar zu treffen und die Abstellung der nächtlichen Umzüge zu den Kreuzen zu erwirken.

Übersendet den Bericht des Neußer Landrats vom 29. August (s.o.) und in Abschrift die Schreiben vom 28. und 29. August (s.o.). Die beiden Zonser Geistlichen (Pfarrer und Vikar) kommen demnach den gegebenen Weisungen nicht nach, wodurch Maßregeln gegen dieselben genommen werden müssten. Zusätzlich zu den Bitten der Regierung vom 29. August (s.o.) sei dies ebenfalls notwendig. Die Regierung bittet, über die Art der Zurechtweisung der beiden zu informieren.

Ferner bittet die Regierung, auf die Abstellung der abendlichen Umzuge zu den Kreuzen zu wirken:

"Wir werden zwar die nöthigen polizeylichen Maßregeln anordnen, allein angenehmer wird es uns doch seyn, wenn das Volk mittelst Ermahnung von Seite der Pfarrer bewogen wird, von solchen, die bürgerliche Ruhe und Ordnung störenden Schritten abzulassen, als wenn dieses durch strenge Verfügungen erzwungen werden muß.
Einer baldigen [Wort unterstrichen] gefälligen Benachrichtigung sehen wir auch hierüber entgegen."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


4. September 1822: Der Kirchenvorstand an den Landrat: Er weigert sich, der Regierungsverfügung vom 7. August 1822 (s.o.) um Aushändigung der Unterlagen zum Kontrakt mit dem Vergolder Kamberger aus Düsseldorf nachzukommen, ohne die Beweggründe zu erfahren.

"Auf Euer Hochwohlgeboren Zuschriften vom 10. vorigen und 1. dieses Monats hat der hiesige Kirchen-Vorstand, sich auf das Kayserliche Decret vom 30. December 1809 und die hohe Regierungs-Verfügung vom 13. Februar vorigen Jahres beziehend, zu erwiedern, daß nach denen in erwähnten Gesetze und Verfügung enthaltenen allgemeinen Bestimmungen die Kirchen-Vorstände der lincken Rhein-Seite nur zur Einsendung der Jahres-Rechnungen verpflichtet sind und von einer Einsendung der Budgets nirgendwo eine Vorschrift vorfindlich ist.
Wenn eine Hohe Regierung diesenthalb mit uns durch Special-Verfügung vom 7. vorigen Monats eine Ausnahme zu machen für gut befunden hat, so kan dieselbe nur durch überwiegende Gründe dazu bewogen worden seyn, und wünschenswerth muss es daher für den hießigen Kirchen-Vorstand seyn, dieße Gründe vorerst kennen zu lernen.
Ehe der Kirchen-Vorstand einer so aussergewöhnlichen Aufforderung nachkommen kan, muß sich derselbe vorher bey der ihm unmittelbar vorstehenden Behörde, dem Hochwürdigen General-Vicariat in Aachen, Raths erhalten."

Das Schreiben ist vom gesamten Kirchenvorstand unterschrieben.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


9. September 1822: Der Landrat an die Regierung Düsseldorf: Er habe gemäß der Regierungsverfügung vom 7. August 1822 den Kirchenvorstand aufgefordert, den Vertrag mit dem Vergolder Kamberger aus Düsseldorf über die Fertigung neuer Altäre auszuhändigen. Dieser habe darauf zunächst nicht und dann überraschend reagiert.

Auf die Aufforderung habe der Landrat zunächst keine Antwort erhalten. Er habe daher am 1. September nochmals dringend in der Sache erinnert. Hierauf habe er die angefügte Antwort erhalten,

"welche mich in nicht geringers Erstaunen setzt. Ich muß gestehen, daß ich mir die darin herrschende Sprache nicht erklären kann, und der Kirchen-Vorstand von Zons von allen übrigen eine Ausnahme zu machen scheint, indem er einer ihm bekannt gemachten Verfügung der Königlichen Hochlöblichen Regierung nur dann zu genügen für gut befindet, wenn Hochdieselbe ihm vorher Rechenschaft über die Motive gegeben, welche solche veranlaßt haben."

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


10. September 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" von diesem Tag (Nr. 73) befasst sich der Anonymus aus Ausgabe Nr. 68 vom 23. August 1822 (s.o.) weiter kritisch mit dem Wunder:

"Meine Erklärung der Wunder zu Zons durch die Rhabdomantie muß ich wieder zurücknehmen, weil sich die Ursache davon auf eine andere Art gefunden hat.
Das Mutter Gottesbild steht auf dem Altare mit einer Krone von fein polirtem Silber; es trägt außerdem noch 6 konvexe silberne Schilder oder Herzen auf der Brust, worin sich ein an der Mauer stehendes großes Wachslicht, in Verbindung mit den Altarslichtern spiegelt. Die Stralen dieser verschiedenen Lichter fallen auf die Krone und auf die Schilder nach verschiedenen Winkeln ein, so daß sie, ineinanderspiegelnd, über der Krone für denjenigen einen Glanz hervorbringen, welcher seinen Standpunkt in der Kirche auf denjenigen Winkel gefunden hat, wohin die Stralen der Krone zurückgeworfen werden.
Der Landrath und der Ortsbürgermeister, nebst noch 2 andern Bürgermeistern aus den benachbarten Oertern, welche auf verschiedene Standpunkte das wunderbare Licht in der Kirche gewahr wurden, ließen die Lichter löschen und gleich war das Wunder verschwunden, wurden sie aber wieder angezündet, so fand es sich wieder ein.
Der Ortsbürgermeister, ein aufgeklärter Katholik, ließ die Krone mit Oelfarbe überstreichen, um den Leuten den Aberglauben zu benehmen, allein die Farbe war bald wieder verschwunden; gegenwärtig hat man auf das Haupt des Bildes eine eiserne Krone mit Perlen gesetzt, wodurch der Glanz verschwunden seyn soll; und obgleich die benachbarten Geistlichen ihre Gemeinden von den Kanzeln ernstlich ermahnen, sich nicht durch Täuschungen zum Wallfahrten nach Zons verleiten zu lassen, bis die geistlichen Obern darüber entschieden hätten: so wird doch im Ganzen damit wenig ausgerichtet, indem noch täglich zahlreiche Prozessionen dahin wallfahrten.
Zons, mit seinen schönen Thürmchen und Festungswerken im Viereck gebaut, war schon zu den Römerzeiten vorhanden. Unter dem Churfürsten von Köln war der Rheinzoll dahin gelegt, der Rhein hat sich davon getrennt und die Chaussee von Neuß nach Köln liegt eine Viertelstunde davon, daher den armen Bewohnern ein Mirakelbild sehr zu gönnen wäre, wenn dadurch die Pilger abgehalten würden, nach den entfernten Bildern zu Kevelar, Trier, Walddüren bei Aschaffenburg etc. zu gehen.
Einige wollen behaupten, daß Zons durch die verlornen Land- und Wasserstraßen, Zölle und Besatzungen etc. so arm geworden sey, daß, wenn man es wie eine Tasche umdrehen könne, keine 5 Reichsthaler daraus fallen würden; jetzt gewinne es durch die Mirakel in einem Tage mehr, als sonst in einem ganzen Jahre. Auch soll ein Knabe in der Kirche zu seinem Vater gesagt haben: Ihr sehet ja, Vater, daß es kein Wunder ist, weil die Lichter den Glanz hervorbringen; worauf aber der Vater zornig geantwortet: Schweig Junge! es soll ein Wunder seyn!
Der ehemalige bergische Statthalter Graf v. Goltstein ließ das Wallfahrten nach entfernten Bildern strenge verbieten, mit der Ausnahme, daß die Pilger nicht weiter bis nach Hardenberg gehen durften, um am nämlichen Tage wieder zu Hause seyn zu können."


14. September 1822: Protokoll eines Verhörs des Vikars Angersbach durch den Landrat: Der Kirchenvorstand habe auf diesen gegen seine Überzeugung eingewirkt, in der Kirche für die Auswärtigen Beichte zu hören. Am Abend des 8. September wurde Zons für einen Umzug illuminiert, dabei durch mehrere befestigte Kerzen seine Haustür beschädigt.

Schreiben nur in Abschrift erhalten, durch den Landrat gesandt an den Generalvikar mit dem Schreiben vom 8. Oktober (s.u.):

"Durch einen amtlichen Bericht davon benachrichtigt, daß am vergangenen Sontag, den 8ten des Monats, nach dem einige tausend Menschen von jener Seite und aus entfernter Gegend hierher geströmt waren, um das angebliche Wunder in hiesiger Kirche zu sehen und zu vernehmen, die gesammten Häuser in hiesiger Stadt illuminiert gewesen, wovon sich lediglich ausgeschlossen haben der Herr Vicarius Angersbach und der pracktische Arzt Lingens, und daß man bey der an diesem Abend stattgehabten Prozession von der ganzen Bevölkerung dieses Ortes dem Herrn Vicarius Angersbach und dem genannten Lingens Lichter an Thür und Fenstern angeheftet, durch welche würklich an einigen Stellen das in Berührung mit den Lichtern gewesene Holz von den Thüren und Fenstern dieser Häuser Feuer gefangen haben soll, veranlaßt, verfügte der unterzeichnete Landrath sich hierher, um den Herrn Vicarius Angersbach hierüber zu vernehmen und sich von dem corpus delicti zu überzeugen. Es fand sich unterzeichneter Landrath zu diesem Behuf bey dem Herrn Vicarius Angersbach ein und ersuchte ihn, alles dasjenige, was ihm seit der Verbreitung von dem vorgeblichen Wunder bekannt sey, offen und freimüthig zum Protocoll zu geben. Hierauf erklärt derselbe Folgendes:
Ich heiße Jacob Angersbach, bin 66 Jahre alt, war im ehemaligen hiesigen Franciscaner-Kloster Geistlicher und bekleide seit 26 Jahren die Stelle des ersten Vicarius allhier. Durch wessen Erfindung oder Veranlaßung sich das Gerücht von der Wunder-Erscheinung … verbreitet hat, ist mir unbekannt. Ich habe sowohl dieses Gerücht als auch alles, was dadurch veranlaßt und geschehen ist, verabscheut und es sehr gehaßt, daß meine hiesigen Herren Amtsbrüder sich damit abgegeben und eine Reflecktion von den Lichtern als ein Wunder verbreitet haben. Um an diesem Unfug keinen Theil zu nehmen und auch deshalb in keinen Verdacht zu gerathen, habe ich mich von jedem dadurch veranlaßten Gottesdienst zurückgezogen und mich lediglich auf den Dienst beschränkt, der meiner Amtspflicht obliegt. Damit unzufrieden, daß ich mich von dem Beichtstuhl, der von der zuströmenden Menge, die das angebliche Wunder hierher gezogen haben, in Anspruch genommen wurde, zurückzog, wurde ich am 5ten des Monats von dem hiesigen Kirchen-Raths-Präsident vor den versammelten Kirchenrath vorgeladen. Als ich vor demselben erschien, redete mich der Herr Präsident an, ich sey vor den Kirchenrath vorgeladen, um mich zu erklären, ob ich denenjenigen Fremden, die sich hier einfinden, Beichtsitzen wolle; nach ihm nahm der Herr Mathias Schmitz, Mitglied vom Kirchenrath, das Wort und bedeutete mir, daß von dem Hochwürdigen General-Vicariat die Verfügung eingegangen sey, mit der Andacht und Gottesdienst fortzufahren wie es bisher geschehen sey, daß ich also verpflichtet wäre, dem Pfarrer und dem zweiten Vicarius in der Beichte gehörig zu assistieren. Zulezt nahm der Herr Pfarrer das Wort und erklärte mir, ich müste Beicht sitzen und alle Kirchendienste so gut wie er und der andere Vicarius verrichten, und wenn ich mich dazu nicht verstehen wollte, so würde ich abgesetzt werden. Nachdem ich mich gegen denselben ernstlich aussprach und von ihm verlangte, mir die Verordnungen vorzuweisen, die an ihn von dem hochwürdigen General-Vicariat eingegangen wären, und ihm erklärte, alsdenn alles aufs theuerste und gehorsamste zu erfüllen, ihm aber auch zugleich äusserte, daß, bevor ich auf solche Weise nicht zu andern Pflichten verbündlich gemacht, ich mich lediglich an der von dem hochwürdigen General-Vicariat erlaßenen Verordnung halten würde, alles zu vermeiden, wodurch der Glaube an das vorgebliche Wunder in hiesiger Kirche bestärkt werden kann, aus diesem Grunde es denn auch wieder das Verboth vom General-Vicariat sein würde, wenn ich jenen Leuten Beicht sitzen wollte, die, um dasselbe anzuerkennen, hierhien gekommen sind. Hierauf gerieht der Pfarrer in ausserordentlichen Eiffer und verlangte von mir, ihm als meinen vorgesetzten Pfarrer zu gehorchen, auch versicherte er mir zugleich, daß er bey Gelegenheit der Einweihung der Kirche zu Benrath, vom dabey fungirenden Weihbischofe, vom Dechant und mehrern sehr achtbaren Geistlichen die größte Zufriedenheit über sein benehmen, das hier sich ereignete Wunder betreffend, und alle Lobsprüche vernommen und erhalten hätte. Hierdurch wurde ich augenblicklich verwirth in meinem gefaßten Grundsatze, und ich gestehe, daß ich mich von dem Gedanken befangen ließ, daß, wenn die hohe Geistlichkeit mit dem Glauben an dieses Wunder einverstanden sey, ich meinen Wiederspruch ohnmöglich durchsetzen könne. In dieser Schwachheit versprach ich, Beichte sitzen zu wollen. Als ich aber nach Hause kam, fühlte ich, wie leicht ich mich hatte verleiten laßen, und fand mich bewogen, dem Küster den Auftrag zu geben, dem Pfarrer und dem Kirchen-Vorstande zu eröfnen, daß ich über den vortägigen Vorfall an das General-Vicariat berichten und vor dem Eingange der Antwort von demselben nicht Beicht sitzen würde. Wie ich denn auch würklich deshalb dem hochwürdigen General-Vicariat meinen Bericht erstattet habe, darüber aber bis heute noch nicht beschieden bin. Von jenem Tage bis zum vergangenen Sontag, den 8ten des Monats, bin ich in dieser Angelegenheit nicht weiter beunruhigt worden. Am verwichenen Sontag, als am Tage Mariä Geburth, war es über alle Beschreibung zahlreich an Menschen, alle drey Beichtstühle waren bis beinahe zur Hohen-Messe beschäftigt. Ich mußte in dem meinigen auch sitzen, weil hiesige Einwohner denselben in Ansprach nahmen. Am Abend würden, ohne daß ich davon etwas gewahr wurde, alle Häuser illuminirt, und auf der Straße vor den Wirthshäusern blumen-Girlanden, Kränze und Krohnen ausgehangen. Ich nahm von diesem allen keine Notiz und legte mich zu bette. Um die Zeit zwischen 8 und 9 Uhr Abends ist, wie ich am andern Morgen erfuhr, eine Prozession von allen Einwohnern und den hier noch anwesenden Fremden in allen Gassen bethend und singend herum gezogen, vor meinem Hause hat man besonders laut gebethet und gesungen und den Mangel der Illumination an demselben durch mehrere Lichter, die an den Fenstern und an den Thüren angeklebt sind, zu ersetzen gesucht. Das dieses geschehen ist, davon ist noch der Beweis an der Haus-Thür, indem zwey der daran angeklebten Lichter an der Thür zu brennen angefangen haben. – Ein mehreres erklärte Herr Vicarius Angersbach, in betref seiner Persohn anzugeben nicht zu wissen, wenngleich eine Menge von Menschen aus entfernten Gegenden einzeln und in Prozessionen ankommen, um dem Specktakel in betreff des vorgeblichen Wunders vermehren, von denen aber sehr reichlich geopfert wird. Auch bemüht sich der Vicarius Brings, durch Reden in den Predigten, die er bey der Abend-Andacht auf dem Kirchhof hält, den Glauben an dieses Wunder mehr und mehr zu verbreiten. Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.
gezeichnet Jacob Angersbach, Vicar.
Auf die obige Anzeige, daß die am Sontag, den 8ten des Monats an der Hausthür des Vicarius Angersbach angeklebten Lichte das Holz gezündet haben, wurde solche von dem unterzeichneten Landrath selbst untersucht und die Angabe für richtig befunden, indem an der linken Flügel-Thür drey Zoll von dem äussern Saumteile ein starker Einbrand befindlich ist, der einen halben viertel Zoll tief ins Holz gegriffen hat und noch tiefer eingedrungen wäre, wenn solches nicht ein Nagel-Kopf von der Größe eines vierpfennigstückes verhindert hätte, ein zweiten Einbrand ist drey Zoll noch weiter nach dem Thürpfahl, der aber nicht so tief eingegriffen hat; übrigens ist durch die Unschlitt-Flecken und Ueberreste der Beweis augensichtlich, daß die Haus-Thür und die Fenstern mit mehreren Lichten von aussen besetzt gewesen sind."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


14. September 1822: Die Regierung Düsseldorf informiert den Generalvikar darüber, dass die von ihm getroffenen Maßnahmen nicht wirkungsvoll seien (Schreiben erwähnt in einem Schreiben des Generalvikars vom 22. Oktober 1822; s.u.).


18. September 1822: Die Regierung Düsseldorf schreibt an den Landrat in der Angelegenheit des Kontrakts mit Kamberger.

Die Regierung verfügt aufgrund des landrätlichen Berichts vom 9. September 1822 (s.o.), der Kirchenvorstand solle nochmals aufgefordert werden, die erforderlichen Unterlagen beizubringen. Wenn er dieser Aufforderung nicht nachkomme, solle er mittels "Execution" dazu angehalten werden. Da es scheine, dass die Verwaltung des Kirchenvermögens unordentlich geführt werde, solle auch überprüft werden, ob Urkunden und Lagerbücher vorschriftsgemäß geführt und gelagert werden, die Verpachtungen regelmäßig vorgenommen werden und der Kirchenvorstand in der Vergangenheit gemäß den Vorschriften jährlich teilweise neu gewählt worden ist. Die Regierung erwarte den Bericht in 14 Tagen. - Erst mit Schreiben vom 16. April 1823 konnte der Landrat die geforderten Unterlagen schicken (s.u.).

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


20. September 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" von diesem Tag (Nr. 76) befasst sich ein Anonymus weiter kritisch mit dem Wunder:

"’Parturiunt montes, nascitur ridiculus mus!’ [korrekt: "Parturient montes, nascetur ridiculus mus." = Die Berge liegen in den Wehen. Es wird eine lächerliche Maus geboren werden (Horaz, ars poetica).]
Es ist eine traurige Erscheinung unserer Zeit, die Sucht nach dem Wunderbaren, und darum sollte Jeder billig sich hüten, zu übersinnlichen Erklärungen überzugehen, wo sich eine Sache in sehr einfacher Weise mit schlichtem Menschenverstande erklären läßt.
Das ganze Wunder in Zons besteht darin, daß sich in der Krone, welche das Haupt der h. Maria schmückt, vier neu vergoldete Sterne befinden, in welchen die Kerzen des Tabernakels reflektiren. Dieses reflektirte Licht wird nun von der einfältigen Menge für eine himmlische Erscheinung gehalten, die unmittelbar aus dem Haupte der heil. Jungfrau ausströmen soll. – Und hierüber nun all das Geschrei und die gelehrte Rede in Nro. 68.
Wenn es die allgemeinste ehrenvolle Anerkennung verdient, daß besonders Geistliche sich für die Aufnahme des Kultus derjenigen Konfession, der sie angehören, mit allem Eifer bemühen, und an die Lehre der Kirche festhalten, zu der sie sich bekennen, so verdient es aber auch die ernstlichste Rüge, und die höhern geistlichen Behörden sollten nicht anstehen, solche mit allem Nachdrucke eintreten zu lassen, wenn Geistliche gegen ihr besseres Wissen, Trug und Aberglauben nähren, und eine ganze Gegend, durch Vorspiegelung eines Wunders, beunruhigen, wovon sie selbst überzeugt sind und überzeugt seyn müssen, daß es nicht besteht. Und dieses ist hier der Fall.
Der Pfarrer von Zons, der Vikar B. und der Küster sind, wie ich überzeugt bin, vollkommen davon unterrichtet, welches Verhältniß es mit dem angeblichen Wunder hat, und doch läßt Ersterer sich Protokolle von den Leuten unterschreiben, die das Wunderflämmchen gesehen haben! daß, wenn diese Personen ihre eigene und die Würde der Religion so sehr zurücksetzen, die übrigen Bewohner von Zons der Sache nicht widersprechen werden, bedarf keiner Erwähnung.
Die Stadt hatte früher wenig Verkehr, seit den angeblichen Wundererscheinungen ist es dort so lebhaft, als es kaum an einem Orte seyn mag – und das bringt Geld ein.
An Erzählungen von Mirakeln, die sich dort zugetragen und nicht zugetragen, fehlt es auch nicht, und es läßt sich daher leicht erklären, wenn täglich Hunderte leichtgläubiger Menschen dahin wallfahrten, die Zeit und Geld einer trüglichen Erscheinung opfern. Von wirklichen Wundern sind nur zwei bekannt geworden: Eine Dame aus Düsseldorf verlor in der Kirche einen hübschen Ridikül [Damentäschchen] mit silberner Knippe, und ein angesehener Mann aus der nämlichen Stadt, seine goldene Dose, und beide – können es sich bis jetzt nicht erklären, wie die Sache zugegangen! –
Zur Ehre der Religion wäre es dringend zu wünschen, daß die hohen geistlichen Behörden dem schändlichen Unwesen recht bald ein Ziel setzten. Wie ich unterrichtet bin, hat der Hr. Landrath des Kreises Neuß dem hochwürdigen Generalvikariat von der ganzen Sache gleich Kenntniß gegeben, dieses auch die Einstellung aller außergewöhnlichen Andachtsstunden verordnet, allein (woher kommt das?) die Sache wird in der nämlichen Weise fortgetrieben, und der Spektakel nimmt täglich mehr zu, als ab.
Fritz von der Neers."


22. September 1822: Der Generalvikar an die Pastöre Michael Josef Aldenkirchen, St. Gereon, und Nicolaus Stochart, St. Peter in Köln: Er informiert über die bisherigen Vorkommnisse und beauftragt die beiden, als Kommission die Angelegenheit zu untersuchen, indem einerseits Beteiligte befragt, andererseits die Figur genau untersucht wird.

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


23. September 1822: Der Generalvikar an die Regierung Düsseldorf: Informiert über die Kommission und bittet, ebenfalls eine Kommission zur Untersuchung zu entsenden

Er erklärt, eine Kommission von 2 Pfarrern ernannt zu haben, die vor Ort alles genau untersuchen sollen, und wünscht, dass auch die Regierung eine "Commission von Einsichtsvollen und Sache-Kundigen Männern" dorthin sendet, "mit dem Auftrage, die angebliche Erscheinung des Lichtes [zu untersuchen]; wenn wirklich ein Licht gesehen seyn soll, so bin ich auch immer der Meinung, daß blos die Reflexion der Strahlen eines gegenüber stehenden Lichtes in der Krone des Bildes diesen Schein verursacht hat; ist dieses einmal im Reinen, so ist alles spätere leicht zu erklären, indem bei Menschen, die ein Wunder wollen, die Einbildungskraft es leicht dahin bringt, daß sie wirklich glauben, das zu sehen, was doch nicht ist."

[Konzept: AEK, BA 146,4, unpagin.] [Abschrift der behändigten Ausfertigung: LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 15]


24. September 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Oberpräsidenten in Koblenz: Die Regierung informiert über die bisherigen Vorgänge, kritisiert die Zurückhaltung und den vermuteten mangelnden Respekt des Generalvikars gegenüber der Regierung und bittet den Oberpräsidenten, in der Angelegenheit zu vermitteln.

Die Regierung berichtet über die bisherigen Vorkommnisse und die eigenen Maßnahmen und kritisiert die Zurückhaltung des Generalvikars: Die von der Regierung an ihn gerichteten Schreiben seien bislang unbeantwortet geblieben: "Ein solches Benehmen in einer wichtigen Sache wissen wir uns nicht zu erklären; in jedem Falle erkennen wir darin einen Mangel der uns gebührenden Achtung." Die betreffende Regierungs-Akte wird mit Bitte um Rückgabe übersandt.

"Wenn wir die Sache als wichtig betrachten, so liegt der Grund darin, daß wir mit tiefer Betrubniß sehen müssen, wie viele Hundert Menschen, durch den Ruf des Wunders angezogen, ihr Hauswesen und ihre Familienpflichten vernachlässigend, täglich nach Zons wandern.
Man kann freylich erwiedern, daß eine solche Täuschung allmählig von selbst aufhören werde; allein abgesehen davon, daß sie ebensowohl mit der Zeit zunehmen und viele Jahre dauern könne, ist der Nachtheil doch kaum zu berechnen, den sie schon während länger als zwey Monathe erzeugt hat.
Wer diesen Nachtheil großen Theils zu verantworten hat, kann nicht zweifelhaft scheinen. Die Wegnahme des Bildes vom Hochaltar, wohin es nicht gehört, würde längst aller Unordnung ein Ende gemacht; eine ernste Bestrafung der Geistlichen, die wir in unserer ersten Verfügung schon angedeutet, gegen die Satzung ihrer Kirche handelten, indem sie den Ruf eines Wunders verbreiteten, ehe sie an die Bischöfliche Behörde hierüber berichteten, und sich Belehrung erbeten hatten, würde diese von ferneren Unfuge abgehalten haben.
Alle Polizeymaßregeln werden fruchtlos seyn und gehäßig erscheinen, so lange die Geistlichen das angebliche Wunder in Schutz zu nehmen scheinen, so lange das Bild auf dem Altare stehen bleiben wird.
Ewer Excellenz bitten wir daher gehorsamst, den General-Vicar nicht nur hochgeneigt vermögen zu wollen, daß er unser Schreiben gehörig beantworte, sondern auch, daß er unserm billigen Gesuche willfahren und uns nicht so lange ohne Antwort lasse."

[LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 1-8]


30. September 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Generalvikar: Sie hält eine Untersuchungskommission als Maßnahme für verspätet und überflüssig, möchte diese beschleunigt sehen, betrachtet die Wunderberichte für absichtlichen Betrug und erinnert an die vorherigen Schreiben.

"Ewer Hochwürden können es uns nicht verfehlen, daß der Inhalt des gefälligen Antwortschreibens vom 23ten dieses uns sehr unerwartet gewesen ist. Nachdem wir in unserem Schreiben vom 29ten vorigen Monaths angezeigt hatten, wie wenig die Geistlichen in Zons, namentlich der Pfarrer und der Vikar Brings, die ihnen ertheilten Vorschriften befolgten, nach dem wir auf deren Bestrafung antragen und in dem weitern Schreiben vom 4ten dieses nochmals die Dringlichkeit der Sache geschildert, und um baldige Antwort, so wie um schleunige Einwirkung ersucht hatten, muß es uns jetzt sehr befremden, daß Ewer Hochwürden jetzt erst eine Untersuchung der Sache anordnen.
Wir müssen es bedauern, daß wir uns in Erwartung zweckdienlicher Maaßregeln von Seite Ewer Hochwürden haben abhalten laßen, unser Seits wenigstens einiger Maaßen dem Unfuge zu begegnen, der so viel Nachtheil im Bürgerlichen und Familienleben zur Folge gehabt hat.
Unser Seits halten wir eine fernere Untersuchung für überflüßig, nachdem wir durch die bereits vorgenommene die Ueberzeugung gewonnen haben, daß keine physische Ursache den Glauben an ein Wunder in dem vorliegenden Falle unterhalte.
Ewer Hochwürden werden unserer Meinung den Beyfall nicht versagen können, wenn wir hier anführen, daß die beiden Geistlichen, der Vikar Brings und der Pastor, dem Consistorial-Rathe Bracht bey seiner Anwesenheit in Zons erklärt haben, daß das Wunder in verschiedener Gestalt gesehen werde, indem einige ein feuriges Kreuz ober dem Haupte des Marienbildes, andere nur ein Licht, der Brudermeister der Mülheimer Prozession aber einen feurigen Schein mit den Worten 'Ave Maria’ gesehen, er, Pfarrer, einen Lichtstrahl aus dem Haupte des Jesu-Kindchens in die Krone der Maria übergehen, und er, Vikar, eine helle Wolke mit einem Lichte bey ausgelöschten Lichtern ober dem Haupte des Marienbildes wahrgenommen habe.
Diese angebliche Erscheinungen lassen sich auf keine optische Täuschung, wenn man keinen absichtlichen Betrug vermuthen will, zurückführen.
Wollen aber Ewer Hochwürden das Resultat der Untersuchung dennoch abwarten, so wünschen wir, daß dieselbe wenigstens so viel möglich beschleuniget werde. Auch möchte es zweckdienlich seyn, wenn den mit der Untersuchung beauftragten Pfarrern empfohlen würde, sich mit dem Landrathe zu Neus zu benehmen und von demselben sich die nähere Umstände angeben zu lassen.
Wir erneuern schließlich unsere Anträge in den Schreiben vom 29ten vorigen Monaths und 4ten dieses und sagen uns von aller Verantwortung, welche aus der langen Hinhaltung dieser Sache entstehen kann, los."

[Abschrift: LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 17-18]


30. September 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Oberpräsidenten von Ingersleben: Sie informiert über die zwischenzeitlichen Schreiben und erbittet die Genehmigung, evtl. polizeilich gegen Pfarrer und Vikar einzuschreiten.

Die Regierung informiert abschriftlich über das Schreiben des Generalvikars vom 23. September 1822 und die Erwiderung der Regierung vom 30. September 1822 und bittet "um hochgefällige Entscheidung, ob wir nicht wenigstens mittelst Zwangsmaßregeln gegen den Pfarrer und Kirchendiener vorschreiten sollen, um die Oeffnung der Kirche zur ungewöhnlichen Zeit zu verhindern, wenn der General-Vicar die Sache länger hinhalten würde." [LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 13]


30. September 1822: Die Regierung Düsseldorf an das Geheime Zivilkabinett in Berlin: Im "Zeitungsbericht für den Monat September" wird über die Vorgänge kurz berichtet.

"Zu Zons im Kreise Neuss ist der Ruf einer Wundererscheinung entstanden, der sich schon weit verbreitet hat, und aus naher und ferner Gegend einen großen Zulauf von Menschen anzieht.
Das Wunder soll darin bestehen, daß von Zeit zur Zeit ein feuriger Schein in der Krone und an dem Haupte eines Marienbildes auf dem Hochaltare wahrgenommen werde. Viele Menschen versichern, es gesehen zu haben, während andere, zu gleicher Zeit in der Kirche anwesend, es nicht gesehen haben. Der erste Vorgang scheint auf einer unwillkührlichen Täuschung zu beruhen und würde keine Folgen gehabt haben, wenn nicht der schwache Pfarrer selbst in Täuschung befangen wäre. Da uns die Sache nicht ganz unwichtig erscheint, indem so viele Hundert Menschen hierdurch ihren täglichen Berufsgeschäften entzogen werden, so haben wir das General-Vikariat zu Aachen um ernste Einwirkung angesprochen, welches jetzt eine Untersuchung angeordnet hat."

[Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 89, Nr. 16204, fol. 137v-138v]


4. Oktober 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" von diesem Tag (Nr. 80) befasst sich ein Anonymus weiter kritisch mit dem Wunder:

"An den Hrn. Verfasser des Aufsatzes in Nro. 68, die Wunder in Zons betr.
Sie haben über das Wunder in Zons, mir zu großer Freude, sich in Nro. 73 zu einer vernünftigern Ansicht der Sache bekannt, und ich reiche Ihnen daher mit Freuden die Hand zum Frieden. Dabei richte ich aber zugleich die Bitte an Sie, unsere nunmehrige Vereinigung als eine Offensiv- und Defensiv-Allianz gegen die Thorheit der heurigen Zeit betrachten zu wollen, und, allen Rhabdomantismus, Tellurismus, Magnetismus, und wie die Ismen alle heißen, aus unserer gemeinschaftlichen Atmosphäre so lange zu entfernen, als es nur der fünf Sinne bedarf, um uns mit Ehren zu schlagen. Wir können dann, seyen Sie dessen versichert, der fraglichen Ismen noch lange entbehren.
Wohl mag es, ich will das nicht entfernt bezweifeln, mit jenen Ismen auch seine Richtigkeit haben, allein seit dem seligen Bombastus Paracelsus ab Hohenheim heißt aller Aufwand überflüßiger Gelehrsamkeit bei gleichgültigen Sachen – Bombast! Da sich eine solche Verschwendung, auch in ökonomischer Beziehung nicht wohl rechtfertigen läßt, so hat man ja doppelte Ursache, sie sorgfältig zu vermeiden. Die Ismen bleiben dann auch in höhern Ehren, wenn sie nicht so gemein werden.
Wir wollen nun zu unserm Wunder zurückkehren, wovon ich auch Ihnen noch einiges Interessante mittheilen kann.
In meinen jüngst gelieferten Bemerkungen sagte ich berei[t]s, daß, trotz des Verbots von dem hochwürdigen Generalvikariat, der Spuck täglich mehr zu- als abnehme, und dieses ist leider wahr. Man geht so weit, daß bei später Abendzeit Prozessionen zu einem außer der Stadt befindlichen Bilde Statt finden, wobei, um Erleuchtung derjenigen Personen, gebetet wird, die nicht an das Wunderflämmchen glauben.
Bei einer solchen nächtlichen Prozession hat man nun neulich die ganze Stadt illuminirt, und nur zwei Personen, wie man sagt, die einzigen Ungläubigen in der Stadt, der praktische Arzt L. und der Vikar A., hatten es unterlassen, auch die Häuser zu erleuchten. Doch welch ein Wunder! auch diese wurden, ohne einiges Zuthun der Bewohner illuminirt, und das des Letztern zwar in dem Grade, daß ein Loch in die Thür brannte.
Wahrhaftig, wenn ein solches Flammenspiel getrieben wird, so scheint es wohl bald sehr nöthig, daß die Polizei einschreite, und die Wunderflämmchen lösche, die zu ersticken, die höhern geistlichen Behörden nicht für gut finden.
Den Vikar A. rechtgläubig und für das Wunder thätig zu machen, hat man sogar versucht, ihn wunderbarer Weise zu galvanisiren, indem er, während der heiligen Messe, nachdem er sich die Hände gewaschen, in dem Messenhandtüchlein einen Berliner Thaler fand. Da er indessen für den Metallreiz nicht empfänglich, so legte er ihn auf den Altar nieder, von wo er wahrscheinlich wieder in die Hände des Wunderthäters zurückgewandert ist. Dies sind zwei neue Wunder, die sich ohne Rhabdomantie erklären lassen.
Der Vikar B., der es sich sogar angelegen seyn läßt, Episteln über die Aechtheit des Wunders an entfernte Sinnesverwandte zu richten, soll sich indessen jetzt, öfter als sonst, in einem ohne fremdartige geistige Kräfte, nicht zu erklärenden, Zustande befinden.
Die Zonser scheinen dabei aber zugleich eine Sinnesart an den Tag zu legen, die es wohl nicht wünschenswerth macht, daß ein Mirakelbild, was Sie ihnen gern gönnen, dort entstehen möchte, wenn anders auch ein Mangel an dergleichen seyn sollte, was jedoch die Nachbarn aus Nievenheim gewiß sehr in Abrede stellen werden.
Leben Sie wohl. Ein Mehreres nächstens.
Fritz von der Neers."


5. Oktober 1822: Der Oberpräsident von Ingersleben an den Generalvikar: Kritisiert, dass die Regierung und der Landrat so lange ohne Antwort bleiben, und ersucht den Generalvikar, deutlicher auf die Befolgung der Verordnung zu drängen.

Die Regierung Düsseldorf wie auch der Landrat in Neuss haben angezeigt, dass der Generalvikar die beiden Behörden auf ihre Schreiben vom 7. August, 29. August und 4. September "bisher gänzlich ohne Antwort gelassen, und die Königliche Regierung findet in einem solchen Stillschweigen mit Recht einen Mangel an der ihr gebührenden Achtung." Aufgrund der bekannten und mitgeteilten Unordnungen sehe sich die Regierung genötigt, polizeilich einzuschreiten. Zuvor wird der Generalvikar ersucht, die Befolgung seiner Verfügung

"schleunigst und ernstlich anzuordnen, und den Anträgen der Königlichen Regierung zu Düsseldorf nachzukommen. Nur dadurch wird dem Unwesen am Leichtesten abgeholfen und das irre geleitete Volk wieder zur Ruhe gebracht werden. Von den getroffenen Maaßregeln sehe ich einer recht baldigen gefälligen Mittheilung entgegen."

[Konzeptschreiben: LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 9-11; behändigte Ausfertigung: AEK, BA 146,4, unpagin.]


6. Oktober 1822: Protokoll eines Zonser Kirchenratsbeschlusses: Dem Vikar Angersbach soll das Gehalt so lange suspendiert werden, bis dieser seine Aufgaben wieder erfüllt.

Dem Schreiben des betr. Vikars an den Generalvikar (s.u.) beigelegtes Originalschreiben, das Angersbach vom Kirchenrat erhielt: Der Vikar Angersbach habe

"eine geraume Zeit hindurch nicht nur allein gäntzlich unterlaßen …, deren ihme gemäß dem mit desselben Herrn Antecessore Anckenbrand abgeschlossenen Contract aufliegender Pflichten den hiesigen Herrn Pfarrer Loehr in den kirchlichen Verrichtungen, namentlich im Catechismen, Beichtsitzen, Krancken besehen, Predigen und mehrerer andern geistlichen Übungen zu assistiren, sondern sich auch förmlich desfalls mündlich geweigert …".

Der Kirchenrat beschließt daher, "daß vom Anfange des Ersten dieses laufenden Monats ab das dem Herrn Vicario Angersbach aus den Kirchenrevenuen jährlichs zugesagte Gehalt so lange suspendirt bleiben soll, bis derselbe sich der Ihme als Vicar und Successore des verstorbenen Herrn Anckenbrand obliegenden Pflichten entledigen wird." Unterschrieben von den Kirchenratsmitgliedern W. J. Löhr (Pastor), J. H. Schneider, J. Hugo, Dr. Kauhlen, M. Schmitz, J. Schmitz.

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


[nach dem 6. Oktober 1822]: Der Zonser Vikar Angersbach an den Generalvikar: Er informiert über seine Weigerung des Beichtehörens bei den Wallfahrern und über die Suspendierung seines Gehalts seitens des Kirchenrats und bittet um Aufklärung, wie zu verfahren ist.

"Da ich meine gewöhnliche Kirchendiensten bisheran nach besten Kräften getreu entrichtet; ausgehohmen, daß ich in dieser stürmischen Lage den Beichtstuhl für Fremde nicht betrotten habe, damit ich die Andacht wider den hochwürdigsten Befehl nicht möge befördern helfen; obschon ich unter dem 4ten September vom Kirchenrath aufgefordert wurde, welcher mich mit den schändlichsten Lügen zu bethören gesucht, sagend, das Hochwürdige Vicariat habe alles gebilliget und genehmiget, wir sollten vor wie nach in unserer Andacht fortfahren etc. Ich begehrte freilich diese Ordination von unserm Herrn Pastore zu leßen; er weigerte sie mir sagend: dies braucht ihr nicht zu wissen; so habe mich nichts destoweniger vom Beichthören enthalten.
So wurde endlich bei dem am 6. October gehaltenen Kirchenrath der abgefaßte Racheschluß, welchen ich hier mit Demuth in originali beilege, mir mein ganzes Salarium vom October anzufangen suspendiert, bis ich mich zum Beichthören und anderen Kirchenpflichten, die ehedem mit dem verstorbenen Herrn Ankenbrand sollen abgeschlossen worden seyn, entschließen würde. Von diesem Contract weiß ich aber nichts; ich glaube, daß er die Catechesia für freien Tisch und Wohnung unternohmen habe; darum wurde ich von seinem Confrater Buchholz, Vicarius in Esch, dringend ersucht, ihm beizustehen und sonderbar die christliche Lehr zu halten, denn sie beförchteten eine gänzliche Absezung, welches ich auch sechs Jahr getreulich verrichtet, nun aber wegen beständiger Gicht und Schwindel außer Thätigkeit getrotten bin.
Ob nun der Kirchenrath hierzu berechtigt ist, kann ich nicht glauben – sollte aber dieses seyn, so sind doch 2 wochentliche Meesten pro fundatione zu appliciren, welche mit der Salario verbunden sind. Wie wird der Fundation Gnügen geleistet? – Vor einer geraumen Zeit sind der Herr Vicario Brings freiwillig hundert Franc zugesezt worden, da ich die nämliche Verbindung hatte und um den namlichen Zusatz bathe, unerachtet Herr Cantons-Pastor von Dormagen sich deswegen Mühe gegeben hatte, wurde er mir feirlich abgeschlagen. Und alles dieses ruhret von unserm Herrn Pastore her, der im Kirchenrath wie ein Wort gesprochen. Ich lebe dahero in dieser traurigen Lage ohne allen Trost – derowegen ergehet meine demüthigste Bitte …, über die zu leßende Messen eine Erläuterung zu geben, …"

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


7. Oktober 1822: Die Kommission des Generalvikars untersucht die Angelegenheit in Zons (siehe Schreiben des Generalvikars vom 22. Oktober 1822; s.u.).


8. Oktober 1822: Der Oberpräsident von Ingersleben an die Regierung Düsseldorf: Er informiert über sein Schreiben an den Generalvikar, befürwortet polizeilichen Maßnahmen der Regierung nicht und spricht sich für die vom Generalvikar vorgeschlagene gemischte Untersuchungskommission aus.

Konzeptschreiben: Als Antwort auf deren Schreiben vom 24. September 1822 erhält die Regierung eine Abschrift des Schreibens des OP an den Generalvikar vom 5. Oktober 1822. Im Anschreiben betont der OP:

"Es steht zu erwarten, daß dasselbe [das Generalvikariat] nunmehr zur Hebung der Unordnungen (…) künftig einwirken wird, daher es rathsam ist, bis zum Eingang der Antwort desselben alle polizeiliche Maaßregeln, welche, wie die Königliche Regierung früher schon ganz richtig bemerkt hat, gehässig erscheinen würden, auszusetzen. Die Anordnung einer gemischten Commission zur Untersuchung der Sache scheint mir übrigens nicht unangemessen; ich wünsche, von der Königlichen Regierung die Namen der Mitglieder dieser Commission so wie auch die Resultate der Nachforschungen zu erfahren, wogegen ich von demjenigen, was das General-Vicariat in dieser Angelegenheit mir nun noch anzeigen wird, die Königliche Regierung gleichfalls benachrichtigen werde."

[LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 13]


8. Oktober 1822: Der Neusser Landrat an die Regierung Düsseldorf: Er berichtet über das Gespräch mit der Untersuchungskommission am Vortag, deren Beschluss, die Versetzung des Vikars Brings und die Entfernung der Figur zu empfehlen, und er hält darüber hinaus auch die Entfernung des Pfarrers Löhr für notwendig. Bürgermeister Baaden, Vikar Angersbach und Arzt Lingens haben durch ihre kritische Haltung den Hass der Einwohner auf sich gezogen.

"Gestern hat in Zons die Untersuchung des angeblichen Wunders durch die von dem General-Vicariat ernannten beyden Commissarien, der Pfarrer Stockert zu St. Peter und der Pfarrer Altenkirchen zu St. Gereon in Cöln, statt gehabt.
Am Sonntage erfuhr ich zwar schon, wie es wahrscheinlich sey, daß sie sich als gestern einfinden würden, und verfügte mich deshalb zeitig dorthin, allein schon vor der Stadt begegneten sie mir und hatten die Untersuchung bereits beendigt. Ich habe dieses darum zu bedauern, weil ich von den Commissarien vernahm, daß sie sich darauf beschränkt hätten, nur die Untersuchung mit dem Mutter-Gottes-Bilde vorzunehmen und den Pfarrer und Küster darüber zur Verantwortung aufzufordern: warum sie, dem Befehle des General-Vicariats entgegen, die Kirche, vor wie nach, zu jeder Tageszeit offen und darin aussergewöhnlicher Gottesdienst gehalten hätten, daß sie über den Vicar Angersbach, von dem die zuverläßigsten Aufschlüsse über das, was in Zons auf Anstiften des Pfarrers und des Vicar Brings geschehen, zu erhalten waren, nicht vernommen hatten.
Inzwischen hatte ich Gelegenheit, an einem 3ten Orte Mittag mit ihnen zu halten und mich mit ihnen über die Sache ausführlich zu besprechen.
Sie hatten, wie das vorauszusehen war, an dem Mutter-Gottes-Bilde nichts wunderbares entdecken können und sich durch die vorgenommenen Proben von dem sehr natürlichen Verhältniß überzeugt, welches es mit dem Flämmchen hat. Mit gerechtem Abscheu sprechen sie sich über das unwürdige Benehmen der beyden oben genannten Geistlichen aus. Nur den Pfarrer hatten sie zu sprechen bekommen, der Vicar Brings aber hatte sich ihrer Vernehmung durch schleunige Entfernung entzogen.
Auf die Zuredestellung, warum er die Kirche zu aussergewöhnlichen Zeiten, dem Bischöflichen Verbote entgegen, geöfnet gelassen und Gottesdienst gehalten, hatte er dieses geradezu in Abrede gestellt und erklärt, daß die Kirche immer geschlossen gewesen und nur der Gräfinn Hatzfeld einmal, auf ihr dringendes Ersuchen, geöfnet worden, so wie dann auch einige Mal Personen, welche Morgens ihre Andacht dort gehalten, nach mittags erlaubt worden, in der Kirche, jedoch bey verschlossenen Thüren, ihr Gebet zu verrichten.
Es gehört in der That zu den unbegreiflichen Dingen, wie ein Pfarrer es wagen kann, dergeichen Unwahrheiten, gegen die allgemeine Überzeugung der ganzen Gegend, ich möchte sagen der ganzen Provinz, den Kommissarien zu erklären, die ihren Unwillen darüber auch nicht unterdrücken konnten.
Die Herren Commissarien werden, ihrer Äusserung zufolge, bey dem General-Vicariat dahin antragen, daß das Mutter-Gottesbild nicht allein aus der Kirche, sondern auch aus dem Orte weggeschafft werden, so wie sie dann auch auf die Entfernung des Vicar Brings antragen wollen. Beydes ist durchaus nothwendig zur Wiederherstellung der Ordnung in Zons, jedoch so lange nur eine halbe Maßregel, als der Pfarrer noch dort ist, denn dieser hat den Glauben an das Wunder, trotz der Erklärungen der Commissarien, noch nicht aufgegeben, vielmehr ihnen betheuert, daß er von der Ächtheit desselben vollkommen überzeugt sey. Hiernach ist nun leicht voraus zu sehen, daß, wenn auch der Vicar Brings durch einen vernünftigen Mann ersetzt würde, die Ruhe in der Gemeinde dennoch nicht erhalten werden wird, weil der Pfarrer als erste Person unter den dortigen Geistlichen, dessen Bemühungen den Glauben an das Wundermährchen zu unterdrücken, entgegen arbeiten würde, und dieses mit so besserem Gefolge, als die Bewohner von Zons ihrer eigenen Meinung und ihrem Interesse dadurch geschmeichelt sehen.
Da nun einzig der Bürgermeister, der Vicar Angersbach und der Arzt Lingens sich zu einer andern Meinung öffentlich bekannt haben, so wird der Haß gegen diese achtungswerthen Personen durch die Entfernung des Wunderbildes und des Vicar Brings nur größer werden, weil man sie als die Veranlassung dieser Maßregel betrachtet.
Indem ich mir die Ehre gebe, dieses Einer Königlichen Hochlöblichen Regierung ganz gehorsamst vorzutragen, muß ich es dem reifen Ermessen Hochderselben anheimstellen, ob nicht die Entfernung des Pastor Löhr, bey dem Bischöflichen General-Vicariat ebenfalls dringend in Antrag zu bringen wäre."

[Abschrift: LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 21-24]


8. Oktober 1822: Der Landrat von Bolschwing an die Untersuchungskommission: Er befürchtet, dass die beabsichtigte Entfernung der Madonna und die Suspendierung des Vikars Brings nicht ausreichend seien. Die drei Wunder-Kritiker Bürgermeister Baaden, Vikar Angersbach und Arzt Lingens bekämen deutlich den Zorn des Volkes zu spüren. Nur durch die zusätzliche Suspendierung des wundergläubigen Pfarrers könne die öffentliche Ordnung wieder hergestellt werden.

Der Landrat schreibt im Interesse der Herstellung und Aufrechterhaltung der Ruhe in der irregeleiteten Gemeinde, wo "selbst die Würde der Religion fortwährend sehr in Berührung kommt". Am Vortag habe er von der Kommission im persönlichen Gespräch erfahren, dass der Zonser Pfarrer Löhr "seiner Ueberzeugung von der Ächtheit des Zonser Wunders noch immer getreu" sei und die Erklärungen der Kommission daran nichts hätten ändern können. Die Absicht der Kommission, dem Generalvikar die Entfernung der Madonna aus Zons und die Suspendierung und Versetzung des Vikar Brings zu empfehlen, müsse "die allgemeine Billigung jedes vernünftigen Mannes finden und als durchaus zweckgemäß anerkannt werden". Doch der Landrat sei besorgt, dass "dadurch die Ruhe dennoch nicht ganz hergestellt und erhalten werden" könne. Durch das Gespräch am Vortag sei der Kommission bekannt, dass

"nur der Herr Bürgermeister Baaden, der Herr Vicar Angersbach und der Herr Arzt Lingens sich öffentlich und freimüthig gegen den Wunderglauben und das dadurch veranlaßte, die Religion entwürdigende Unwesen erklärt haben. Der Pfarrer bleibt dagegen noch jetzt in seinem Wahn. Die Bewohner von Zons fanden ihr Interesse zu sehr durch das Wunderbild gefördert, und es liegt überhaupt mehr in der Natur des Menschen, eine einmal liebgewonnenne Meinung genährt, als durch die Ueberzeugung eines Dritten sich darin gestört zu sehen. Da nun der Haß, welchen jene drey achtungswerthe Männer sich durch ein lobenswerthes Benehmen bey dem irregeleiteten großen Haufen zugezogen haben, sich schon deutlich genug ausgesprochen hat, so ist es nicht zu bezweifeln, dass die Entfernung des Wunderbildes und des Vicar Brings solchen noch vermehren wird, weil man sie als nächste Veranlassung dazu betrachtet. Nur durch ein sehr consequentes, vernünftiges Betragen des Pfarrers, der den Willen und die Kraft besitzt, den Irrthum des Volkes zu berichtigen, kann daher Eintracht und Ruhe wieder hergestellt und erhalten werden, und dürfte selbst unter einem solchen Manne noch eine geraume Zeit vergehen, um die gereitzte Leidenschaft und das Interesse, dem die Religion zur Maske diente, zu beschwichtigen. Darum erscheint mir auch die Veränderung in der Person des Pfarrers eine durch die strengste Notwendigkeit gebotene Maßregel."

Die individuelle Rücksichtnahme hinsichtlich des hohen Alters des Pfarrers, der auch vom Landrat "als ein in jeder andern Beziehung tadelloser Mann geachtet" sei, müsse hinter dem öffentlichen Interesse und der Würde der Religion zurückstehen. Diese Maßnahme sei mit keiner allzu großen Härte verbunden, "weil der Pfarrer, bey seinem eigenen Vermögen, von der Pension hinlänglich wird bestehen können und eine anständige Subsistenz ihm dadurch gesichert ist."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


10. Oktober 1822: Der Generalvikar erhält den Bericht der Untersuchungskommission (siehe Schreiben des Generalvikars vom 22. Oktober 1822: s.u.).


13. Oktober 1822: Der Generavikar erlässt eine Verordnung hinsichtlich der Verbringung des Muttergottesbildes (siehe sein Schreiben vom 21. Oktober 1822): Die Figur, die in das Pfarrhaus verbracht worden sei, solle dort in einem verschließbaren Schrank oder einer verschließbaren Kiste deponiert werden, wozu ausschließlich der Pfarrer Zugang habe.


14. Oktober 1822: Der Generalvikar versetzt den Vikar Brings nach Langerwehe, "4 Stunden von Aachen, um ihn näher bewachen zu können" (erwähnt im Schreiben des Generalvikars vom 22. Oktober 1822; s.u.).


15. Oktober 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" von diesem Tag (Nr. 83) befasst sich ein Anonymus weiter kritisch mit dem Wunder:

"Wunderunwesen.
Bei einer Geschäftsreise längst dem rechten Rheinufer hinauf fiel mir, Zons gegenüber, die Wundergeschichte des dortigen Marienbildes, mit dem Flämmchen in der Krone, plötzlich ein.
Alles, was auf Erden geschehen ist, noch geschieht und künftig geschehen wird, darf nie die Gränzen der Natur überschreiten; sonst wäre die Schöpfung unstreitig ein Pfuschwerk und der Meister ein Stümper, dessen Machwerk, wie so manches künstlich seynsollende Gebäude unserer Zeit, tagtäglich des Flickens bedarf. Nein! das ist nicht, das kann und darf nicht seyn; denn alles, was der Herr gemacht hat, ist gut und schön und vollkommen; jedes in seiner Art. Nicht seine, nur die Werke der Menschen bedürfen des Flickens, und einige freilich – auch leider! der Wunder! denn ein Gebäude, welches ohne Verstand erbaut, in welches nur diejenigen aufgenommen werden, welche entweder keinen menschlichen Verstand besitzen, oder doch denselben abgeschworen haben, welches, bei hellem Sonnenschein, nur mit einem, vom besoldeten Pförtner erhaltenen Lichte betreten werden darf, ist ein Wunder in unserer Zeit, und kann also auch nur – durch ein Wunder aufrecht erhalten werden.
Erröthen muß der Menschenfreund, wenn er bedenkt, daß es unter den Rheinländern, denen reine Vernunft und wahre Aufklärung doch wohl nicht abzusprechen ist, noch Menschen gibt, die eine solche ganz natürliche Erscheinung, wie jedes Flämmchen ist, in welcher Krone sie auch erscheinen mögen, für ein, außer den Gränzen der Natur liegendes, Wunder anzusehen, blödsinnig genug sind. Aber mit Abscheu und tiefer Verachtung muß jeder rechtliche Mensch jene Menschen betrachten, deren Beruf es ist, dem ungebildeten und rohen Naturmenschen Wahrheit zu predigen und ihn zu belehren, wenn diese das Volk in solchem thörichten Wahn bestärken und dadurch absichtlich auf Irrwege zum Aber- und Unglauben führen. Es hat zwar ein Pfarrer aus der Nachbarschaft [gemeint ist der Nievenheimer], sich gewaltig ereifernd, von seinem Katheder mit donnernder Stimme gegen dieses Flämmchen angekämpft, und seine Pfarrkinder vor dieser schädlichen Irrung kräftigst gewarnt; da er aber selbst einen wunderwirkenden Heiligen in seiner Kirche haben soll, zu welchem früher fleißig gewallfahrtet wurde: so behaupten die bösen Bauern keck weg, sein Heiliger seye, aus gerechter Furcht, seinen alten Ruhm zu verlieren, eifersüchtig auf die neue Heilige geworden, und deswegen habe der Hr. Pfarrer ihr, von so vielen Sündern gesehenes, Flämmchen in der Krone unbedingt für einen blauen Dunst erklärt. – Ich sage: von so vielen Sündern gesehenes Flämmchen! denn alle diejenigen, welche es gesehen haben wollen, warfen sich, wie ohnmächtig werdende, zur Erde, und als sie wieder zur Besinnung kamen, wenn solche Menschen irgend einer Besinnung fähig sind, schrieen sie überlaut: Ich bin ein großer Sünder!! –
Brutus vom Rhein."


16. Oktober 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Oberpräsidenten: Sie berichtet, dass eine gemischte Untersuchungskommission vom Generalvikar nicht beabsichtigt gewesen sei, und macht den Bericht des Landrats zur Untersuchung bekannt.

Auf die Verfügung des OP vom 7. Oktober 1822 erwidert die Regierung, dass

"es die Absicht des General-Vicarius wohl nicht gewesen seyn kann, daß der Vorgang zu Zons durch eine gemischte Commission untersucht werde, weil er uns weder die Namen der von ihm ernannten Commissarien, noch die Zeit, wann dieselben eintreffen würden, bekannt gemacht hatte. Vielmehr schien es seine Absicht, daß beyde Commissionen getrennt vorschreiten möchten.
Daher ist uns auch weiter nichts über die von ihm angeordnete Commission bekannt geworden, als uns der Land-Rath in dem abschriftlich anliegenden Berichte uns hierüber mitgetheilt hat.
Den fernern Verlauf werden wir gehorsamst zur Zeit einberichten."

[LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 19-20]


17. Oktober 1822: Der Dormagener Chronist J. P. Delhoven berichtet über die Untersuchungskommission.

"Die Andacht zu Zons ist am Ende. Der Landrath von Neus hat nicht geruhet, bis der General-Vicarius den Pastor aus St. Peter und Gereon von Kölln nach Zons sandte, um das Bild zu untersuchen. Sie kamen am Zonser Kirmesmontag hieher, nahmen unsern Pastor mit, liessen das Bild auskleiden, fuhren nach dem Heckhofe bey den Bürgermeister zu Kirmes und kamen am Abend wieder, in einem Zustand, wo man deutlich abnehmen konnte, daß sie keinen Durst gelitten hatten.
Darauf ist vom General-Vicar die Ordre gekommen, das Bild aus der Kirche in die Pastorat zu bringen und der sich um die Andacht viel bemühte Vicar Brings nach der Weiden bey Aachen zu versetzen."

(Rheinische Dorfchronik)


21. Oktober 1822: Der Generalvikar an den Zonser Kirchenrat: Der Kirchenratsbeschluss vom 6. Oktober 1822 wird für nichtig erklärt und die Fortzahlung des Vikargehalts an Angersbach befohlen.

Konzeptschreiben: Kein Kirchenrat habe das Recht, Kapläne zu ernennen oder abzuberufen, ebenso wenig das Gehalt eigenmächtig auszusetzen. Dies stehe ausschließlich der bischöflichen Behörde zu. Daher wird der Beschluss des Zonser Kirchenrats vom 6. Oktober 1822 kassiert und demselben befohlen, weiterhin dem Kaplan Angersbach, "dessen Betragen wir bei der vorgeblichen Wunder-Geschichte loben", das übliche Gehalt auszuzahlen.

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


21. Oktober 1822: Der Generalvikar erhält ein Schreiben des Zonser Pfarrers über die Befolgung der Verordnung (Schreiben erwähnt im Schreiben des Generalvikars vom 22. Oktober 1822; s.u.).


21. Oktober 1822: Der Generalvikar an den Zonser Pfarrer Löhr: Die vom Pfarrer vorgebrachten Beweise seien nicht gewichtig, obwohl die Möglichkeit eines Wunders nicht ausgeschlossen wird. Der Pfarrer habe die Angelegenheit ohne Wissen des Generalvikars zu weit vorangetrieben, so dass die Verordnung des Generalvikars vom 13. Oktober 1822 durch ein anhängendes "Mandatum inhaesivum" wiederholt wird.

Konzeptschreiben:

"Vergeblich suchen Sie Entschuldigungen, um Ihr Stillschweigen über die angebliche Erscheinung zwischen der Muttergotteskrone zu rechtfertigen; so wenig Sie von Anfangsproben der Wahrheit dieser Erscheinung hatten, so wenig haben Sie darum getan, was die Einbildung vermag bei Menschen, die das wirckliche verum ideali nicht zu unterscheiden wissen, zeugt die tägliche Erfahrung; nicht so werden die Wunder nach Vorschrift des Benedicti … untersucht, und was Sie Überzeugung nennen, ist in unseren Augen nichts als eine vorgefaßte Meinung – was uns auffallend ist, ist, daß unter den vielen vorgeblichen Sehern sich kein einziger Geistlicher findet; doch darum leugnen wir die Möglichkeit eines Wunders nicht, aber wohl das Gewicht der bis hiehin von Ihnen geführten Beweise, wenn sie schon Ihnen überwiegend scheinen. – Wir sind Augenzeugen eines ähnlichen vorgeblichen Rufes einer doch andersartigen Erscheinung an einem Crucifix-Bilde. Die hundert gegenwärtigen Menschen wollten bemerken, wo der vernünftigere Theil doch nichts wahrnahm, und wo späterhin alles in Rauch verschwand. – Sie haben auf jeden Fall unvorsichtig gehandelt, die Sache ohne unser Vorwissen so weit kommen zu lassen, und darum ist es glatterdings nötig, daß unsere Verordnung vom 13ten hujus buchstäblich erfüllt werde, dahero erhalten Sie beigebogen inhaesivum ordinationem cum ampliatione."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


22. Oktober 1822: Der Generalvikar an den Oberpräsidenten in Koblenz: Er berichtet über seine bisherigen Maßnahmen in der Angelegenheit und weist die Kritik an seinem Vorgehen von sich.

"Nachdem meine Verordnung vom 27. Julius, welche ich den 31. ejusdem der Königlichen Regierung in Düsseldorf mitteilte, um dem Zulauf wegen des vorgeblichen Wunders zu Zons zu steuern, nicht genau befolgt wurde, sandte ich dem Herrn Pfarrer daselbst unterm 6ten August neue Verhaltungs-Befehle zu, denen man aber nach dem Berichte des Cantonspfarrers durch Einlispelung des Vicars Brings heimlich hatt suchen auszuweichen, welches um so leichter war, als der Pfarrer ein achtzigjähriger Greis ist, der sich, wie ich später vernahm, durch obbesagten Vicar leiten läßt. –
Auf die neuere Anzeige der Königlichen Regierung zu Düsseldorf vom 14ten September, daß meine Verordnung den vorgesetzten Zweck nicht erreicht hätte, nannte ich, um dieser Geschichte, nachdem meine früheren Verordnungen nicht beobachtet waren, ein Ende zu machen, und die öffentliche, wenn schon vorgefaßte Meinung nicht ohne gehörige von hieraus angestellte Untersuchung zu unterdrücken, am 22ten September zwei Herren Pfarrer aus Coeln, um sowohl die Geschichte des vorgeblichen Wunders, als auch das Benehmen des Pfarrers und des Vicars Brings in loco zu untersuchen; dieses zeigte ich unterm 23ten ejusdem der Königlichen Regierung zu Düsseldorf an, mit dem Wunsche, daß auch ihrerseits eine ähnliche Commission ernannt werden mögte, welches aber keinen Beifall fand. –
Dessen ohnerachtet ließ ich meine ernannte Commission ihren Auftrag erfüllen, welches aber wegen häufiger Pfarrgeschäfte erst am 7. October erfolgte, worüber ich den umständlichen Bericht den 10ten hujus erhielt, in dessen Folge befahl ich am 13ten ejusdem dem Pfarrer zu Zons, das fragliche Mutter-Gottes-Bild aus der Kirche in sein Haus zu bringen und es ferner niemanden zu zeigen.
Den Bericht des Pfarrers über Befolgung dieser Verordnung erhielt ich am 21. hujus, und nach den nämlichen Tag entsetzte ich den Kaplan Brings seines Amtes und versetzte ihn nach Langerwehe, 4 Stunden von Aachen, um ihn näher bewachen zu können. –
Auf diesem Punkte ist die Sache noch heute, und wenn schon die Königliche Regierung zu Düsseldorf mein wohl überlegtes Verfahren nicht billigen sollte, so betheure ich doch Ewer Excellenz, daß, wenn ich es noch zu thun hätte, ich nicht anders verfahren würde; denn ich weiß aus der Erfahrung, daß jede religiöse Meinung, wenn sie schon irrig ist, mit Bescheidenheit, und weder übereilt, noch mit Gewalt, und ja nicht ohne gehörige Untersuchung von Seite der geistlichen Behörde unterdrückt werden muß."

[Konzeptschreiben: AEK, BA 146,4, unpagin.; behändigte Ausfertigung: LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 25-26]


22. Oktober 1822: Der Generalvikar an die Regierung Düsseldorf: Er berichtet über seine Maßnahmen seit Einsetzung der Kommission.

Die von ihm am 22. September 1822 ernannte Kommission, "um in Zons eine Untersuchung über die vorgebliche Erscheinung an dem Muttergottes-Bild daselbst vorzunehmen, wovon ich Eine Königliche Hochlöbliche Regierung unterm 23ten ejusdem in Kenntniß setzte, wurde wegen gehäuften Pfarrgeschäfte von den committirten Herren Pfarrern bis auf den 7ten October verspätet.

Unterm 10ten hujus erhielt ich den vollständigen Bericht über die Ausführung dieser Commissorii, worauf ich den folgenden 13ten dem Pfarrer zu Zons befahl, das fragliche Mutter-Gottes-Bild aus der Kirche in sein Haus zu bringen, solches zu verschließen und ferner Niemanden zu zeigen.
Als ich nun am 21. hujus die Nachricht der Folgeleistung dieses Befehls erhielt, entsetzte ich eodem den Vicar Brings seines Amtes, verbot ihm ferner alle Vicars-Dienste in Zons und versetzte ihn nach Langerwehe, 4 Stunden von Aachen, um ihn näher bewachen zu können."

[Abschrift: LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 31]


23. Oktober 1822: Der Neußer Landrat macht im öffentlichen Anzeiger der Regierung Düsseldorf das Untersuchungsergebnis bekannt.

"Auszug aus dem öffentlichen Anzeiger Nro. 77 der Düsseldorfer Regierung.
Seit einiger Zeit sind viele Tausend Einwohner aus der Nähe und Ferne, durch ein trügliches Gerücht, wegen eines in der Kirche in Zons angeblich Statt gefundenen Wunders, veranlaßt worden, die dortige Kirche zu besuchen, theils aus Neugierde, theils auch aus religiösem Antriebe im Vertrauen der Aechtheit der Sage.
Damit nun nicht ferner Jemand, durch lügenhafte Verbreitungen, verleitet werde, dort ein Wunder zu suchen, so halte ich es für Pflicht, öffentlich bekannt zu machen, daß Ein hochwürdiges General-Vikariat in Aachen, auf den Bericht einer dazu ernannten Commission von zween achtungswerthen Geistlichen, sich veranlaßt gesehen, das Muttergottesbild, aus dessen Krone ein wunderbares Flämmchen nach der Einbildung Einiger, und nach dem Lug und Trug Anderer, ausströmen sollte, aus der Kirche wegbringen zu lassen.
Neuß den 23. Oktober 1822.
Der Landrath,
v. Bolschwingh."

[abgedruckt in: Rheinisch-Westfälischer Anzeiger Nr. 97 vom 03. Dezember 1822, Beilage]


27. Oktober 1822: Der Oberpräsident an den Generalvikar: Er erwidert auf das Schreiben vom 22. Oktober 1822, dass das Vorgehen des Generalvikars zwar in der Sache korrekt gewesen sei, jedoch angesichts der Dringlichkeit der Sache zu zögerlich.

Konzeptschreiben:

"Die Maaßregeln, welche Ewer Hochwürden nach Ihrem Schreiben vom 22. dieses Monaths zur Beseitigung des Volkswahns hinsichtlich des vorgegebenen Wunders zu Zons nunmehr getroffen haben, billige ich vollkommen, theile auch Ihre Ansicht, daß solche in dergleichen Fällen vorzugsweise von der obern geistlichen Behörde ausgehen müssen. Nur hätte ich gewünscht, daß Ewer Hochwürden Ihre Anordnungen früher hätten zur Ausführung bringen lassen (…) und die Königliche Regierung in Düsseldorf auf zweimalige Mittheilungen zeitiger geantwortet hätten, da jede Verzögerung das Volk in seinem Irrglauben bestärken, mithin, die Unordnungen vermehren müßte."

[Konzeptschreiben: LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 27]


27. Oktober 1822: Der Oberpräsident an die Regierung Düsseldorf: Er macht das Schreiben des Generalvikars vom 22. Oktober und seine Antwort darauf vom 27. Oktober bekannt und zeigt sich optimistisch hinsichtlich der getroffenen Maßnahmen.

Der OP informiert abschriftlich über das Schreiben des Generalvikars vom 22. Oktober 1822 und die Antwort des OP vom 27. Oktober 1822. Er zweifle nicht daran, dass durch "die jetzt getroffenen Maaßregeln den bisherigen Unordnungen ein Ende gemacht sein wird."

[Konzeptschreiben: LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 27]


29. Oktober 1822: Diverse Kritiker des Wunders erleiden an diesem Sonntag angeblich ein "Gottesurteil" (s.u., J. P. Delhoven, 1. November 1822).


30. Oktober 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Generalvikar: Bemängelt, dass der Pfarrer nicht bestraft worden sei und ihm die Figur anvertraut wurde, informiert über das Vorgehen des Kirchenrats gegenüber dem Vikar Angersbach und erbittet Maßnahmen dagegen.

Bezogen auf sein Schreiben vom 22. Oktober 1822:

"Wir haben erwartet, daß der Pfarrer zu Zons wegen des offenbar bezeigten Ungehorsams gegen die von seiner geistlichen und weltlichen Behörde ihm ertheilten Vorschriften zur Strafe würde gezogen und nicht ihm, da er sich in dieser Sache so sehr schwach bewiesen, das Bild würde anvertraut worden seyn.
Den ersten Punct wollen wir indeßen dem Ermeßen Ewrer Hochwürden gern anheim gestellt seyn laßen, wogegen wir in Absicht des zweiten dringend wünschen müßen, daß darunter noch jetzt eine Abänderung statt habe, indem wir bey dem alten schwachen Pfarrer mit Recht zu besorgen haben, daß vielleicht bald ähnliche Unordnungen wieder eintreten. Außerdem müßen wir Ewer Hochwürden noch auf einen Umstand aufmerksam machen.
Der Vicar Angersbach, welcher bey den Vorgängen sich bescheiden benommen und den Unordnungen entgegen zu wirken gesucht hat, ist dadurch mit dem Kirchenrathe zerfallen, der ihm die Auszahlung seines Gehaltes weigert, weil er während des Zuströmens der Volksmenge nicht zur ungewöhnlichen Zeit in der Kirche Dienste hat leisten wollen.
Ewer Hochwürden ersuchen wir, den Kirchenrath hierüber ernstlich zu Recht zu weisen, und angenehm würde es uns seyn, wenn diesem Geistlichen eine beyfällige Anerkennung seines Benehmens von Seite Ewer Hochwürden zu Theil werden würde.
Wir sehen hierüber einer gefälligen Benachrichtigung entgegen."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


30. Oktober 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Oberpräsidenten: Sie informiert über das Schreiben des GVs vom 22. Oktober und kritisiert, dass das Bild weiterhin dem Pfarrer Löhr anvertraut werde.

Die Regierung schickt eine Abschrift des Schreibens des Generalvikars vom 22. Oktober 1822 über die von ihm getroffenen Maßnahmen und wendet kritisch ein:

"Zwar können wir nicht ermessen, ob die Versetzung des Vicar Brings nach Langerwehe eine wikliche Strafe oder eine Verbeßerung für denselben ist, indem wir das Einkommen der neuen Stelle nicht kennen; auch muß es uns befremden, daß der Pfarrer, welcher gegen die ausdrücklichen Vorschriften seiner geistlichen und weltlichen Behörde offenbar gehandelt hat, ganz ohne Strafe bleiben soll; gleichwohl wollen wir uns mit den genommenen Maßregeln gern beruhigen, wenn sie nur den von uns gewünschten Erfolg gewähren.
Da aber das Bild nicht, wie wir angetragen hatten, einem andern Pfarrer anvertraut worden ist, so sind wir nicht ohne Besorgniß, daß die Unordnungen sich erneuern können.
Würde dieses geschehen, so werden wir ferner über den Verlauf zu berichten nicht verhehlen."

[LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 29-30]


31. Oktober 1822: Die Regierung Düsseldorf an das Geheime Zivilkabinett in Berlin: Sie berichtet über die Ereignisse im "Zeitungsbericht" für den Monat Oktober.

"Der Zulauf zu dem angeblichen Wunderbilde in Zons hat einstweilen nachgelassen, indem der General-Vikar die Wegnahme des Bildes aus der Kirche und die verschlossene Aufbewahrung desselben im Pfarrhause angeordnet und den 2ten Geistlichen, welcher den Glaube an ein Wunder zu bestärken bemüht gewesen ist, versetzt hat. – Wir hatten darauf angetragen: das Bild einem andern Pfarrer zur Aufbewahrung anzuvertrauen, und würden beruhigter sein, wenn dieses geschehen wäre, weil wir fürchten, daß der schwache Pfarrer auf das Neue Anlaß zu Unordnungen geben werde."

[Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 89, Nr. 16204, fol. 152v]


1. November 1822: Der Zonser Küster und Chronist Johannes Hermann Schwieren berichtet über den Fortgang des Vikars Brings an diesem Tag.

"Allerheiligen hat der Herr vicarius Brings von hier nach der Langeweh fort gemüßt auf Befehl des General-Vicarius von Achen, und einige Tage nachher ist Herr Schiefer aus Butscheid hieher an dessen Stell als vicarius angekommen.

(Schwieren-Chroniken, <1175>)


1. November 1822: Der Dormagener Chronist J. P. Delhoven berichtet über verschiedene "Gottesgerichte".

"Sonderbahr! Der Pastor von Nivenheim, der stark gegen die Andacht zu Zons gepredigt hatte, wurde lezten Sonntag toll, der Bürgermeister von Zons stürzte gefährlich am Sonntag aus der Schaise. Der Chirurg Lindgens fiel bis über die Ohren in den Rhein und der Concionator in eine Erdäpfelgrube und wurde unter Gespött heimgeleitet. Alle vier Contradictoren der Andacht, alle am nähmlichen Tage."

(Rheinische Dorfchronik)


11. November 1822: Mitglieder der Zonser "Marianischen Bruderschaft" an den Generalvikar: Sie bitten um Wiederaufstellung der Madonna, die der Bruderschaft gehöre, in der Pfarrkirche, kritisieren die Untersuchungskommission, bezeugen die wundersamen Ereignisse und bitten um Entsendung einer Kommission, die die Berichte registrieren solle, um dem Generalvikar zu berichten.

"Eine Zeit lang schwiegen wir und trugen schweigend unser Leiden in dem Gedanken, nur den Allwissenden davon Zeuge seyn zu laßen und ihm, ohne ein Wort zu reden oder zu schreiben, die fernere Anordnung anheim zu stellen. Je mehr und näher wir aber die Sache betrachten, desto deutlicher glauben wir zu erkennen, es seye unsere Pflicht, an Euyer Hochwürden, unser geistliche Obrigkeit in Gehorsam und Demut zu schreiben und unsere Bitte vorzutragen.
Als Mitglieder der Marianischen Bruderschaft in Zons sehen wir das Bild der seligsten Jungfrau und Mutter Gottes Maria, welches der ehrwürdige Kapellan Anckerbrand selig der Pfarre schenckte, als besonders unser Eigenthum und als das Bild an, welches zur öffentlichen Andacht bey unserer Bruderschaft vorzüglich gehöre. Dieses Bild ward aber ohne gehörige Untersuchung uns benommen und aus der Kirche entfernt. Denn die Herren Commissarii haben nur das Bild gesehen, aber keine fernere Untersuchung angestellt.
Was es für eine Bewandtniß mit der Lichterscheinungen bey dießem Bilde habe, ob dieses als Wunder zu halten seye, dieses überlassen wir ganz der Entscheidung Euyer Hochwürden. Daß es aber mit diesen Erscheinungen kein Lug und Betrug seye (wie der Herr Landrath von Bollschwing widerrechtlich in die Köllnische Zeitung und Amtsblätter einrücken ließ), daß auch keine Täuschung Statt haben könne, sondern daß es wirckliche Thatsache seye, dafür bürgen so viele unverwerfliche Zeugen, sowohl unser ehrwürdiger Seelsorger und andere Geistlichen, eine Menge ausheimischer Weltlichen, selbst einige protestantischen Augenzeugen, und wir alle Endes Unterzeichneten, die wir uns zur Ehre Gottes und unser heiligen Religion bereit erklären, dasjenige nach der strengster Wahrheit und unter einem Eide zu bekennen, was wir gesehen haben.
Wir bitten daher demüthigst, Euyer Hochwürden wolle das Bild der Mutter Gottes wieder in unsere Pfarrkirche hinstellen laßen, und, was wir sehr wünschen, die strengste Untersuchung anstellen, die schärfeste Aufsicht halten laßen und eine eigene Commission ernennen, welcher alles, was geschah und ferner geschehen könnte, müßen angezeigt und vorgebracht werden. Damit Euyer Hochwürden hierdurch in Stand gesetzt werden, die Sache gründlich beurtheilen zu können.
Keine Leidenschaft und keine Nebenabsicht bewegt uns, diese Bitte vorzutragen, sondern einzig Pflicht, Wahrheitsliebe, Sorge für die Ehre Gottes und daß Verlangen, daß Wohldenckende nicht irre geleitet und wanckend gemacht werden in Religion und göttlichen Sachen, und daß Uebeldenckende belehrt werden, wenigstens aller Scheingrund zum Spotten und Schaden ihnen benommen werden. Wie traurig es in dieser letzten Hinsicht jetzt hier in der Stadt und Umgegend aussicht, werden Euyer Hochwürden sich kaum vorstellen.
Wir sind von der Gerechtigkeit Euyer Hochwürden und von dem Streben, das Gute zu schützen und zu befördern zu fest überzeugt, als daß wir dencken sollten, Eure Hochwürden möchten unsere Bitte ungnädig aufnehmen und unbeachtet laßen. Vielmehr vertrauen wir, daß Hoch Sie eine weise Anordnung mit der Wiederausstellung des Bildes trefen werden.
In dieser Hofnung unterzeichnen wir und bleiben in tiefer Ehrfurcht."

Es folgen die Unterschriften von: Heinrich Ross, Franz Braun, Heinrich Schmitz, Josef Esser, Anton Berrens, Wilhelm Berrens, Gottfried Berrens, Franz Wilhelm Hackenbroich, Peter Hackenbroich, Franz Josef Aldenhoven, Johann Fleischhauer jun., Johann Kastenholtz, Johann Kirsch, Anton Wisdorff, Jacob Klein, Wilhelm Flick, Hubert Fleischhauer, Hermann Fleischhauer, Andreas Santh, Peter Burbach, Stefan Feger, Michael Fleischhauer, … (unleserlich), Sebastian Füsgen, Heinrich Natrath, Ferdinand Busch, Ludwig Schmitz, Wilhelm Worringen, Andreas Kiepels, Peter Josef Wingens, Johann Korrig, Heinrich Norf, Heinrich Gassen, Gerhard Richrath, Heinrich Boes, Heinrich Esser, Bertram Richrath, Heinrich Peltzer, Balthasar Wankum, Jacob Peltzer, Johann Richrath, Cornelius Bastian, Johann Stommel, Peter Schmitz, Heinrich Bergescher, Johann Küpper, Johann Wilhelm Stamm, Heinrich Tolles, Jacob Linnartz, Christoph Hesemann, Johann Hecken, Peter Nix, Jacob Gutzen, Peter Götzen, Johann Jussenhoven, Christian Nix, Tillmann Remmer, Gerhard Richrath (58 Personen). [AEK, BA 146,4, unpagin.]


12. November 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" von diesem Tag (Nr. 91) äußert sich Friedrich von Kerz anonym zum Wunder:

"Berichtigung.
Ueber das vermeintliche oder wirkliche Wunder in Zons.
Wer hätte glauben dürfen, daß es in unserm philosophischen Zeitalter, wo es der Philosophen mehr, als der Sperlinge auf dem Felde, gibt; wo die rüstigen und thätigen Verbreiter des Lichtes, die Aufklärer und Klarmacher mit brennenden Fackeln und Kristallspiegeln in jedes Haus, in jede Hütte einfallen, um ja alles (wahrscheinlich das Elend, denn außer diesem gibt es meistens nichts darin) recht hell und klar zu machen: daß, sage ich, in einem solchen, auf der höchsten Stufe transzendenteller Weisheit stehenden Zeitalter noch von Wundern die Rede seyn würde? Und dennoch ist es so; aber zum Glück wird auch dem Ungehörigen dieser Sache von allen Seiten vorgebeugt und in dem Rh. W. Anz. Nr. 68, 73 u. 76 ziemlich schnell aufeinanderfolgende Aufsätze haben schon mit einer Klarheit, die auch dem Blinden die Sache klar macht, zu beweisen gesucht, daß die sonderbare Erscheinung nichts, als eine ganz gemeine, gewöhnliche Täuschung sey.
Um diese schöne, der Philosophie allerdings Ehre machende, Ueberzeugung allgemein zu machen, ward in dem ersten Aufsatz Nro. 68 ein ganz ungeheures Gerüst von Gelehrsamkeit aufgerichtet. Von den Handlangern, welche daran arbeiteten, wird uns nur Amoretti genant. Indeß stand dieses Gerüst einmal da, und zwar wie ein in sich selbst vollendetes Kunstprodukt, das heißt, bloß um seiner selbst willen und ohne einen andern gedenkbaren Zweck; denn die Erklärung, welche von demselben von oben herab gegeben ward, bedurfte noch selbst so vieler Erklärungen, und beruhete auf so sonderbaren Hypothesen, daß, wenn es Jemand auch gefällig gewesen wäre, dem Verfasser auf sein Gerüst nachzuklimmen, er sich oben auf dem Gipfel über den befraglichen Gegenstand nicht viel klüger gefunden haben würde, als er auch vorher war, bevor noch Nro. 68 die Presse verlassen hatte.
Wohl mochte der Verfasser dies selbst gefühlt haben; denn in Nro. 73 bricht er in einem andern Aufsatze mit eignen Händen den ganzen gelehrten Apparat rein ab, und, auf ebener Erde wandelnd, erzählt er nun seinen Lesern Dinge, welche – wie Wieland sagt, und konvenzionelle Höflichkeit uns ebenfalls zu sagen gebeut – nicht die Dinge sind, für welche der Verfasser sie ausgibt. Diese Methode ist freilich jetzt die gangbarste und am meisten in Gebrauch. Man schreibt nämlich das Resultat nieder, noch ehe man die Untersuchung begonnen hat, und damit man diese sich recht leicht und erwünscht mache, nimmt man sich die kleine poetische Freiheit, eigenmächtig und ganz nach Willkühr eine Anzahl Thatsachen zu komponiren, die alsdann, hübsch aneinander gereihet, gleich einem Kettenschluß auf ebener Bahn, und alles fernern Nachdenkens überhebend, unmittelbar zu dem erwünschten Ziele führen.
Am allerbequemsten aber macht es sich der Verfasser des 3ten Aufsatzes in Nro. 76; bei diesem ist die ganze Sache geschwind abgemacht. Er nimmt als erwiesen an, was erst erwiesen werden sollte, lieset dann dem Pastor, dem Vikarius und auch dem Küster tüchtig den Text, bezeichnet den einen, wie den andern, als einen Falsarius – beide, der Pastor und der Vikarius, sind allgemein anerkannte rechtliche, mit Liebe und Lauterkeit des Herzens ihrem heiligen Berufe sich treu hingebende Männer) – sagt hierauf allen, welche nach Zons gewandelt sind, oder noch dahin zu wandeln Lust haben möchten, daß sie arme Tröpfe und erzeinfältige Menschen sind, und viel besser thun würden, zu Hause zu bleiben, und schließt endlich damit, daß er, entflammt im gerechten Zorn, die obern geistlichen Behörden zur strengern Rüge des Unfugs aufforderte. – Dies heißt denn doch recht den Leuten die Leviten lesen!
Unstreitig ist der erste Aufsatz in Nro. 68 bei weitem der beste; derselbe stellt doch eine neue Ansicht auf; er zeigt eine neue Seite, und so ungemein sonderbar diese Seite seyn mag, so kann doch die Wahrheit, wenn der Gegenstand auch aus dem drolligsten Standpunkt betrachtet wird, zwar hier dabei nichts gewinnen, aber auch nichts verlieren; und dieses ist schon etwas.
Der Ansicht des Verfassers zufolge, hat es mit der Erscheinung zu Zons gleiche Bewandniß, wie mit der bekannten Rhabdomantie, wo, nach Amorettis vielfältigen Beobachtungen, der 5te Theil der Menschen Metallfühler sind. Da nun die, das Haupt des Muttergottesbildes zierende Krone von Eisen ist, so erzeugt dies Stückchen Eisen bei Exaltazion und erhöhter tellurischer Thätigkeit des sensitiven Systems auf einzelne Gehirnnerven hiezu empfänglicher Menschen allerlei Gesichtsbilder in plastischen Formen; und so wäre hiemit das ganze Wunder auf einmal erklärt.
Das Gutachten, so wie die Sentenz, lassen sich beide recht gut lesen, man hat den Vortheil dabei, daß man, ohne etwas zu wissen, doch etwas zu wissen glaubt. Nur ein kleiner Umstand könnte hier zu einer verderblichen Konferenzmacherei führen. Wenn nämlich schon die kleine Krone von Eisen in Zons auf einzelne Gehirnnerven so vieler Individuen Gesichtsbilder in plastischen Gestalten bewirkte; was würden dann wohl die ungeheuren Massen von Eisen- und Stahlfabriken erst für mannichfaltige Gesichtsbilder in plastischen Formen erzeugen? Unter der großen Zahl von Arbeitern in diesen Fabriken und unter den vielen Menschen, welche Kauf und Verkauf und oft nur bloße Neugierde dahin lockt, gibt es doch gewiß auch eine schöne Anzahl von Leuten mit erhöhter tellurischer Thätigkeit des sensitiven Systems, und da diese, nach dem Verfasser, durch geistige Atmosphäre ihren Zustand auch auf andere, selbst auf Thiere, übertragen können: so müssen nothwendig in jeder Provinz, wo es eine Stahl- und Eisenfabrik gibt, bald alle Einwohner, sammt ihren Pferden, Kühen, Kälbern, Katzen und Hunden, ausgemachte, komplete Visionärs werden. – Welche nur einigermaßen sorgsame Polizei wird in irgend einem Lande in der Zukunft noch Stahl- und Eisenfabriken dulden wollen? – Welche Kameele verschluckt doch nicht der Aberwitz, bloß um nicht eingestehen zu müssen, daß weiß – weiß und schwarz – schwarz ist.
Ungleich ungetrübter und klar, wie ein Kristallbach, fließt das Raisonnement in Nro. 73; denn da der Verfasser die Güte hatte, alle Prämissen nach seinem Bedarf so zu schaffen, und zu modeln, wie er es für gut fand, dabei sich auch die Mühe nicht verdrießen ließ, Thatsachen anzuführen (wovon jedoch außer ihm keine lebende Seele etwas weiß), die ihm als faktische Beweise dienen könnten; so mußte nothwendig hiedurch seine Dialektik eine gewisse, siegende Kraft gewinnen, an welcher es ihr in dem Aufsatz von der Rhabdomantie, den Metallfühlern, den schlafenden Nerven, den plastischen Gestalten des zweiten Gesichts durchaus gebrach.
Indessen ist doch auch hier, wie wir gleich sehen werden, seine Logik nicht ganz kugelfest. Seinen jetzigen Ansichten nach ist die wunderbare Erscheinung über der Krone des Marienbildes nichts, als das reflektirte Licht der auf dem Altare brennenden Wachskerzen. 'Die Strahlen’, sagt er, 'diese verschiedenen Lichter fallen auf die Krone und Schilder nach verschiedenen Winkeln ein, so daß sie, ineinanderspielend, über der Krone für denjenigen einen Glanz hervorbringen, welcher den Standpunkt in der Kirche auf denjenigen Winkel gefunden hat, wohin (unter welchem?) die Stralen der Krone zurückgeworfen werden.’
Erstens müssen wir hier bemerken, daß nicht von einem Glanz, sondern von einer in der Mitte der Krone sich bildenden und merkbar über diese sich erhebenden, hell leuchtenden Flamme die Rede ist. Ferner sagt der Verfasser, daß die verschiedenen, ineinander spielenden Lichter für denjenigen einen Glanz hervorbringen, welcher etc. – Hätte er gesagt: hervorbringen können: dann würde er etwas Vernünftiges gesagt haben, dabei aber doch nur einen ganz gemeinen, gewöhnlichen, auch dem beschränktern Verstande sich von selbst darbietenden Gedanken, der auch dem einfachsten Zonser Tagelöhner nicht entgangen seyn konnte, wie dieses die Erfahrung täglich bewiesen hat; indem alle, welche Neugierde oder Hang zum Wunderbaren, oder wirkliche Andacht, oder sogar auch Lust zum Spotten und Höhnen dahin führten, die ganz einfache, natürliche Vorstellung der Möglichkeit einer Täuschung durch reflektirte Lichtstralen dadurch kundbar machten, daß sie ihre Stellen sehr oft veränderten, in der Kirche von jedem Standpunkte aus das Marienbild betrachteten, den Altar umgingen, und kurz alles thaten, was der schlichte Menschenverstand angibt, um sich gegen eine Täuschung dieser Art zu verwahren. Ja in den ersten Wochen geschah noch mehr. Man verrückte die brennenden Kerzen, nahm sie von dem Altare hinweg, löschte sie aus, ließ vor dem Fenster, durch welches die Sonnenstralen einfielen, Vorhänge herab, wies selbst dem Marienbilde eine andere Stelle an, und das Resultat aller dieser Experimente war stets, daß diejenigen, welche die Flamme sahen, sie aus jedem Standpunkte und unter allen ergriffenen Maaßregeln erblickten; während sie denjenigen, deren Blicken sie sich entzog, auf keinem Punkte der Kirche und unter keiner Vorbereitung sichtbar ward.
Zwei Eheleute aus dem Bürgerstande, beide sehr gutmüthige, offene und gerade Menschen, entschlossen sich ebenfalls, nach Zons zu wandeln. Nur die Frau war katholisch, der Mann gehörte der protestantischen Konfession zu. Sie hatten kaum die Kirche betreten, als der Mann sogleich auch eine und, wie ihm deuchte, sehr stark lodernde Flamme über dem Haupte des verehrten Bildes erblickte; er machte seine Frau darauf aufmerksam; aber diese sahe nichts; vergebens wechselten sie ihre Stellen; ungeduldig über seine Frau, führte er sie gegen eine andere Seite der Kirche; aber die gute Frau konnte immer nichts sehen, während die kleine, holde Flamme, die dem Verstande leuchtet, und das Herz erwärmt, und die Seele mit Wonne füllt, dem Manne ununterbrochen sichtbar bleibt. – Sehr naiv äußerte sich dieser nachher: 'daß ich es gesehen habe, weiß ich gewiß; dies lasse ich mir nicht abdisputiren; was ich aber davon denken soll, dies weiß ich nicht.’ (!!)
Auch aus Köln kam ein nicht unbedeutender Mann nach Zons; da es ihm weder an Bildung, noch an Verstand und Erfahrung fehlte, ergriff er alle in solchen Fällen gegen Täuschung gewöhnliche Verwahrungsmittel; auch ihm erschien die wundervolle, bis jetzt noch nie erklärte Flamme, so lange er in der Kirche verweilte, entschwand sie seinem Auge auch nicht eine Stunde. Innigst hievon ergriffen, ging er selbst zu dem Pastor, schrieb eigenhändig seinen Namen auf die Liste der Zeugen, und legte hierauf, um seine Aussage zu beurkunden, seinen goldenen Siegelring in die Hände des würdigen Pfarrers.
Noch mehrere dergleichen wahrhafte und bewährte Zeugnisse könnten wir hier anführen. Nur ein Einziges finde noch hier seine Stelle.
Ein an sich ganz unbedeutender, jedoch von Natur wenigstens mit dem gewöhnlichen Bedarf von Menschenverstand ausgerüsteter Mann, und der allenfalls zur Nothdurft auch noch so viel optische Kenntnisse besaß, daß er es wohl sich zu erklären wußte, warum sein Spiegel, wenn er sich demselben gegenüberstellte, ihm sein werthes Bild entgegen warf: dieser fühlte sich gleichfalls angetrieben, nach Zons zu wallen. Nicht Erwartung ungewöhnlicher Erscheinungen, nicht Neugierde, nicht Hang zu dem Wunderbaren führten ihn dahin; er ging nach Zons, weil es ihm so einfiel, und weil er wußte, daß auch unter den prächtigen Hallen der Peterskirche, selbst von den Händen des Oberhauptes der Kirche kein höheres, heiligeres und seiner würdigeres Opfer dargebracht werden kann, als jenes ist, welches auch in Zons von den Händen eines gemeinen Priesters dem Ewigen dargebracht wird. Was er also an diesen, von einer schönen Natur umgebenen und, wie ihm deuchte, zwar von armen, aber sehr guten, Friede liebenden Menschen bewohnten Ort mitbrachte, war ein völlig unbefangenes Gemüth, ein ruhiges, weil demüthiges Herz, gesunde, noch ungeschwächte Sehorgane und nebst diesen auch ein fester, durch Vernunft, Schrift, Kirchengeschichte und heilige Ueberlieferung zur innigsten Ueberzeugung übergegangener Glaube an die Möglichkeit der Wunder, und vorzüglich an die, in unmittelbaren, sichtbaren Kraftäußerungen der göttlichen Allmacht sich ununterbrochen beurkundende Wirksamkeit der alles vermögenden Fürbitte der Mutter seines Herrn und Gottes, der Hochbegnadigten, der reinen, makellosen Jungfrau, von welcher von Gott begeisterte Männer Jahrhunderte hindurch weissagten, nach welcher alle Völker, als nach der, die Sonne der Gerechtigkeit verkündenden Morgenröthe sich sehnten, derjenigen endlich, welche der Geist Gottes durch den Mund Gabriels die Gnadenvolle nannte, und von welcher endlich selbst das Evangelium das nicht genug zu beherzigende Zeugniß ablegt: daß alle kommende Geschlechter sie loben und preisen, und bis an das Ende der Welt alle Geschlechter der Erde sie loben und preisen werden.
Beinahe in der völligen Ueberzeugung, daß er nichts sehen würde, ging er früh am andern Morgen in die Kirche. Noch flammten keine Kerzen; die Frühmesse hatte noch nicht begonnen, und selbst von dem frommen Landvolke war noch niemand da. Mehrere Minuten hindurch mit unverwandtem Auge das Muttergottesbild anzuschauen, konnte ihm nicht einfallen. Ununterbrochenes, ermüdendes Hinstarren auf den nämlichen Gegenstand konnte also seine Augennerven nicht reizen, keine täuschende Phantome durch diesen Reiz erzeugen. Beschäftigt, wie er sich in jeder Kirche zu beschäftigen sucht, erhob er nur bisweilen seinen sehnenden, aber wahrlich nicht nach Wunder sehnenden Blick zu dem Gnadenbilde Mariens, zu dem Bilde derjenigen, an deren holden Namen sich so viele heilige, herzerhebende, alle Geister in namenloser Wonne versenkende Rückerinnerungen knüpfen; und bei einem solchen, beinahe unwillkührlichen Emporschauen geschah es, daß er die kleine, anfänglich weisse, dann heller und heller leuchtende und zuletzt in ein funkelndes Roth übergehende Flamme sah; er sah sie bei gesundem, unüberraschtem Sinn; er sah sie endlich unter gewissen, die Erscheinung begleitenden Umständen, welche wenigstens seiner individuellen Ueberzeugung nichts mehr zu fordern übrig ließen. – Da wir die zwei vorangegangenen Zeugen nicht durch ihre Namen kennbar zu machen uns erlauben wollten, so dürfen wir dieses noch weniger bei diesem letztern thun, indem wir hierzu nicht ermächtigt sind, und die ziemlich weite Ferne, in welcher er von uns lebt, dessen Ermächtigung einzuholen uns wenigstens für diesen Augenblick nicht gestattet.
Was das Anekdötchen betrifft, welches in dem zweiten Aufsatz Nr. 73 erzählt wird, daß nämlich der Landrath und der Ortsbürgermeister nebst zwei andern Bürgermeistern, gleich beim Eintritt in die Kirche, den rechten Standpunkt gefunden, unter welchem die Reflexion der Wachskerzen ihnen eine Flamme über dem Haupte des Marienbildes gezeigt hätte, daß aber diese Flamme, als sie die Wachskerzen auslöschen ließen, sogleich verschwunden und, bei wieder angezündeten Kerzen, auch auf das Neue wieder sichtbar geworden wäre: dies ganze saubere Geschichtchen können wir, nach sorgfältig eingezogener Erkundigung, hier öffentlich für ein Ding erklären, das nicht das Ding ist, für welches der Verfasser es ausgiebt. – Will man also das Wesentliche, die wahre Substanz aller drei in dem Westphälischen Archiv erschienenen Aufsätze hier in wenigen Worten zusammenfassen; so muß man sagen: in dem ersten wird gefaselt; in dem zweiten unwahr berichtet, und in dem dritten geschmähet. – Was die Wahrheit bei einer solchen Dialektik gewinnen kann, wird jeder Leser von selbst begreifen."


18. November 1822: Der Landrat informiert die Regierung Düsseldorf über angebliche Wundererscheinungen an einer Pyramide auf dem Hochaltar in der Zonser Pfarrkirche (erwähnt im Schreiben der Regierung Düsseldorf an den Generalvikar vom 31. Dezember 1822; s.u.).


19. November 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" von diesem Tag (Nr. 93) äußert sich ein Anonymus zum Wunder:

"’Nochmals das Wunder zu Zons’
Das vielbesprochene Wunder in Zons, welches die leichtgläubige Menge einer ganzen Provinz in Bewegung gesetzt, wird denn nun, hoffentlich, bald sein unseliges Ende erreicht haben.
Vor einigen Wochen sind zwei achtungswerthe Geistliche aus Köln, als Kommissarien der bischöflichen Behörde, dort gewesen, und von dem bekannten geraden Sinne derselben, darf jeder Vernünftige mit Recht eine Erklärung erwarten, die ihnen Ehre macht, und der, durch Unverstand, Bosheit und 'auri sacra famea’ entwürdigten, Religion, Genugthuung verschafft.
Ich, meines Theils, halte mich schon a priori überzeugt, die gedachten Herren werden nichts Wunderbares entdeckt haben, wenn sie nicht, wie jeder andere vernünftige Mann, das für ein Wunder erklären müssen, daß vernünftige Menschen dergleichen Erbärmlichkeiten beistimmen konnten.
Das wird nun freilich Manchem in Zons, der, bei dem dolce far niente gern gut lebt, nicht gefallen; allein wer kann dafür, wenn die würdigen Herren Kommissarien, nach der beliebten Erklärungsweise der Zonser, auch unwürdig waren, das zu sehen, was den Zonser Wirthen doch so klar war.
Daß ihrem Wunderbilde ein harter Stand bevorstehe, davon scheint man eine Vorahnung gehabt zu haben, denn in der letztern Zeit hat man es durch einige in der Kirche eingeschlossene Gläubige zur Nachtzeit bewachen lassen. Als ob ein so wunderthätiges Bild sich nicht verwahren könnte! Oder galt die Wache den Opfergaben, den silbernen Herzen und dem silbernen Beine, das ein betrogener Mann dargebracht, der Zons eben so lahm verlassen, als er dahin gekommen?
Da indessen die Sache nun einmal ein solches Aufsehen im Lande gemacht, Zons die wohlthätigen Wirkungen derselben im reichen Maaße empfunden, die Wirthe schon mehr, als großstädtisch rechnen gelernt hatte (30 Stüber für ein frugales Mittagsessen) und also alles in bester Weise im Gange war, so hätte man freilich erwarten sollen, daß man wenigstens mit dem Magnetismus, der sonst mit Erfolg dort betrieben worden, doch einen Versuch gemacht hätte, um den himmlischen Mächten in dem Augenblick zu Hülfe zu kommen, als es dem 'Seyn oder Nichtseyn’ galt. Denn da, nach Richters Annalen, auch auf leblose Körper die magnetischen Wirkungen übertragen werden können, so wollte ich wohl was wetten, die Sachen standen dann jetzt ganz anders.
Der Hr. Verfasser des Aufsatzes in Nro. 68 wird hier Gelegenheit haben, mir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, wenn er, nach meinen frühern Aeußerungen, mich in dem Verdacht haben möchte, als sey ich ein Gegner des Magnetismus. Das bin ich denn nun wohl nicht, allein meinem Grundsatze bleibe ich treu, so lange ihn aus dem Spiel zu lassen, als man seiner nicht gerade bedarf, um aus einem natürlichen X ein übernatürliches U zu machen. Eine beabsichtigte 3tägige Illuminazion nach dem Muster der schon früher erwähnten ist durch die vernünftige Maaßnahme des Landraths des Neußer Kreises nicht zu Stande gekommen. Er verdient hierfür um so mehr den Dank eines jeden Menschenfreundes, als die Folgen nicht zu berechnen waren, welche bei einer solchen Illuminazion an den Kirmeßtagen für die Ungläubigen hätten entstehen können.
Fritz von der Neers."


22. November 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" von diesem Tag (Nr. 94) äußert sich ein Anonymus zum Wunder:

"Man sagt: eine Kommission von Köln habe die Mirakel zu Zons untersucht, und das wunderthätige Bild aus der Kirche genommen, worauf gleich eine Menge Mirakel erfolgt wären, als:
1) Alle Hühner hätten gekräht, welches zur Folge gehabt,
2) daß der Landrath vom Pferde gefallen,
3) der Bürgermeister aus seiner Chaise,
4) der ungläubige Pastor zu N[ievenheim] sey schwachsinnig, und
5) der ungläubige Vikarius zu Zons sey versetzt worden.
Ob dieses überall zirkulirende Gerücht wahr ist, darüber wolle uns ein glaubhafter Nachbar von Zons Nachricht geben.
Caspar von der Erfte."


29. November 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" von diesem Tag (Nr. 96) äußert sich ein Anonymus zum Wunder:

"Das vorgebliche Wunder zu Zons.
Antwort auf Nro. 91.
Sie irren sich sehr, mein Hr. Anonymus, wenn Sie glauben, daß das Flämmchen aus der Krone des Bildes zu Zons ein göttliches Wunder sey, denn
1) hat die vom hochwürdigen Generalvikariat zu Aachen niedergesetzte Kommission von geachteten Geistlichen darüber entschieden, und das Bild aus der Kirche nehmen lassen, damit dem Volke die Gelegenheit zum Fanatismus abgeschnitten werde, wie Sie aus der Beilage ersehen werden.
2) Hat sich aus der Untersuchung der weltlichen Obrigkeit ergeben, daß der Heiligenschein oder das Flämmchen nur eine optische Täuschung gewesen, worüber Ihnen der Ortsbürgermeister Hr. Baaden die Beweise liefern kann.
3) Haben Sie die Namen der protestantischen und katholischen Zeugen verschwiegen, welche das Flämmchen gesehen haben wollen.
Indessen will ich annehmen, diese Zeugen hätten es wirklich gesehen, so folgt daraus noch keine Realität des Wunders. Man hat Tausende von dergleichen Erscheinungen, welche aus einem exaltirten Gemüthe, durch einzelne Gehirnnerven erzeugt, sich dem Seher im gesunden Zustande so klar und deutlich darstellen, daß er sie unmöglich von der Wirklichkeit unterscheiden kann.
Jean Paul, welcher gewiß kein Schwärmer ist, hat darüber eigene Erfarungen erlebt, und sie in seinem Museum mitgetheilt.
Am merkwürdigsten ist die Erscheinung in dem Garten zu Kolmar, welche uns neulich von dem Schwiegersohne Pfeffels mitgetheilt worden. Der Kandidat des seligen Pfeffel wurde jedesmal durch einen elektrischen Schlag erschüttert, wenn er beim Spazierengehen an einer gewissen Stelle im Garten kam, und des Abends sah er eine weibliche Gestalt auf derselben. Man ließ an diesem Orte nachgraben, die Arbeiter fanden tief unter der Dammerde eine alte Kalkgrube und unter derselben ein weibliches Gerippe, welches vor Jahrhunderten daselbst begraben seyn mochte.
Dieser Kandidat war also kein Metall- – sondern ein Leichenfühler; der feine Aether des Gerippes affizirte seine Seele, welche ihm die Gestalt der Person als Traumbild plastisch darstellte.
Eben so gibt es Menschen, welche ausschließlich nur von Metall affizirt werden, deren ätherische Ausströmung ihnen solche Bilder vorführen, wovon sie sich früher Vorstellungen gemacht haben, als Berggeister, Kobolde, Flämmchen etc.
Der Ritter Carlo Amoretti, ein italienischer Gelehrter, hat darüber eine lange Reihe von Jahren Versuche und Erfahrungen gesammelt, welche in Eschenmayers Archiv 4ten Bd. 2tes Stück 1818 deutsch übersetzt sind. Er beschwert sich S. 77 über die Dummheit und Machtsprüche der italienischen Geistlichkeit in Sachen der Naturkunde, indem unter andern ein Franziskanermönch das Volk gegen ihn aufgewiegelt und behauptet habe, er, Amoretti, bediene sich der Hülfe des Teufels bei seinen elektrometrischen Untersuchungen.
Daß dergleichen Flämmchen und Geister nicht in den Eisenhütten vorkommen, wie Sie, mein Hr. Gegner, bemerken, liegt darin, daß der Visionair sich dabei nie etwas Wunderbares gedacht hat, wogegen die Bergleute, welche an einen Berggeist glauben, auch einen solchen sehen, wenn verborgene Metalle in der Nähe sind.
Wenn Sie sich von meinen Behauptungen noch näher überzeugen wollen, so lesen Sie die kürzlich erschienene Schrift über die Wunder des Christenthums für angehende katholische Geistliche von Karl Philipp Eduard Lillbopp, Mainz 1822, welche ihres belehrenden Inhalts wegen gegenwärtig in die holländische Sprache übersetzt wird, und daß der Verfasser kein Neologe, sondern, wie Amoretti, ein ächter römisch-katholischer Christ ist, der die Dogmen seiner Kirche strenge vertheidigt, werden Sie aus dem Inhalte seiner 8 Vorlesungen ersehen. Er sagt unter andern S. 109: In solchen Erscheinungen, in welchem man übrigens mit offenen Augen wachend ist, glaubt der Seher, das Gesehene stehe wirklich reel außerhalb seiner Anschauung, was doch nur plastisches Bild des innern Gefühls ist, das sich auf erhöhetes tellurisches Leben einzelner Gehirnnerven gründet – wovon der Verfasser eine Menge Beispiele anführt, welche mit dem vermeintlichen Wunder zu Zons Aehnlichkeit haben.
S. 110 sagt der Verfasser: Wenn ein Visionair, einen Geist sieht, der ihn körperlich beschädigt: so erblaßt er in dem Momente; die Oberfläche des Körpers erkaltet, das erwärmende Blut zieht sich aus den äußern Theilen des Körpers nach Innen, und erregt in der Brust Angst und Beklemmung; dadurch erhalten die unter der Haut sich befindenden lymphatischen Gefäße erweiterten Spielraum… In jener Geistervision fixirte sich nun der Schreck auf den Theil, der vom Geiste berührt seyn soll; kein Wunder also, daß dieser anschwoll, indem sich gerade auf dieser Stelle die Wirkung der Vision konzentrirte."


3. Dezember 1822: In der Zeitung "Rheinisch-Westfälischer Anzeiger" von diesem Tag (Nr. 97) äußert sich der Anonymus weiter zum Wunder:

"S. 113. Die von Archenholz erzählte Erscheinung, wornach die ganze Mannschaft eines englischen Schiffs in der Nähe des Vulkans Stromboli den Master Body mit einem großen Gefolge von Hunden in dem Augenblick in den Vulkan fahren sah, als Body starb – bewirkten die schwefeligen Kohlen- und Wasserstoffgas enthaltenden Ausdünstungen des Vulkan und brachten einen örtlichen Somnambulismus einzelner Gehirnorgane hervor.
S. 126. Auch den Somnambülen erscheinen Engel, Geister, die Seelen geliebter Freunde, die ihnen die einzelnen Krisen und das Ende ihrer Leiden mit großer Gewißheit vorherkündigen. Diese Visionen sind aber nur Prosopopöien des im Naturgeiste befangenen, seine eigenthümliche Leiblichkeit und dessen besondere Prozesse fühlenden Menschengeistes.
Seite 140. Der Ton der Harmonika wirkt so tief auf das Gefühl, daß er bei Nervenkranken manchmal Geistervisionen erzeugt.
S. 141. Schon die Mineralien (Metalle) wirken auf den Menschen nicht bloß vermöge ihrer dynamischen, chemischen und mechanischen Kräfte, sondern auch als Ausdrücke des Lebensprozesses im Erdorganismus, tellurisch und zwar in verschiedenen Systemen des Menschenkörpers und dessen einzelnen Organen. In dem Volksglauben wird diese siderisch tellurische Kraft der Mineralien personifizirt, und erscheint als Kobold, Bergmännchen, Erdgeist etc., die sich den Bergleuten, vorzüglich an jenen Orten zeigen, wo besonders mächtige Erzlager verborgen liegen… In spätern Zeiten wurde diese erhöhte Thätigkeit der tellurischen Kraft in einem sensitiven Organ als Kunst getrieben, und man bediente sich besonders der Wünschelruthe, und seit Amoretti’s, Greve’s und Ritter’s Versuchen auch der Pendelschwingungen und des bipolaren Zylinders zu diesem Zweck.
S. 143. Vermittelst der Zehen sahe Kiesers epileptischer Knabe alles auf den Straßen.
S. 149. 'Die Ausdünstungen der kastalischen Höhle, in welcher die Pythia saß, hatten zuweilen den Tod zur Folge.
S. 162. Die tellurische Kraft auf ihrer höchsten Potenz als psychische Kraft, macht alle niedere Kräfte, also auch die mechanische Schwerkraft, latent.
S. 164. Die Wundmahle Christi, welche sich bei hysterischen Personen abdrücken, sind keine Wunder… Schon die Spartaner kannten diese Einwirkung.
S. 166. Bey der Nonne zu Dülmen wirkte die hohe psychische Kraft des religiösen Gefühlslebens plastisch auf das eigene somatische Leben. … Diese Erscheinungen zeigten sich auch bey der Nonne Magdalena zu Hadamar, welche noch überdies die Wundmale der Dornenkrone in der Stirn eingeprägt hatte, aus denen am Charfreytag Blut floß. Dieses, selbst durch die Kirchenbehörde genau untersuchte und gehörig constatirte Factum findet in den angegebenen physiologischen Gründen seine Erklärung.
S. 164. Die veranlassenden Ursachen des zweiten Gesichts der Schottischen Hochländer scheint in terrestrischen oder klimatischen Verhältnissen zu liegen, indem bey diesen Visionairs die Eigenschaft verschwindet, wenn sie in andere Gegenden ziehen. … Besonders ist dies bey Hausthieren der Fall, woraus dann auch das Vorfühlen des herannahenden Todes des Herrn, durch geliebte Hausthiere, durch Pferde, Hunde etc. und selbst die Vision von Bileams Eselin einigermaßen sich physiologisch erklären ließe.
Diese wenigen Auszüge aus der Schrift eines Gelehrten und die öffentliche Bekanntmachung des Landraths zu Neuß werden Sie, mein Herr Gegner! in den Stand setzen, das Wahre vom Falschen in Ansehung des Wunders zu Zons unterscheiden zu können.
So sehr ich dem von aller Verbindung abgeschnittenen Orte Zons eine neue Erwerbsquelle gönne, so scheint es mir doch unrecht zu seyn, solche auf Kosten des armen Volkes eröffnen zu wollen. Sie werden es selbst fühlen, daß Fabriken, Künste und Wissenschaften in einem Lande nie emporkommen, wo das Volk gewohnt ist, in Massen von Hunderttausenden nach den entfernten Gnadenbildern zu strömen, und daß das aufgeklärte England, welches die Erde mit seinen Waaren überschwemmt, sich über unsern Fanatismus herzlich freuen muß, ist leicht zu ermessen. Die Beobachtung wird Ihnen auch nicht entgangen seyn, daß es nur geringe Leute sind, welche nach den Wallfahrts-Oertern gehen, und keine Solche, die mit der Naturwissenschaft bekannt sind, worüber sich neulich ein schlichter aber vernünftiger Bürger in D. folgendermaßen aussprach: 'Ich glaube, daß das Wallfahrten kein verdienstliches Werk ist, weil zu D. und C. eine Menge reichlich pensionirter Prälaten, Domherrn, Canonici wohnen, denen es an Zeit und Vermögen nicht fehlt, nach Kevelar zu gehen, das ihnen so nahe liegt, welches sie doch gewiß thun werden, wenn das Verdienst so groß wäre, als es uns von einigen Geistlichen angepriesen wird; aber man sieht nie einen solchen Gottesgelehrten Herrn zu Kevelar."


31. Dezember 1822: Die Regierung Düsseldorf an den Generalvikar: Der GV wird über ein weiteres "Wunder" in Zons an einer auf den Altar aufgestellten Pyramide mit Silberschmuck informiert, auf die schlechte Amtsführung des Kirchenrats hingewiesen und gebeten, diesen, auch aufgrund seiner langjährigen personellen Kontinuität, neu wählen zu lassen.

"In unserem Schreiben vom 30ten October des Jahres haben wir Euer Hochwürden bereits zu erkennen gegeben, daß wir bei der bewährten Schwäche des alten Pfarrers zu Zons nicht ganz ohne Sorgen seyen, ob nicht wieder ähnliche ärgerliche Auftritte sich ereignen würden, wenn ihm das Marienbild, welches zu den Unordnungen die Veranlassung gegeben hat, ferner anvertraut werden würde.
Nach einem Berichte des Landraths vom 18ten vorigen Monaths scheint der Zeitpunkt nahe zu seyn, wo diese Besorgniß in Wirklichkeit übergehen wird.
Ein Vorspiel zu den bevorstehenden Auftritten ist, daß eine Piramide mit Silbergeräthe, auf den Altar gesetzt, die Aufmerksamkeit des Volckes auf diese besonders gerichtet, und ein Soldat, der einen vorzüglichen Glanz an dem Geräthe vorgeblich wahrgenommen hat, vom Pfarrer darüber zum Protocoll vernommen worden ist.
Euer Hochwürden machen wir darauf aufmerksam, um den Unordnungen zeitig begegnen zu können. Wir können aber nicht unbemerkt lassen, daß die Weise, wie die Verwaltung des Kirchenvermögens zu Zons seit vielen Jahren geführt wird, unser Befremden erregt.
Nach dem Berichte des Landraths bekleidet der jetzige Präsident des Kirchenraths sein Amt schon 9 Jahre, und in gleichem Zeitraum soll keine Veränderung mit dem Personale des Kirchenraths vorgenommen worden seyn.
Selbst im Falle, wenn die Geschäfte gut geführt worden wären, würde doch eine solche Unregelmäßigkeit tadelswerth seyn, wie viel mehr muß sie es seyn, da Unordnungen mancher Art Statt gefunden haben.
Wir enthalten uns hier der weiteren Bemerkungen darüber, daß der Kirchenrath das Büdget für das Jahr 1822 angeblich am 7ten October 1821 aufgestellt, erst im September diesen Jahres der Bischöflichen Behörde vorgelegt hat. Allein wir können es nicht ungerügt lassen, daß ein Vertrag über Anschaffung zweier Altäre, in welchem die bedeutende Summe von 4.800 Thalern bedungen, ohne unser Vorwissen und ohne gehörige Prüfung abgeschlossen worden ist.
Dieses Benehmen verdient um so mehr Vorwurf, als die Anschaffung nicht aus bereiten Geldern bestritten werden konnte und nach Lage der Sache es zweckdienlich wäre, jährlich einiges von den Kircheneinkünften zurückzulegen, um die nöthige Erweiterung des Kirchengebäudes einst vollführen zu können.
Euer Hochwürden müßen wir diesemnach dringend ersuchen, eine gänzliche Erneuerung des Kirchenraths zu Zons bald vorzunehmen und vor allem den jetzigen Prasidenten und den Secretär von der neuen Wahl auszuschließen.
Indem wir einer gefälligen Antwort auf dieses unser Schreiben entgegen sehen, bringen wir auch unser früheres Schreiben vom 30ten October diesen Jahres, den Vicar Angersbach betreffend, in gefällige Erinnerung."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]

1823-1855

14. Februar 1823: Der Generalvikar an die Regierung Düsseldorf: Dem Zonser Pfarrer sei unter Strafe seiner Entlassung verboten, die Figur wieder in der Kirche aufzustellen, auch habe der GV dem Pfarrer die von diesem gemeldete Ausstellung der Madonna-Votivgaben auf dem Altar verboten. Der Kirchenrat sei bislang regulär gewählt worden, das von der Regierung kritisierte Verhalten mit dem Generalvikariat abgestimmt.

Konzeptschreiben:

"Dem Pfarrer zu Zons ist unter Strafe seiner Entlassung die Wiederaufstellung des Marienbildes in der Kirche verboten, und ich habe Ursache zu glauben, daß er sich diese Strafe nicht verwirken wird, auch hatt er mir sein eigenhändiges Streben betheuert, daß dasselbe ohne meine ausdrückliche Erlaubnis nie mehr wird zum Vorschein kommen.
Die Ausstellung der Geschenke, die früher an dem Muttergottesbilde gemacht sind, hat er mir angezeigt, worauf ich ihm bedeutet habe, solche sofort wegzunehmen.
Das Gesetz vom 30. XI. 1809 verordnet, Artikel 7, die Erneuerung eines Kirchenraths nach jeden 3 Jahren, sagt aber auch ausdrücklich, daß die ausfallenden Glieder wieder können erwählt werden. … Aber so verordnet der 9te Artikel zwar, daß der Secretair und der President des Rathes alle Jahre solle ernannt werden, aber auch wieder können erwählt werden."

Der Präsident sei seit 1810 bei den Wahlen jedesmal wieder als Mitglied und Präsident bestätigt worden. Sollte der Kirchenrat sich in der Verwaltung jedoch etwas zu Schulden kommen lassen, habe der Generalvikar die Möglichkeit, diesen zu suspendieren.

"Der Vorsatz zur Stellung dreyer neuer Altäre und anderer Kirchenarbeit ist zwar vermittelst des Budgets von hieraus genehmigt, da aber der Cassenvorrath kaum die Hälfte der Ausgabe bildete, ist der Verwaltung durch ein besonderes Schreiben bemerkt, daß nach Vorschrift der Artikeln 41, 42, 43, 49-93 und folgende auch die Genehmigung der Staatsbehörde sorgen muß nachgesucht werden; im Fall sollte dieses nicht beachtet werden, wünsche ich, hiervon in Kenntniß zu setzen, um nach Befunde zu verfahren."

[AEK, BA 146,4, unpagin.]


6. April 1823: Kirchenrechnung Zons für das Jahr 1822: Ausgaben im Zusammenhang mit der Wundergeschichte.

Das Gehalt des Vikars Angersbach beträgt 166 Reichstaler und 40 Stüber, seine Hausmiete 25 Reichstaler.

Dem Vikar Brings wurde das Gehalt von zehn Monaten und dem angetretenen Vikar Schieffers von zwei Monaten gezahlt in Höhe von insgesamt 183 Reichstalern, 20 Stübern, Hausmiete 25 Reichstaler.

An den Kölner Hostienlieferanten wurden 5 Reichstaler, 20 Stüber gezahlt, deutlich mehr als im Vorjahr (3 Reichstaler, 20 Stüber).

Unterschrieben von den Kirchenratsmitgliedern Präsident Lambert Joseph Kauhlen, Johannes Heinrich Schneider, Joseph Hugo und Mathias Schmitz.

[PfAZ, 1037]


16. April 1823: Der Landrat an die Regierung Düsseldorf: Nachdem er endlich das Budget über die außergewöhnlichen Kosten der Kirche Zons (Vergolder Kamberger aus Düsseldorf; s.o. 01. September 1822) erhalten hat, kann er diese überreichen.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.]


17. Juni 1823: In der Zeitschrift "Hesperus – Encyclopädische Zeitschrift für gebildete Leser" (Cotta Stuttgart/Tübingen), Nr. 144 von diesem Tag erwähnt ein Anonymus in der Reihe "Reise-Bemerkungen von 1822" das Zonser Wunder (S. 576)

"Ich benutzte die ersten Tage meiner Rückkehr nach Düsseldorf zu einem Besuche in dem benachbarten Städtchen Zons, wo das Muttergottes-Bild auf einmal wunderbare Glorie bekommen hatte. Dieser Heiligenschein lockte von allen Seiten gläubige Seelen herbey, und Alles schrie: Mirakel! Endlich entdeckte es sich, daß dieser Schein von dem Wiederschein der Kerzen auf ein Paar falsche Steine in dem Diadem der Madonna hergekommen war. Es ist doch Schade, daß die neuen Wunder alle nicht mehr vorhalten wollen."


1823. In Mainz erscheint anonym die Monografie von Friedrich von Kerz: "Über das vermeintliche oder wirkliche Wunder in Zons":

Bis Seite 13 ist das Werk textlich nahezu identisch (fast nur einzelne Schreibweisen sind abweichend) mit dem Text im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger, Nr. 91 vom 12. November 1822 (s.o.). Der darauf folgende Text (S. 13-28) lautet:

"Wahrscheinlich wird mancher Katholik, selbst wenn er zu den eifrigsten Verehrern Mariens gehört, zu sich und vielleicht auch zu andern sagen: aber wozu den[n] diese Flamme in Zons? ist es ein Wunder; nun wozu und zu welchem Zwecke ist es da? – Diese Fragenden erinnern wir an das kleine, aber Inhaltsschwere Gebeth, welches jeder Katholik gewiß schon oft an dem Fuß unserer Altäre zu dem Ewigen emporgestreckt hat, nämlich: justos conserva, peccatores justifica et propitius esto mihi maximo peccatori. Die Erhörung dieses dreyfachen Gebetes hat jene Flamme oft schon und zwar in überschwänklichem Maße verkündet. In einer Zeit, wo der Unglaube sein grinzendes Gespenstergesicht mit immer zunehmender Freiheit zur Schau trägt; wo es die Gläubigen 'wie ein Mord in den Gebeinen brennt, wenn die Feinde der Christusreligion höhnend zu ihnen sagen: wo ist denn euer Gott?’ wo ferner das wilde Jagen nach Genüssen noch so manchen Unglücklichen der Religion und dem Glauben seiner Väter entführt, blos weil die Religion diese Lüste verdammt und die Sinnlichkeit zu zügeln gebeut; in einer Zeit endlich, deren monstruöse Geburten, oft schmerzhaft eingreifend in die Individualität vieler Tausenden, einen höhern, vollgültigern Trost eben so erwünscht, als nothwendig machen: in einer solchen Zeit kann und muß eine Erscheinung, wie jene in Zons, jeden Frommen in seinem Wandel, in seinem Glauben und in seinen Hoffnungen stärken und festigen, den mehr durch Leichtsinn und böses Beispiel, als absolute Bosheit, verführten Sünder zur Buße locken, und dem Traurigen, der, indem er sein thränendes Auge zum Himmel emporhebt und wehmüthig ausruft: propitius esto: in seinem Innern zu rufen: ’Gehe hin, Er ist und bleibt dir gnädig.’
Wollte man ferner noch fragen: warum gerade das kleine, unbedeutende, kaum in einem engen Regierungsbezirk bekannte Zons? – Dann könnte man antworten: Auch Bethlehem war klein, arm, unbedeutend und ausser Judäa niemanden bekannt; und dennoch ward es der Schauplatz des größten, wundervollsten, den Himmel und die Erde umfassenden und das ganze Heer der Sonnen und Sterne in staunendes Entzücken versetzenden Ereignisses; jenes Ereignisses, in welches es selbst den höchsten und seligsten Geistern einzudringen fruchtlos gelüstet.
Möchte doch jeder Katholik, unbekümmert um die hohle Weisheit eines flachen, notorisch am Schwindel leidenden Zeitalters, und fest haltend an den Lehren und Angaben unserer heiligen Kirche, mit glühender Liebe sich dem Dienste Mariens weihen; möchte man vorzüglich das noch schuldlose Herz unverdorbener Jugend hiezu entflammen; welcher Segen würde nicht auf ganze Länder wieder herabströmen; welche Ruhe, welcher himmlische Frieden, welches häusliche Glück, welches Gedeihen jeder Unternehmung würden dann nicht in dem Kreise von tausend und abermal tausend Familien wieder aufblühen, Zufriedenheit und hohe Freudigkeit überall verbreiten und jenen unseligen, alle göttliche und weltliche Ordnung stöhrenden Geist verbannen, welchen die größten Mächte mit allen ihren zeitlichen Mitteln schon so viele Jahre zu bekämpfen fruchtlos sich abmühen.
Heilige Sagen, die aus den ersten Zeiten der Apostel zu uns herüberfallen, lehren uns was Maria uns seyn muß; ja sie lehren uns was Gott selbst will, das Maria, die holde, huldvolle Himmelskönigin uns seyn soll. Schon der Name, wie der heilige Ambrosius uns in einer seiner schönsten Homelien belehrt, ist Geheimniß- und Bedeutungsvoll. Maria heißt Stern, Königin; und wer wollte zweifeln, daß: wie bei dem heiligen Vorläufer, nicht auch bei dem Wahl des Namens der makellosen Jungfrau, aus deren jungfräulichen Schoße das Fleisch gewordene Wort des ewigen Vaters hervorgehen sollte, die göttliche Vorsehung unmittelbar waltete und Alles ordnete? ist dies aber geschehen; O! so verkündet auch schon der Name Maria uns unsere Pflicht und lehrt uns, welche grenzenlose Verehrung, welche glühende Liebe, welche ununterbrochenen Huldigungen wir Ihr, die über Alles Erhabenen, schuldig sind. O! Du Hochgebenedeite; welcher Mensch vermag würdig Dich zu loben, welcher Mensch vermag nur würdig Deinen hohen, Trost- und Wonnevollen Namen auszusprechen?
Gleich an der Wiege des erst neu aufsprossenden Christenthums, ward in den heiligen Kirchen der Apostel selbst, der Dienst Mariens gegründet; und als Sie, deren heilige Seele und zweifach geheiligter Leib die ähnlichen Abdrücke aller Züge ihres göttlichen Sohnes trugen, gleich Diesem, durch die Pforten des Todes in die Herrlichkeit des Vaters einging, erhielt dieser Dienst durch ein unmittelbares Wunder vom Himmel eine göttliche Sanktion. [an dieser Stelle Fußnote: Eine jener heiligen Sagen erzählt, daß, als die allerseligste Jungfrau, ohne krank zu seyn, selbst ohne alle fehlbare Abnahm ihrer physischen Kräfte, ihren reinen, himmlischen Geist aushauchte, gerade alle Apostel, nur Thomas ausgenommen, durch eine offenbare Wirkung der göttlichen Vorsehung, Geschäfte halber in Jerusalem versammelt waren. Sämmtliche Apostel trugen und begleiteten den entseelten Leichnam der Mutter ihres Herrn zu Grabe. Wenige Tage nachher kam, durch gleiche göttliche Fügung Thomas in Jerusalem an. Auch er wollte die, wie er meinte, sterbliche Hülle der gebenedeiten Mutter seines Gottes noch einmal sehen, noch einmal mit Ehrfurcht begrüßen. In Gegenwart aller Apostel ward das Grab geöffnet; aber der Leichnam war verschwunden. Freudiges hohes Gefühl ergriff die Fürsten der Kirche und Gott preisend, dankten sie ihm für die Herrlichkeit und Glorie Derjenigen, welche selbst der Hochgesang der Engel nicht würdig genug zu preisen vermag.]
Hoch feierten schon in den ersten Jahrhunderten die ehrwürdigsten Kirchenväter das Andenken Mariens, ihre von keinem Sterblichen zu erreichenden Tugenden, ihre von dem heiligen Geiste über sie ausgeströmten Gaben und welchen die Hand der Allmacht selbst, als ihrem eigenen Werke, in Marien die schönste ihrer Kronen aufsetzte. Nie ergeußt sich die lebendige, und weil selbst begeistert, Alles begeisternde Beredsamkeit eines heiligen Augustinus, Ambrosius, Chrysostomus, Ephiphanus etc. etc.; mächtiger und glühender in Worten und Ausdrücken, als wenn sie ihre Zuhörer zur Verehrung der Gnadenvollen zu entflammen suchen. Welche himmlische, heilige Gefühle schwellen nicht ihre Brust, wenn sie die reine, makellose Jungfrau, über welche selbst die Erbsünde keine Gewalt hatte, als ein unerreichbares, mit allen Gaben und Gnaden des heiligen Geistes ausgeschmücktes Ideal jeder menschlichen und göttlichen Tugend, und als ein Gegenstand der unausgesetzten Verehrung, der innigsten Liebe und der reinsten Huldigung, ihren Zeitgenossen, wie allen kommenden Generationen aufstellen? Die Liebe zu Marien erglühet nur an der Liebe zu Jesu; und die Gnade der vollkommensten, gelautertsten Liebe zu Jesu wird nur durch die Fürbitte und unter den schützenden Flügeln Mariens erhalten.
Durch den Lauf aller Jahrhunderte hindurch war ächte, seelenvolle Verehrung der gnadenvollen, glorreichen Himmelskönigin gleichsam der unverfälschte Stempel, der unauslöschliche Charakter jeder hervorleuchtenden Heiligkeit. Je weiser, Geist- und Salbungsvoller die Lehrer waren, welche in der Kirche Gottes die Völker lehrten, je strahlender die Heiligkeit war, mit welcher sie in ihrem Wandel ihren Zeitgenossen vorleuchteten: je lebendiger, reiner und glühender war auch ihre Liebe zu Marien, je freudiger, feuricher und ausdauernder war auch ihr Eifer in dem Dienste der holdseligsten aller Mütter, der Mutter ihres und unsers Herrn und Gottes sprechende Beispiele hiervon sind die schon erwähnten heiligen Kirchenväter; ferner der heilige Johannes von Damaskus, der heilige Bernard, Thomas von Aquin, die Blumme aller Lehrer; die heiligen Ildefons, Ignatius, Xaverius, Franziscus von Sales und endlich die von dem heiligen Geiste so wunderbar erleuchtete heilige Theresia mit ihrem vollen, von Liebe zu Gott und Marien stets überfließenden Herzen. O! wie viele Andre könnten wir hier noch nennen, deren Namen alle längst schon glänzen in dem Buche des ewigen Lebens.
Es ist ein eben so schnödes, als frevelhaftes, von Leidenschafft und krasser Unwissenheit zeugendes Beginnen, wenn man uns Katholiken den Vorwurf machen will, daß unser Dienst zu Marien in eine Art von Abgötterei ausarte. Wer von ihren Verehrern weiß nicht, daß wir Mariam nicht würdig verehren können, ja daß sie unsere Huldigungen verschmäht und wir ihres Schutzes uns nicht erfreuen dürfen, wenn unser Herz sich nicht auch in Liebe zu ihrem göttlichen Sohn ergießt, wenn nicht der Schmerz dieser Liebe Zerknirschung und Reue über unsere Sünden und die Tiefe unserer Verworfenheit in unserm Herzen erzeugt, und diese Reue endlich, befruchtet von Thränen ernster Buße, segenvolle Früchte eines heiligern, wahrhaft evangelischen Wandels in uns hervorbringt. So wie mehrere flammende Kerzen, in einer gewißen Nähe aneinander gereihet, wechselseitig in einander wirkend und spielend, die Flamme jeder einzelnen erhöhen; eben so erhöhet und vermehrt die Liebe zu Marien die Liebe zu Jesu, und die Liebe zu Jesu wieder die Liebe zu der holdseligsten Mutter des Holdseligsten aller Menschenkinder.
Ununterbrochen waltet und wachet der Geist Gottes über seiner heiligen Kirche. Wenn diese also aus weisen Gründen gewiße Wahrheiten und Lehren noch nicht als allgemeine Dogmen aufzustellen für gut fand, aber doch über eben diese Lehren und Wahrheiten uns ihren Rath und ihre Winke ertheilte; so muß jeder denkende, von dem Wesen und der Heiligkeit der Kirche durchdrungene Katholik auch diesen Rath und diese Winke schon als Entscheidungen der unfehlbaren Wahrheit erkennen.
Ward demnach der Glaube an die unbefleckte Empfängniß Mariä und an ihre Himmelfahrt von der Kirche bis jetzt noch nicht zu einem, das Gewissen ihrer gehorsamen Kinder, bindenden Norm gemacht; so stehen diese Lehren doch nicht minder fest, nicht minder unerschütterlich da. Dieselben gehen, sagt der heilige Augustinus, schon aus der Vernunft hervor; und wir setzen hinzu, sie gehen, wie der Duft aus der Blume, aus dem ganzen Zusammenhange unserer Religion, ja aus der Natur unserer erhabensten und heiligsten Mysterien von selbst schon hervor. 'Das Unrecht der Väter’ spricht Gott 'werde ich in den Kindern, bis in das dritte und vierte Glied heimsuchen.’ Thut der Mund der ewigen, unwandelbaren Wahrheit selbst diesen Ausspruch; so muß auch die Sünde der Väter, die Sünde und Schmach der Mutter auf den Sohn übergehen; und geschieht dieses, wie konnte Der, vor dem die Himmel nicht rein sind, aus dem Jungfräulichen Schoose Mariens hervorgehen, wenn diese von der Erbsünde belastet, als ein Kind des Fluches, als ein Sclave der Sünde unter der Herrschaft des Teufels gestanden hätte, – Welcher frevelnder, ja wohl mehr als frevelnder, welcher Gott selbst lästernder Unsinn!
Aber blos durch die Sünde selbst kam Tod und Verwesung über die tiefgefallene Menschheit. Sie die Engelreine wußte nichts von der Sünde; an ihrem, von Anbeginn an, von dem heiligen Geiste zu einem lebendigen Tempel des heiligen Geistes geweihten und geheiligten Leibe konnte also die Verwesung keinen Antheil haben. Gleich dem, der einst als ihr Kind zu Bethlehem Ephrata in der Krippe weinte und auf Golgatha den Himmel mit der Erde aussöhnte, stieg sie mit verklärtem Körper, unter dem Jauchzen der himmlischen Heerscharen, zu der Herrlichkeit ihres Sohnes empor.
Welch reingestimmtes Gemüth versetzt sich nicht bisweilen, auf den Schwingen der Phantasie, in jene Zeiten, wo das ewige Wort des ewigen Vaters in Knechtsgestalt auf Erden wallte. Mit welchen Gefühlen und Empfindungen begleitet man dann nicht den, nichts als Liebe und Erbarmung, athmenden Gottmenschen auf allen Pfaden seiner irdischen Pilgerschaft; von der Krippe an, wo Er, der Himmel und Erde erschuf, nun als Kind weinen wollte, bis auf jene graunvolle Opferstätte, auf welche alle Blicke des erschütterten Himmels und der bebenden Erde sechs Stunden lang zagend gerichtet waren. – Aber wo immer wir uns in der Nähe Jesu finden, erblicken wir überall seine himmlischholde, jungfräuliche Mutter. Über dem schlafenden Kinde in der Krippe weilte ihr mütterlicher Blick mit zärtlicher Besorgniß; Sie war dabey, als der heilige Greis Simeon das Verlangen der Völker in seine Arme schloß, und der in himmlicher Demuth gehüllten Mutter verkündete, daß ein zweyschneidiges Schwerd einst ihre heilige Seele durchbohren werde. In ihren zarten Mutterarmen trug sie das heißgeliebte Kind nach Egypten, um es durch die Flucht der Wuth eines Wahnsinnigen zu entziehen. Ein neuer Blitzstrahl göttlicher Erleuchtung zuckt in ihrer Seele, als sie, nach dreitägigem Suchen, nun Zeuge ward, wie vor der göttlichen Weisheit des zwölfjährigen Knaben alle Wissenschaft der Schriftgelehrten und Juden, gleich leerem Rauch, dahinschwand. Bis in das dreysigste Jahr, und wie eine heilige Sage lehrt, seinem Pflegevater helfend in Verfertigung allerley Werkzeuge und Geräthe des Ackerbaues, war Jesus seiner, von ihm selbst stets so hochgeehrten Mutter unterthan: Er ist Schöpfer, Sie sein Geschöpf; aber auch welch’ ein Geschöpf der höchsten, durchaus übermenschlichen, himmlischen Reinheit und Heiligkeit! – Auf einen einzigen still und sanft stehenden Blick seiner Mutter verrichtet Jesus sein erstes Wunder. – Nach mühsamen Wanderungen von mehrern Tagen und Wochen und wo stets neue Wohlthaten und neue Wunder seine Schritte begleiteten; nach vielen im Gebet durchwachten Nächten, nach Arbeiten, welchen jede blos menschliche Kraft hätte erliegen müßen; wie oft kehrte da nicht Jesus, ermüdet von den Beschwerden seines Lehramts, ermüdet von lange anhaltendem Fasten und am meisten ermüdet durch den ununterbrochenen Kampf mit den überall auf ihn lauernden Tücken der Bosheit: wie oft, sage ich, kehrte da nicht Jesus zu seiner Mutter zurück, um an ihrer Seite Erholung zu suchen und zu finden? und wie überschwänglich mußte da nicht aus dem Urborn des Lebens Gnade auf Gnade in die hochheilige Seele der Mutter hinüberströmen?
Überall und auf allen Wegen Jesu begegnen wir auch seiner hochgebenedeiten Mutter, und umsonst würde der sich zur Nachfolge Jesu berufen glauben, der nicht auch, im Geiste Mariam nachzufolgen, sich berufen fühlen sollte. Nur einmal sucht sie vergebens unser sehnendes Auge; da nämlich, als Jesus ein König, dessen Herrschaft kein Ende seyn sollte, unter dem frohen Zuruf des jubelnden Volkes seinen triumpfirenden Einzug in Jerusalem halten wollte. Hier allein vermissen wir Sions aus königlichem und priesterlichem Geblüte entsprossene Tochter; denn zwischen ihr und ihrem Sohne stand jetzt der Mutter holde, himmlische Demuth. [an dieser Stelle Fußnote: Mariens Vater, der heilige Joachim war ein Sproß der königlichen Familie Davids; und die heilige Anna, ihre Mutter war eine Tochter Matthäus, eines Priesters zu Bethlehem, aus der Zunft Levi und der Familie Aarons. Auf wunderbare Weise war demnach das königlich und priesterliche Geblüt in Maria vereiniget, in ihr der künftigen, von Gott auserwählten Mutter des ewigen Königes und zugleich ewigen Hohenpriesters.]
Als aber die schreckliche Trauerscene begann; als Er, der von keiner Sünde wußte, von einem, den er seiner Freundschaft, seines Umganges und seiner Liebe würdigte, verrathen, dem giftigen Hohngelächter der Stolzen, dem Gespötte des niedrigsten Pöbels, allen Mißhandlungen der rohesten Knechte preisgegeben war, als man ihn mit Fäusten schlug, sein göttliches Angesicht bespieh, zügellose Haufen von allen Seiten ihm die gräßlichsten Lästerungen entgegenbrüllten und die Hölle alle ihre Kräfte aufboth, um dem allein Schuldlosen, allein Gerechten, allein Heiligen ihre ganze Wuth fühlen zu lassen; als er endlich die unmenschliche Geisselstrafe erduldet, und das ungerechteste Urtheil eines ungerechten Richters ihn dem schmählichsten Tode der verworfensten Verbrecher geweihet hatte; erst dann erscheint wieder die trauernde, geängstete, von aller Welt und wie es schien, von Gott selbst verlassene, trostlose Mutter. Auch auf seinem letzten Wege nach der furchtbaren Richtstätte und mit dem Kreuze beladen, an welchem er für das Heil des Menschen bluten sollte, begegnet er derselben. Vom Schmerz überwältiget sinkt sie jetzt leblos zur Erde; ein Salve Mater! Aus dem Munde ihres göttlichen Sohnes richtet sie wieder auf und gibt ihr neue Kräfte; aber welche Kräfte? Kräfte zu neuen, noch stärkern, noch schrecklichern, noch fürchterlichern Leiden. Jetzt höret und zählt sie die Hammerschläge auf die Nägel, welches die geheiligten Hände und Füße ihres Sohnes langsam und grausam durchbohren. Unter dem von dem Blute ihres Sohnes triefenden Kreuzbalken steht die trostlose Mutter. Wir wenden uns hier an jedes auch nur gewöhnliche Mutterherz – denn was ist auch die zärtlichste der Mütter gegen jene holdselige, von Gott selbst auserwählte, auserkohrne, mit allen Gaben der Liebe ausgeschmükte Mutter? – und fodere es auf, uns zu sagen, ob blos menschliche Kräfte einer Mutter hinreichend sind, einen solchen graunvollen Anblick auch nur einige Minuten zu ertragen. Aber Sie, die Hochgebenedeite weichet nicht von der blutigen, schrecklichen Stätte. Immer tiefer und tiefer, immer grausamer und grausamer durchwühlt jetzt das, von dem heiligen Greise Simeon, ihr vorhergekündete Schwerdt ihre mütterliche Brust. Sechs Stunden; o mein Gott! Sechs fürchterliche Stunden hindurch leidet Maria, was vor ihr kein Märtirer noch gelitten, nach ihr kein Märtirer jemals zu leiden, im Stande war.
O! Du unendlich heiliger, gerechter, in deinen Rathschlüssen unerforschlicher Gott, wie schrecklich bist Du in deinen Gerichten; auf Ihn, den reinen Sohn der reinen Jungfrau, auf Ihn, der, als er Mariens Sohn ward, nicht aufhörte Dein Eingeborner zu seyn: Auf deinen Gerechten, deinen Heiligen wirfst Du alle Sünden und Laster der Menschen, von der Sünde Adams an, bis auf den letzten Fluch des letzten in der Verzweiflung sterbenden Gottesläugners. Du wendest dein Antlitz von Ihm ab, und überlassest Ihn Leiden und Schrecknissen der Seele, gegen welche alle schon erduldete Qualen und Leiden nur Schemen, nur vorübergehende, matt dahin gleitende Schattenbilder sind! Aber alle diese namenlosen Leiden schärfen auch das zehenfach schneidende Schwerdt, welches Mariens liebevolles, heiliges Herz durchdrang. Mit ihrem göttlichen Sohne leidet sie, was kein Sterblicher zu leiden im Stande ist; bis auf den letzten Tropfen leeret auch Sie den bittern Kelch, den der himmlische Vater seinem und dennoch auch ihrem Sohne darreichte; und mit diesem auch durch sprachlose Leiden vereint, bringt sie mit ihm dem Ewigen, für das Heil der Menschheit, das heiligste, reinste, unbeflekteste Opfer, auf welches sein erbarmendes Auge noch jemals gefällig herab geblickt hat. – – –
Und Diese, über alle geschaffene Geister Erhabene, Hochbegnadigte und auf welche das schon im Tode sich brechende Auge Jesu noch einmal voll Liebe sich hinwandte: Diese, auf welche der sterbende Gottmensch den geliebtesten seiner Jünger und in diesem alle seine Jünger – aber auch wir, wenn wie wollen, gehören zu seinen Jüngern – als seine und unsere zukünftige Mutter hinwieß: Diese zehenfach Hochgebenedeite sollte nicht der Gegenstand unserer unbegrenzten Ehrfurcht, nicht unsere sicherste Zufluchtstätte, nicht die Pforte unsers Heils seyn?
Wenn Moses, der getreue Knecht Gottes einst in einem Übermaße überwallender, aber eben daher gottgefälliger Liebe zu dem Allermächtigen sagen dürfte: 'Herr! streiche mich aus dem Buche des Lebens, wenn Du dies Volk vertilgen willst.’ O! so möchte ich mich beinahe erkühnen, ebenfalls zu meinem gekreuzigten Heiland auszurufen: 'Herr! auch mich streiche aus, aus dem Buche des Lebens, wenn Deine gnadenvolle, von Dir selbst von Ewigkeit auserwählte, mit Deinem Geiste ganz erfüllte, im Leben und im Tode mit Dir vereinte Mutter, nun stehend zu Deiner Rechten und strahlend in dem ganzen Glanze Deiner Herrlichkeit, nicht auch ein Gegenstand meiner Andacht, meiner innigsten Verehrung, meiner glühendsten Liebe, meiner unermüdeten Huldigung und meiner völlig kindlichen vertrauungsvollsten Hingebung seyn darf.’
Aber nein, Du Gott der Liebe und des kindlichen Verlangens; Du selbst willst, daß, so wie Du der Mittler bei dem Vater, Sie deine Mutter unsere Mittlerin bei Dir seyn soll. Du selbst willst, daß wir alle und auch die herrlichsten deiner Gaben aus ihren Mutterhänden empfangen sollen. Du selbst willst, daß durch deine holde Mutter ein neuer Liebesglanz über das verjüngte Antlitz der Erde, das heißt, über Deine durch deiner Allmacht Hand stets aufrecht erhaltene Kirche sich ergießen soll. –
Wer also vor dem Bilde des Gekreuzigten sich niederwerfen will, der beuge sich vorher tief im Staube vor dem Gnadenbilde Mariens. Diese wird ihm die Pforten des Heiligthums öffnen. Unter Ihren mütterlich schützenden Flügeln werden Ahndungen einer höhern Welt seine fromme Brust ergreifen; er wird fühlen die Nähe des Ewigen, fühlen das Wesen des Geistes Gottes, fühlen jene Ruhe der Seele, jenen himmlischen Frieden und jene namenlose Seeligkeit, die nur der Urliebe entquillt und deren begeisternde Augenblicke er selbst nicht gegen den Himmel der seligen Geister vertauschen möchte.
Wäre es uns doch gegönnt, diese unsere, so trostvolle, im Leben und im Tode schon so oft bewährte Überzeugung allen unsern Lesern mitzutheilen! Wäre es uns doch gegönnt, mit Engelzungen zu rufen, so laut zu rufen, daß es an allen Enden der bewohnten Welt erschalte, in jedem Ohr ertönte, in den tiefsten Tiefen jedes Herzens wiederhalte: 'Der ächte, wahre, reine, auf Gott gerichtete Dienst Mariens: die ächte, wahre, reine, an der Liebe Gottes erglühte Liebe zu Marien ist der Stempel der Auserwählten, das Siegel der Begnadigung und der Ruf von Oben zu der wallenden Seele nach den Hütten der ewigen Wonne.’
v[on] K[erz]"


Februar 1824. In der in Halle und Leipzig erscheinenden "Allgemeine[n] Literatur-Zeitung" vom Februar 1824, Sp. 370-374, rezensiert ein Anonymus die Monografie von Friedrich von Kerz aus dem Vorjahr:

"In Zons, einem Städtchen bey Düsseldorf, wollten im Sommer 1822 plötzlich Einige aus der Krone des in der dortigen Kirche stehenden Marienbildes ein helles Flämmchen ausströmen gesehen haben. Das Gerücht verbreitete sich bald in der Umgegend, zahlreiche Schaaren wallfahrteten dorthin, indess nur sehr Wenigen wurde das Glück zu Theil, jene Flamme zu sehen, und die Mehrzahl musste unbefriedigt wieder abziehen. Am sonderbarsten war, dass unter Vielen zugleich gegenwärtigen Zuschauern Einigen die Flamme sichtbar wurde, während sich die Uebrigen vergebens abmüheten, etwas zu entdecken. Die Sache wurde bald in dem Westphälischen Anzeiger, einem Blatte, welches sich durch die Hervorziehung und Aufdeckung von Missbräuchen besondere Verdienste um die dortige Gegend erwirbt, lebhaft zur Sprache gebracht. Zugleich wurden mehrere Erklärungen dieser Erscheinung versucht, unter welchen diejenige wohl die meiste Aufmerksamkeit verdient, dass die vermeinte Flamme nichts anders sey, als der Reflex von dem Lichte der Wachskerzen des Altars, welchen vier neue vergoldete Sterne in der eisernen Krone der Maria nach gewissen Seiten hin wärfen, und dass es eben deshalb ganz natürlich zugehe, wenn unter vielen gleichzeitig Anwesenden immer nur Einige das Flämmchen bemerkten. Das Generalvikariat in Aachen liess darauf die Sache untersuchen, und das Resultat dieser Untersuchung kam durch eine Erklärung des Landrathes in Neuss vom 23. Oct. 1823 zur Kenntniss des Publikums, in welcher es unter anderm hiess: 'Damit nun nicht ferner Jemand durch lügenhafte Verbreitungen verleitet werde, dort ein Wunder zu suchen, so halte ich es für Pflicht, öffentlich bekannt zu machen, dass Ein Hochw. Generalvicariat in Aachen auf den Bericht einer dazu ernannten Commission von zweyen achtungswerthen Geistlichen sich veranlasst gesehen, das Muttergottesbild, aus dessen Krone ein wunderbares Flämmchen, nach der Einbildung Einiger, und nach dem Lug und Trug Anderer, ausströmen sollte, aus der Kirche wegbringen zu lassen.'
Durch diese Maassregeln der bischöflichen Behörde, welche sonst in dergleichen Dingen nicht vorschnell zu handeln pflegt, musste der den Entscheidungen seiner Kirche wirklich vertrauende Katholik über das Wunder in Zons hinlänglich ins Reine gebracht seyn: nicht so aber die Partey von Ultrakatholiken, die eben so wie die kleine Kirche in Frankreich noch katholischer seyn will, als die Hierarchie selbst. Zu diesen Ultras, denen besonders Mirakel als das zweckmässigste Mittel, die alte Finsterniss vollkommen wieder herbeyzuschaffen, sehr willkommen sind, gehört auch der Vf. obiger Schrift. Da er in seiner Gegend bekannt genug seyn mag, so bemerken wir bloss, dass er sich v. K. unterzeichnet, und nach seiner 'kugelfesten Logik' (sic S. 7) zu urtheilen, ein alter Krieger zu seyn scheint. Doch man wird die Kerze am besten aus dem Lichte, was sie wirft, kennen lernen.
Ueber die Verfügung des Generalvicariats beobachtet Hr. v. K. ein ehrerbietiges Schweigen, ungeachtet er denn doch seine besonderen Gedanken über dieselbe haben muss. Dafür tummelt er sich im ersten Theile des Schriftchens gegen drey Berichterstatter im westphäl. Anzeiger herum, von denen der Erste fasseln (sic), der Zweyte lügen, der Dritte schmähen und verläumden soll. Er stellt ihnen darauf drey (freylich nicht genannte) Personen entgegen, welche die Flamme gesehen haben sollen: unter ihnen erscheint auch ein Protestant, dem die kleine holde Flamme, 'die dem Verstande leuchtet und das Herz erwärmt, und die Seele mit Wonne füllet (!!), ununterbrochen sichtbar blieb,' während seine Frau, eine Katholikin, - nichts sah. Was übrigens drey Zeugen für eine Sache, welche ja von Tausenden gesehen seyn müsste, und was drey anonyme Zeugen, von einem Anonymus in halb poetischer Erzählung aufgeführt, für Gewicht haben sollen, das ist in der That nicht wohl abzusehen.
Doch diess alles ist eigentlich nur Einleitung. Hr. v. K. geht S. 13. mit den Fragen: 'Wozu denn diese Flamme in Zons? ist es ein Wunder, nun wozu und zu welchem Zwecke ist es da?' zu seinem zweyten Theile, einer feurigen Lobrede auf Maria über, in welcher wieder einige Sächelchen alter Zeit, welche, so viel wir wissen, noch kein deutscher Schriftsteller dieser Partey wieder hat in Erinnerung bringen mögen, hoch gepriesen und dringend empfohlen werden. Es gilt der unbefleckten Empfängniss Mariä, und ihrer Himmelfahrt. Doch wir wollen kurz den Inhalt des ganzen Panegyricus angeben:
Also wozu, fragt Hr. v. K., das Wunder in Zons? und antwortet in pathetischer Rede: In einer Zeit, wo der Unglaube sein grinzendes Gespenstergesicht mit immer zunehmender (?) Freyheit zur Schau trage, wo – wo – (man ergänze die bey den Ultra’s stehenden Redensarten über den Zeitgeist): da könne und müsse eine solche Erscheinung jeden Frommen befestigen, den Sünder zur Busse locken. (Aber die Wenigsten haben ja dieselbe gesehen!!) Wollte man fragen: warum gerade das unbedeutende Zons? – Auch Bethlehem war klein, arm u. s. w. Möchte doch jeder Katholik – – mit glühender Liebe sich dem Dienste Mariens weihen; – – welches häusliche Glück, welches Gedeihen jeder Unternehmung würden dann nicht – – wieder aufblühen, – – und jenen unseligen, alle göttliche und weltliche Ordnung störenden Geist verbannen, welchen die grössten Mächte mit allen ihren zeitlichen Mitteln schon so viele Jahre zu bekämpfen fruchtlos sich abmühen. (Heut zu Tage hat alles seine politische Seite, selbst die Himmelskönigin!) Heilige Sagen (Schlimm genug, wenn nur Sagen) lehren uns was Maria uns seyn muss. Schon der Name, wie der heil. Ambrosius (der leider selbst nicht Hebräisch verstand) in einer seiner schönsten Homilien belehrt, ist geheimniss- und bedeutungsvoll. Maria heisst Stern, Königin (Mit nichten. In dem Sterne liegt das ärgste quid pro quo, was je der Unwissenheit begegnet ist. Man leitete das Wort von dem Rabbin. רמ Lehrer ab, danach bedeutete Maria den griechischen Kirchenvätern φωτισμός Belehrung, Erleuchtung: unwissende Lateiner machten einen Stern daraus. Königin, eigentlich nur Κυρία domina sollte der Name nach einer andern falschen Ableitung von ארמ bedeuten. Richtig kann מירמ Maria nur abgeleitet werden von הרמ, und ist dann entweder Widerspenstigkeit, oder [הרמ s. v. a. ררמ] Bitterkeit). Gleich an der Wiege des erst neu aufsprossenden Christenthums ward in den heiligen Kirchen der Apostel selbst der Dienst Mariens gegründet; und als Sie, deren heilige Seele und zweyfach geheiligter Leib (also der Leib noch heiliger als die Seele! Augustinus muss anders gedacht haben. Er sagt de Sancta virginitate c. 3.: beatior ergo Maria percipiendo fidem Christi, quam concipiendo carnem Christi) die ähnlichsten Abdrücke aller Züge ihres göttlichen Sohnes trugen, gleich diesem, durch die Pforten des Todes in die Herrlichkeit des Vaters einging, erhielt dieser Dienst durch ein unmittelbares Wunder vom Himmel eine göttliche Sanction. (In der Anmerkung die bekannte Legende von der Himmelfahrt Mariä, eine Legende, deren Ausbildung vom 5ten bis zum 7ten Jahrhundert in der griechischen Kirche sich aufs deutlichste nachweisen lässt, welche im Abendlande lange bezweifelt, und noch von Beda im 8ten Jahrh. Ausdrücklich verworfen worden ist!!) Hoch feyerten schon in den ersten Jahrhunderten die ehrwürdigsten Kirchenväter das Andenken Mariens, und ihre von keinem Sterblichen zu erreichenden Tugenden. (Und dennoch rügen die Kirchenväter vor Augustinus an der Maria eitle Ehrfurcht und Glaubenszweifel s. Werkmeister an die unbescheidenen Verehrer der Heiligen, bes. Mariä. Hadamar 1801. S. 80.). – – Durch den Lauf aller Jahrhunderte hindurch war echte, seelenvolle, Verehrung der gnadenvollen, glorreichen Himmelskönigin gleichsam der unverfälschte Stempel, der unauslöschliche Charakter jeder hervorleuchtenden Heiligkeit. – – – Nun aber das Wichtigste: 'Ununterbrochen waltet und wacht der Geist Gottes über seiner heiligen Kirche. Wenn diese also aus weisen Gründen gewisse Wahrheiten und Lehren noch nicht als allgemeine Dogmen aufzustellen für gut fand, aber doch über eben diese Lehren und Wahrheiten uns ihren Rath und ihre Winke ertheilte; so muss jeder denkende, von dem Wesen und der Heiligkeit der Kirche durchdrungene, Katholik auch diesen Rath und diese Winke schon als Entscheidungen der unfehlbaren Wahrheit erkennen.' (Sehet da die Pforte, durch welche das ganze Mittelalter bequem zurückkehren kann. Fragt man, welche Lehren es seyen, die, zwar nicht kirchlich entschieden, doch verstohlene Winke der Kirche für sich haben, und deshalb unfehlbar wahr seyn sollen? Jeder, welcher den Zustand der neuern katholischen Theologie, und ihr Verhältniss zu der ältern kennt, wird sie leicht erkennen: es sind die Lehren von der Unfehlbarkeit des Papstes, von den zwey Schwertern der Kirche, von der Kraft des Ablasses über das Fegefeuer, kurz das ganze System, welches dem Papste die Herrschaft der Erde übergiebt, welches den Gottesdienst in ein sinnliches Zauberspiel verwandelt, welches mit Glaubenseinigkeit prangt, weil seine Anhänger alles Denken verschwören müssen. Doch man höre weiter:) 'Ward demnach der Glaube an die unbefleckte Empfängniss Mariä und an ihre Himmelfahrt von der Kirche bis jetzt noch nicht zu einer, das Gewissen ihrer gehorsamen Kinder bindenden Norm gemacht; so stehen diese Lehren doch nicht minder fest, nicht minder unerschütterlich da.' (Der Vf. möge sich doch an den bekannten Grundsatz erinnern: esse errorem contra fidem, si quis docet, esse de fide, quod non est de fide! Jo. De Lugo de virtute fidei p. 535.) 'Dieselben gehen, sagt der heilige Augustinus, schon aus der Vernunft hervor.' (Der gewöhnliche Behelf ärmlicher Halbwisser, aufs geratewohl einen berühmten Namen als Autorität anzuführen? Wie sollte bey gläubigen Katholiken nicht Augustinus hochgefeyerter Name alle Zweifel unterdrücken? Und dennoch versichert Augustinus, was den ersten Punkt betrifft, gerade im Gegentheile an mehreren Stellen, dass kein Mensch ausser Christo ohne Erbsünde gewesen sey de fide ad Petrum c. 26. Contra Julian. Lib. V. c. 15: ausdrücklich legt er der Maria Erbsünde bey in den Worten (de Genesi ad literam lib. X. c. 32.): virginis caro etiamsi de peccati propagine venit, non tamen de peccati propagine concepit: und wenn er in der Stelle de natura et grat. c. 36. Sagt, dass der Maria mehr Gnade zu Theil geworden sey, um die Sünde zu besiegen, so setzt er dadurch das Daseyn der Erbsünde in ihr voraus. Aber es ist ja eine bekannte Sache, dass noch Bernardus im 12ten, und Thomas Aquinas im 13ten Jahrh. nichts von der unbefleckten Empfängniss Mariä haben hören wollen, und dass nach dem Vorgange des Letztern der ganze Dominicanerorden sie fortwährend leugnet. – Ueber die Himmelfahrt Mariä findet sich endlich bey dem Augustinus gar nichts; 'und wir setzen' (schwärmerisch genug) 'hinzu, sie gehen, wie der Duft aus der Blume, aus dem ganzen Zusammenhange unserer Religion, ja aus der Natur unserer erhabensten und heiligsten Mysterien von selbst schon hervor. 'Das Unrecht der Väter' spricht Gott 'werde ich in den Kindern bis in das dritte und vierte Glied heimsuchen.' Thut der Mund der ewigen, unwandelbaren Wahrheit selbst diesen Ausspruch; so muss auch die Sünde der Väter, die Sünde und Schmach der Mutter auf den Sohn übergehen' (also auch die Sünde und Schmach der Vorältern Marias auf die Maria); 'und geschieht dieses, wie konnte der, vor dem die Himmel nicht rein sind, aus dem jungfräulichen Schoosse Mariens hervorgehen, wenn diese von der Erbsünde belastet, als ein Kind des Fluches, als ein Sclave' (eine Sclavin) 'der Sünde unter der Herrschaft des Teufels gestanden hätte?' (Wie konnte Maria ohne Befleckung durch Erbsünde von Aeltern gezeugt werden, welche als Kinder des Fluches u. s. w. unter der Herrschaft des Teufels standen? Um consequent zu seyn, muss Hr. v. K. die ganze Ahnenreihe der Maria, und am Ende auch Adam und Eva selbst von der Erbsünde freysprechen!) 'Welcher frevelnder, ja wohl mehr als frevelnder, welcher Gott selbst lästernder Unsinn!' (Solchen Unsinn zu vertheidigen, ist doch wohl der grösste Unsinn!)
Ueber das Folgende können wir kürzer seyn. Zunächst wird mit feuriger Beredtsamkeit die innige Verbindung geschildert, in welcher Maria mit Jesu stand. 'Ueberall und auf allen Wegen Jesu begegnen wir auch seiner hochgebenedeiten Mutter, und umsonst würde der sich zur Nachfolge Jesu berufen glauben, der nicht auch, im Geiste Mariam nachzufolgen, sich berufen fühlen sollte.' Und so geht S. 26 der Vf. so weit, auszurufen: 'Herr, auch mich streiche aus aus dem Buche des Lebens, wenn deine gnadenvolle – – Mutter – – nicht auch ein Gegenstand meiner Andacht, meiner innigsten Verehrung – – seyn darf!' (seyn darf? Wenn also auch nach dem Geiste des Christenthums nicht seyn darf? Fast glaubt man ein verzogenes Kind zu seinem schwachen Vater sprechen zu hören!) – – 'Wer also vor dem Bilde des Gekreuzigten sich niederwerfen will, der beuge sich vorher tief im Staube vor dem Gnadenbilde Mariens. Diese wird ihm die Pforten des Heiligthums öffnen.' (Der heil. Chrysostomus sagt: Wenn du etwas nöthig hast, brauchst du keinen Pförtner, keinen Fürsprecher: – gehe geradenwegs hin zu Gott selbst! s. Werkmeister an die unbescheidenen Verehrer der Heiligen S. 48.) Die Schrift schliesst mit der sentimantalen Sentenz: 'Der echte, wahre, reine, auf Gott gerichtete Dienst Mariens: die echte, wahre, reine, an der Liebe Gottes erglühte Liebe zu Marien ist der Stempel der Auserwählten, das Siegel der Begnadigung und der Ruf von Oben zu der wallenden Seele nach den Hütten der ewigen Wonne!'
So entwickelt sich also immer deutlicher das Streben einer Partey in der deutsch-katholischen Kirche, alle die gröbsten Auswüchse der Dogmatik, welche nach Bossuets und Veronius Vorgange, aber noch erfolgreicher, von den neuern deutschen Theologen beseitigt waren, wieder aufs neue in Umlauf zu bringen. Es handelt sich hier nicht von einzelnen unschädlichen Irrthümern, es ist von dem Kampfe der Vernunft mit der Unvernunft die Rede: und wie weit die Letztere führen kann, davon mögen für diesen einzelnen Fall die Producte jener Lehre, der Immaculateneid, das Blutgelübd, die Sodalitäten zu Ehren der unbefleckten Empfängniss, die Lehre, dass St. Franciscus und Bonaventura ohne Erbsünde geboren seyen, und dergl. erinnern. Die hellern katholischen Theologen sind grösstenteils eingeschüchtert: theils haben sie sich jener Partey wenigstens äusserlich anschliessen müssen: theils sind sie, um Ruf und Amt zu behalten, genöthigt zu schweigen. Aber dennoch hegen wir das Vertrauen, dass die Wahrheit auch in diesem Kampfe bald siegen werde. Man glaube nicht, dass alle deutsche Katholiken solche Sächelchen gutmüthig gläubig hinnehmen: auch unter ihnen findet sich jener helle zum grossen Theile wissenschaftlich gebildete Mittelstand, in welchem die geistige Kraft des Volkes wohnet: und dieser bildet eben so wohl dort den kräftigen Wall gegen die vordringende Finsterniss, als er auch den in der Evangelischen Kirche neu erstehenden Obscuranten ihre Grenze setzt.
Noch sey dem Rec. erlaubt, sich eines, wie er hofft, sehr zeitgemässen Wunsches zu entledigen. Wer blickt nicht mit Wehmuth auf die seit Joseph II. oder eigentlich schon seit dem Salzburger Streite über Mariendienst unter den deutschen Katholiken vielversprechend begonnene Entwickelung einer liberalern Theologie und eines reinern Kirchenthums, um so mehr jetzt, da ja die neue Ultrapartey auf nichts anders ausgeht, als alle Spuren jener Periode zu vernichten und auszutilgen! dennoch hat jene Periode noch keinen Geschichtschreiber. Freylich ist es nicht so leicht diese Geschichte zu schreiben, theils weil zufolge der damaligen Eintheilung Deutschlands die besondern Verhältnisse vieler kleinen Ländchen zu berücksichtigen sind, theils weil die verschiedenen Strebungen und Richtungen jener Zeit sich keineswegs vollständig in der hier einschlagenden (jetzt ohnehin selten noch vollständig zu findenden) Literatur ausgeprägt haben. Nur ein katholischer Theolog, welcher jene Zeit selbst mitgelebt hat, könnte auf diesem Felde Befriedigendes liefern; er müsste im Geiste des nun verstorbenen würdigen Werkmeister arbeiten!"


14. Dezember 1825: Der Zonser Bürgermeister Anton Baaden an den Neußer Landrat: Er berichtet u.a. über Schikanen des Volkes und des Pfarrers gegenüber dem Vikar Schieffers.

"Nachdem bei der vor drey Jahren in Zons stattgehabten Wundergeschichte der daselbst angestelte Herr Vicar Brings nach Langweeh versetzt wurde, an dessen Stelle Herr Schieffers als Vicar in Zons angestelt, welcher nicht allein die Verordnungen seiner Behörden pünktlich befolgte, sondern sich auch eifrig bemühte, das in dem Sinne der Religion verdorbene Volck eines bessern zu belehren, wodurch derselbe sich aber dem Haaß [?] des alten Herrn Pfarrers sowohl, wie des Volcks in Zons zugezogen, und deshalb nunmehr Chicanen und gegen ihn eingebrachte Verleumdungen erdulden muste.
Hingegen von den Bewohnern von Sturtzelberg, woselbst er den Dienst in der Capelle thut, aufs höchste geliebt und geschätzt wird. Manchen mir bekanten Vorfall muste ich nach dem Wunsche des Herrn Schieffers mit ...schweigen übergehen, in der Hofnung, daß alles sich langsam ändern würde. Da indessen der Unfug nicht aufhört, und dadurch die Ruh und Ordnung gestöhrt wird, so glaube ich mich amtshalber verpflichtet, die vor kurzem noch statt gehabte Vorfälle Euer Hochwohlgeboren gehorsamst anzeigen zu müssen.
Am 26ten vergangenen Monats nachmittags 3 Uhr kame Herr Pfarrer in das Hauß des Herrn Vicars Schieffers und frug nach demselben, als die Haußfrau erwiederte, daß er vor ein paar Minuthen mit seinem Regenschirm wäre spazieren gegangen, ginge derselbe tobend fort und rief auf der Straßen ganz laut, daß er ihme forthelfen wolte, in einem Hauß sagte er das nemlich, mit dem Zusatz, daß er die Gemeinden Zons und Stürzelberg darzu aufwigen würde.
Herr Pfarrer pflegte bisher die abgesetzten Feyrtäge bey dem Volcke aufrecht zu halten, weshalb zwischen Herrn Pfarrer und dem Vicar Schieffers früher Unruhen vorfielen.
Am 6ten dieses nemlich an einem abgesetzten Feyrtage finge Herr Pfarrer das hohe Amt wieder eine halbe Stunde später an wie gewöhnlich, die Folge ware, daß das Volck den Tag mit ärgerlichen Schwärmereien zubrachte, der gröste Theil versammelte sich abends beym Dunkeln aufm Kirchhoff, und zogen hierauf in Procession um und durch das Städtgen, die anderen saßen lärmend in den Wirthshäusern.
Jeder Ordnung und Ruh Liebender muß dieses wünschen, daß durch geeignete Maaßregeln der höheren Behörde die Ruh und Ordnung einmahl hergestelt werde."

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4356, unpagin.]


26. Dezember 1825: Der Neußer Landrat an die Regierung Düsseldorf: Er berichtet aufgrund des Berichts des Zonser Bürgermeisters Baaden (siehe oben, 14. Dezember 1825) über den fortdauernden Wunderglauben in Zons, bestärkt durch das Verhalten des Pfarrers, sowie Schikanen der Bevölkerung gegenüber dem Vikar Schieffers und empfiehlt die Entfernung der Madonna aus dem Ort und die Versetzung des Pfarrers.

"Welche Verwirrung durch das vorgebliche Wunder an dem Mutter Gottes Bilde in Zons vor drey Jahren sich fast über alle dortige Bewohner verbreitet hatte, ist Einer Königlichen Hochlöblichen Regierung bekannt.
Durch die von dem damaligen General Vicariat getroffenen Maaßregeln, das Bild aus der Kirche in das Pfarrhaus bringen zu laßen und daß der Urheber des vorgeblichen Wunders, Vicarius Brings, versezt wurde, hatte man Ursache, eine Sinnesänderung unter den dortigen Bewohnern zu erwarten, weil die hohe Geistliche Behörde dadurch ihre Mißbilligung ausgesprochen hatte, und durch die Einsetzung eines Geistlichen in der Stelle des versezten Vicarius, der es sich angelegen sein ließ, die Verirrten auf den rechten Weg zu führen, das Mittel ergriffen hatte, den Aberglauben zu besiegen.
Diese Maaßregeln und Mittel haben aber nicht den erwünschten Erfolg herbeygeführt, und sind dadurch unterdrückt, daß der dortige Pfarrer solche öffentlich mißbilligte, leidenschaftlich dem Einfluß des eingesetzten Vicarius entgegen wirkte, und mit demselben in öffentlichen Hader und Streit hatte, wodurch diejenigen Bewohner, die blos zur Befürderung ihrer Gewerbe, wie einige unverschämt genug es selbst eingestanden haben, den Aberglauben an dem vermeintlichen Wunder zu bestärken suchten, angeregt worden sind, dem Vicarius Schieffer allen möglichen Verdruß zuzufügen, indem schändliche Pubquitlen [?] gegen ihn an seiner Thür und an mehreren Orten in der Stadt angeheftet werden, und um ihn zu entfernen Denuntiationen gegen ihn bey dem Erzbischöflichen Stuhl eingereicht wurden, die diesen Zweck nicht erreicht haben.
Zum Beweis, daß dieser Geistliche solche Verfolgung nicht, wohl aber Achtung und Vertrauen verdient, gereicht die Ergebenheit und die Achtung, mit welcher die Bewohner von Stürzelberg, zu derselben Kirche gehörig, ihm zugethan sind, aber auch zu den Verirrten nicht gehörten.
Nach solchen Vorgängen und bey solchen Ergebnißen, wie der Bürgermeister in dem angeschloßenen Bericht anzeigt, ist es nicht vorherzusehen, daß, so lange der dortige Pfarrer den glimmenden Stof [?] der Zwietracht und Unordnung anfacht, Einigkeit, Ordnung und Gehorsam der Weltlichen und Geistlichen Behörden zurückkehrt. Denn wenn dem Pfarrer selbst seiner unmittelbar vorgesezten höchsten Behörde den schuldigen Gehorsam versagt, den solche nach der Verordnung vom 18ten September dieses Jahres von ihm zu erwarten berechtigt ist, daß an den abgesetzten Feiertagen die Messe außer ihrer gewöhnlichen Zeit an den Wochentagen nicht gehalten werden sollen, und wie der Bürgermeister berichtet, am 8ten dieses zur späteren Zeit ein Hochamt gehalten hat, so ist es nicht befremdend, daß das Volck sich solchen Ausschweifungen überlaßen hat, einen außergewöhnlichen Umgang zu unternehmen und in den Wirtshäusern zu schwelgen.
Damit solchem Unwesen Einhalt geschieht, das nun seit drey Jahren dort noch immer fortdauert, und um solches, wodurch das Verzehren in den Wirtshäusern unterhalten und vermehrt wurde, fortbestehend zu erhalten, man dem Umtriebe neue Nahrung giebt, daß das Muttergottes Bild wieder in die Kirche gebracht werden wird, worum der Herr Erzbischof wirklich ersucht sein soll, von welchem dieses Gesuch, wie man sagt, mit einer derben Rüge abgewiesen ist, so ist vor allem zu wünschen, daß Seine Erzbischöflichen Gnaden geruhen möge, dieses Bild aus Zons ganz fortnehmen zu laßen; und den alten Pfarrer eine andere Bestimmung zu geben.
Mit welcher Würdigung Eine Königliche Hochlöbliche Regierung diesen Wunsch nach Hoch Ihren weisern Ermessen anzuerkennen für gut befindet, muß ich ganz gehorsamst dahin gestellt sein laßen."

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4356, unpagin.]


4. Januar 1826: Die Regierung Düsseldorf an den Kölner Erzbischof: Sie berichtet über die Vorgänge in Zons und empfiehlt die Versetzung des Pfarrers.

"Nach dem [...] umliegenden Berichte des Landrathes ist zu befürchten, daß wieder ähnliche Auftritte sich ereignen, wenn nicht zeitig Vorsorge geschieht." Aus dem landrätlichen Bericht gehe hervor, dass der Pfarrer die erzbischöflichen Vorschriften kaum befolge. "Es scheint wirklich, daß dem Übel nur durch die Versetzung des jetzigen Pfarrers abgeholfen werden könne."

[Konzeptschreiben: LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4356, unpagin.]


10. Januar 1826: Erzbischof Ferdinand August von Köln an die Regierung Düsseldorf: Er befürwortet die Pensionierung des Zonser Pfarrers und bittet die Regierung um eine Pensionsunterstützung für denselben.

Er erachte "die Entfernung des alten nicht gutwilligen Pfarrers Loehr für notwendig, damit der unter und gewissermaßen durch ihn anstatt der wundervollen Verehrung der Heiligen als Fürbitter bey Gott eingerissenen in das Religionswidrige übergegangene Bilderdienst aufhören und nicht vollends in lärmenden Unfug ausbrechen." Der Pfarrer sei jedoch mit seinen 74 Jahren körperlich zu schwach, um ihn auf eine andere Pfarrstelle zu versetzen. "Es erübriget daher nur, den veralteten Mann vom Pfarramte überhaupt zu entfernen, ihn in Ruhestand zu setzen; erleichtert wird diese Auskunft dadurch, daß er als vormaliger Ordensgeistlicher eine Pension bezieht; würde diese zu seinem Lebensunterhalt nicht hinreichen, so erlaube ich mir, den bejahrten Mann seines Alters wegen und in der Überzeugung, daß er aus Geistes-Einfalt eher als aus übler Absicht so ungebehrdig und irrthumvoll handelt, zur Unterstützung durch eine Zulage aus dem geistlichen Unterstützungs-Fond zu empfehlen." Der Erzbischof bitte das Generalvikariat, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Er werde sich wieder an die Regierung wenden, sobald hierzu Konkreteres zu berichten sei.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4356, unpagin.]


17. Januar 1826: Die Regierung Düsseldorf bittet den Landrat, die Vermögensverhältnisse des Pfarrers festzustellen.

[Konzeptschreiben in: LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4356, unpagin.]


30. Januar 1826: Die Regierung Düsseldorf an den Erzbischof: Aufgrund der vom Landrat eingeholten Erkundigungen über die Vermögensverhältnisse des Pfarrers genehmigt die Regierung dem Pfarrer eine jährliche Zulage von 50 Talern aus dem geistlichen Unterstützungsfonds.

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4356, unpagin.]


4. März 1826: Der Erzbischof berichtet der Regierung Düsseldorf von der Versetzung des Pfarrers in den Ruhestand und der Einsetzung seines Nachfolgers Pfarrer Mevissen.

"Einer Königlichen Hochlöblichen Regierung beehre ich mich ganz dienstergebenst anzuzeigen, daß ich auf den Grund Hochdererselben verehrlichen Schreibens vom 30ten Januar dieses Jahres den Pfarrer Löhr zu Zons von dem Pfarramte vom 1ten dieses entlassen und zu der dadurch erledigten Stelle den Pfarrer Mevissen zu Holzheim im Kreise Neuss ernannt habe. Von der Ernennung des letzten ermangele ich nicht eine Abschrift beizulegen. Dem genannten Löhr habe ich zu erkennen gegeben, daß Eine Königliche Hochlöbliche Regierung, ungeachtet der vielen gegen denselben vorgebrachten Klagen, geruhet hat, ihm eine jährliche Zulage von 50 Reichstalern preussisch Courant nebst der Pension, welche er als vormaliger Ordensgeistlicher bezieht, zu bewilligen.
Zu den rühmlich mir bekannten Eigenschaften des genannten Mevissen habe ich das feste Zutrauen, daß derselbe die in der Pfarre Zons eingeschlichenen Misbräuche heben werde."

[LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4356, unpagin.]


1855: Johann Carl Ludwig Gieseler/ Ernst Rudolf Redepenning, Lehrbuch der Kirchengeschichte, 5. Bd., Bonn 1855, S. 323f.:

"Zur Charakteristik dieser Bemühungen, durch Mirakel dem Aberglauben wiederaufzuhelfen mag noch ein Beispiel dienen. In Zons, einem Städtchen in der Gegend von Cöln, glaubten einige Menschen über der Krone des dort auf dem Altar stehenden Marienbildes eine Flamme gesehen zu haben (1823) [sic. statt 1822]. Die Sache wurde untersucht, und es fand sich, daß die vermeinte Flamme nur der Reflex des Lichtes der Wachskerzen oder des Sonnenlichtes sey, der von der stark vergoldeten Krone nach gewissen Seiten hin geworfen werde. Nichtsdestoweniger ergriff der Herr von Kerz, der ultramontane Herausgeber der Literaturzeitung für katholische Religionslehrer, diese Gelegenheit, um in einer anonymen Schrift: Ueber das vermeintliche und wirkliche Wunder in Zons, Mainz 1823, nicht nur die Wahrheit des Wunders zu behaupten, sondern auch durch dasselbe die Lehren von der Himmelfahrt Mariä und von ihrer unbefleckten Empfängniß unterstützen und den Gemüthern neu einprägen zu wollen."

Zu den "Gottesurteilen" an den Kritikern

Franz Aldenhoven:

Gutsbesitzer Schloss Friedestrom. Er "verfiel in Wahnsinn".

[PfAZ, Nr. 6, S. 34]


Jacob Angersbach, Vikar:

Er fiel am 29. Oktober 1822 "in eine Erdäpfelgrube, und wurde unter Gespött heimgeleitet".

(Rheinische Dorfchronik)

Er, der "der Concionator" (Prediger des Konvents) genannt wurde, lebte nach Aufhebung des Franziskanerkonvents 1803 als Vikar in Zons in einem Haus in der Grünwaldstraße (dort später das Haus Ohligs). Er "wurde schwachsinnig und starb am 18. Oktober 1837, ohne die heiligen Sakramente empfangen zu haben".

[PfAZ, Nr. 6, S. 34]

Er sei versetzt worden [irrtümliche Verwechslung mit Vikar Brings].

[Rheinisch-Westfälischer Anzeiger vom 22. November 1822]


Anton Baaden, Bürgermeister:

Er "stürzte gefährlich am Sonntag [29. Oktober 1822] aus der Schaise".

(Rheinische Dorfchronik)

Er wird in der Pfarrchronik irrtümlich als Kirchenvorstandsmitglied bezeichnet. Er wurde, wie die Chronik berichtet, "von einem sehr schmerzlichen, gichtartigen Leiden befallen, das so heftig auftrat, daß man zur Linderung der Schmerzen öfters mit Brennesseln schlagen mußte".

[PfAZ, Nr. 6, S. 34]


Dr. Johann Lingens, Chirurg:

Er "fiel [am 29. Oktober 1822] bis über die Ohren in den Rhein".

(Rheinische Dorfchronik)

Er wohnte im heutigen Haus Rheinstraße 8. Er "ritt zu einem auswärtigen Krankenbesuch, wobei das Pferd scheute und er zum Fall kam. Am andern Morgen wurde der Arzt schwer verletzt nach Hause gebracht und starb nach wenigen Stunden."

[PfAZ, Nr. 6, S. 34]


Der Neußer Landrat:

Er sei vom Pferd gefallen.

[Rheinisch-Westfälischer Anzeiger vom 22. November 1822]


Johann Schmitz:

Landwirt auf der Lindenstraße. Er "siechte nicht lange nachher an der Schwindsucht dahin".

[PfAZ, Nr. 6, S. 34]


Pastor von Nievenheim:

Er hatte stark gegen die Andacht in Zons gepredigt und "wurde lezten Sonntag [29. Oktober 1822] toll".

(Rheinische Dorfchronik)

Schilderungen J. P. Delhovens hierzu s.o. (1. November 1822).

Die Zonser Pfarrchronik berichtet, die Genannten (Aldenhoven, Angersbach, Baaden, Lingens, Schmitz) seien in ihren Vermögensverhältnissen sehr zurückgegangen, einige bis zur Armut

[PfAZ, Nr. 6, S. 34-35]

Die Ereignisse 1857

17. Juni 1857: In Zons wird die "Filial-Bruderschaft des heiligen und unbefleckten Herzens Mariae zur Bekehrung der Sünder" gegründet und mit der Erzbruderschaft in Paris rechtmäßig vereinigt. Die Bruderschaft zählt insgesamt über 2.000 Mitglieder [PfAZ, 242].

Die Zonser Pfarrchronik berichtet über das Fest der Wiedereinführung am 17. Juni 1857:

"Im Juni dieses Jahres wurde von den Lazaristenpatres Kelz, Müngersdorf und Richen in Zons eine Volksmission gehalten. Bei dieser Gelegenheit erhielt der damalige Pfarrer Sebastian Schmitz von dem Erzbischof Johannes von Geißel die Erlaubnis, das Bild wieder in der Kirche aufzustellen. Die Nachricht hiervon wurde von allen Seiten mit der größten Freude begrüßt. Am 17. Juni [fand] die feierliche Wiedereinführung statt. Hierüber berichtet ein Augenzeuge wie folgt. Zons prangte im schönsten Festgewande; alle Straßen waren mit Triumphbogen, alle Häuser mit grünem Laub geziert. Ueberdies sah man allenthalben Fahnen, Inschriften, Symbole u.s.w. Nachmttags war große Prozession mit dem Bilde, welches von weiß gekleideten Jungfrauen getragen wurde. Unter dem feierlichen Geläute der Glocken und den Klängen einer Musikkapelle zog die Prozession durch alle Straßen der Stadt, dann zum Rhein um das Antoniushäuschen herum wieder zur Kirche. Abends war Illumination; an vielen Stellen wurde bengalisches Feuerwerk abgebrannt. Das Fest dauerte bis Mitternacht. Zahlreiche Scharen von nah und fern hatten sich eingefunden, so daß der Ort die Menschen kaum fassen konnte. Zons hat wohl nie mehr Fremden in seinen Mauern gesehen; man schätzt ihre Zahl auf fünf bis sechs Tausend."

[PfAZ, Nr. 6, S. 40-41]


Der Dormagener Chronist Johann Jakob Delhoven berichtet unter dem 18. Juni 1857:

"Bey Anwesenheit der Missionaire (Lazaristen) wurde gestern ein seltenes Fest in Zons gefeiert: Im Jahre 1822 wolte mann an einem Muttergottesbilde in deren Krone ein Flämchen bemerkt haben, es wurde natürlich gleich zu einem Wunder ausposaunt. Besagtes Bild war auf dem besten Wege, ein Mirakulöses zu werden, als an einem Morgen der Landrath von Neuss mit einem Gensdarmen und der Polizei das Bild aus der Kirche in die Pastorat auf unbestimte Zeit in Arrest abführte. Am 17ten Juny schlug die Stunde der Erlösung, das Bild wurde feierlich in Prozession durch die Stadt getragen, alle Straßen waren mit Triumpfbogen, alle Häuser mit grünem Laub geziert, überdieß sah man viele Fahnen, Inschriften, Altäre etc. etc. Abends war die Stadt beleuchtet; an vielen Stellen mit Bengalischem Feuer. Unter Abbrennung von Feuerwerk dauerte das Fest bis nach Mitternacht. Zons hat wohl nie mehr Fremde gesehen, mann schätzt dieselben auf fünf bis sechs Tausend."

[AiRKN, Autograf Johann Jakob Delhoven, p. 622]

Jubiläum der Wiedereinführung (75 Jahre) 1932

Die Zonser Pfarrchronik berichtet hierüber:

"In diesem Jahre sind es 75 Jahre, daß unser altehrwürdiges Muttergottesbild (mater laetitiae) unter großen Feierlichkeiten wieder in die Pfarrkirche überführt wurde. Deshalb fand vom 27.-29. April ein Triduum, gehalten vom Lazaristenpater Paus aus Köln, Stolkgasse, statt. Guter Besuch. Sonntag, den 1. Mai Generalkommunion der Gemeinde, feierliches Hochamt, nachmittags Blumenprozession der Schulkinder, Festpredigt und feierliche Prozession durch das festlich geschmückte Zons, einige Bilder in der Chronik. Festzug durch Feldstraße, Steinstraße, Gartenstraße, Rheinstraße, Grünwaldstraße, Zehntgasse, Brunnenstraße, Lindenstraße, Hohes Örtchen, Hubertusstraße, Kirche."

[PfAZ, Nr. 6, S. 197]


Ergänzend berichtet der "Linksrheinischer Lokalanzeiger" (Beilage zum Kölner Lokalanzeiger) vom 29. April 1932:

"Am kommenden Sonntag sind nun 75 Jahre verflossen nach diesem denkwürdigen Tage. Die Zonser rüsten wiederum, um diesen 75jährigen Gedenktag in würdiger Weise zu feiern. Alle Vereine haben bereits ihre Mitwirkung zugesagt. So ist zu erwarten, daß dieser Tag in der Geschichte der alten Stadt als Ehrentag weiterleben wird. Der Lazaristenpater Paus (Köln) wird Mittwoch, Donnerstag und Freitag 20 Uhr in der Pfarrkirche vorbereitende Vorträge halten. Am Sonntag ist morgens Generalkommunion der Pfarrgemeinde. Um 16.45 Uhr werden dann die Schulkinder wie alljährlich der Muttergottes Blumen bringen. Darauf wird die Prozession an der Kirche ihren Anfang nehmen."

Literatur

  • Otten, Adam: Zons am Rhein, Düsseldorf 1903, S. 141-142.
  • Pankalla, Heinz: Kommerz Ursache für Skandal, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Dormagen 1981, S. 121-122.

Belege

  1. LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 3783, fol. 33r-35r; Landratsamt Neuss 577, fol. 3r-4v.
  2. LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4355, unpagin.
  3. Schwieren-Chroniken, <1173>.
  4. Schwieren-Chroniken, <1174>. Die Uhrzeit der Andachten geht aus einem Schreiben des Bürgermeisters vom 25. Juli hervor (AEK, BA 146, 4).
  5. Er war zu diesem Zeitpunkt knapp 72-jährig.
  6. Siehe Rheinische Dorfchronik.
  7. Das Schreiben ist nur als Konzeptschreiben erhalten.
  8. Leider ist diese Verordnung nicht im Original-Wortlaut überliefert.
  9. Auch dieses Schreiben ist leider nicht erhalten geblieben, sondern erwähnt in einem Schreiben des Bürgermeisters vom 13. August des Jahres.
  10. Rheinisch-Westfälischer Anzeiger Nr. 68 vom 23. August 1822, Sp. 1623-1625.
  11. Der Anonymus weist in diesem Zusammenhang auf die kurz zuvor erschienene Schrift von Carl P. Lillbopp, Über die Wunder des Christenthums und deren Verhältniß zum thierischen Magnetismus für angehende katholische Theologen, Mainz 1822, hin.
  12. Siehe Rheinische Dorfchronik.
  13. Rheinisch-Westfälischer Anzeiger, Nr. 73 vom 10. September 1822, Sp. 1757-1759.
  14. Die Weihe der Kirche St. Cäcilia in Benrath durch den Weihbischof von Münster war am 1. September 1822.
  15. Das Haus des Vikars befand sich in der Grünwaldstraße, zwischen den heutigen Häusern Grünwaldstraße 7 und 9.
  16. Rheinisch-Westfälischer Anzeiger, Nr. 76 vom 20. September 1822, Sp. 1832-1834.
  17. Übersetzung des lateinischen Zitats.
  18. Das Schreiben an die beiden Pfarrer ist nur als Konzept in der Akte des Generalvikariats erhalten geblieben. Vom Schreiben an die Regierung existiert neben dem Konzepttext in der entsprechenden Akte auch die Abschrift der behändigten Ausfertigung: Landeshauptarchiv (LHA) Koblenz, Bestand 403, Nr. 4455, p. 15.
  19. LHA Koblenz, Bestand 403, Nr. 4455, p. 1-8.
  20. LHA Koblenz, Bestand 403, Nr. 4455, p. 17f.
  21. Ebd., p. 13.
  22. Sie berichtete in ihrem "Zeitungsbericht für den Monat September" über die Geschehnisse in Zons nach Berlin (Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 89, Nr. 16204, fol. 137v-138v).
  23. Rheinisch-Westfälischer Anzeiger, Nr. 80 vom 4. Oktober 1822, Sp. 1928-1930.
  24. Bürgermeister Baaden hatte ja bereits in seinem Schreiben vom 13. August auf den übermäßigen Alkoholkonsum des Vikars hingewiesen (s.o.).
  25. LHA Koblenz, Bestand 403, Nr. 4455, p. 9-11 bzw. AEK, BA 146,4.
  26. LHA Koblenz, Bestand 403, Nr. 4455, p. 21-24.
  27. Siehe Rheinische Dorfchronik.
  28. LHA Koblenz, Bestand 403, Nr. 4455, p. 13.
  29. Leider ist diese Verordnung nicht im originalen Wortlaut überliefert; sie wird jedoch in einem Schreiben des Generalvikars vom 21. Oktober erwähnt.
  30. Der Generalvikar erwähnt diese Maßnahme in seinem Schreiben vom 22. Oktober (s.u.).
  31. Schwieren-Chroniken, <1175>. Über das weitere Schicksal des Brings ist nichts bekannt.
  32. Rheinisch-Westfälischer Anzeiger Nr. 83 vom 15. Oktober 1822, Sp. 2003f. Es ist zwar nicht ausdrücklich der Ort Nievenheim genannt, doch aufgrund der Beschreibung und der folgenden Entwicklung ist dies eindeutig.
  33. LHA Koblenz, Bestand 403, Nr. 4455, p. 19f.
  34. LHA Koblenz, Bestand 403, Nr. 4455, p. 25f. und 31.
  35. Beide Schreiben vom 27. Oktober finden sich als Konzeptschreiben in: LHA Koblenz, Best. 403, Nr. 4455, p. 27.
  36. Der Textauszug aus dem Öffentlichen Anzeiger der Regierung ist abgedruckt im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger, Nr. 97 vom 3. Dezember 1822, Beilage.
  37. Siehe Rheinische Dorfchronik.
  38. Rheinisch-Westfälischer Anzeiger, Nr. 94 vom 22. November 1822, Sp. 2268.
  39. PfAZ, Nr. 6, S. 34f.
  40. AEK, BA 146,4 und LHA Koblenz, Bestand 403, Nr. 4455, p. 29f.
  41. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 89, Nr. 16204, fol. 152v.
  42. Eine besondere Rivalität prägte traditionell das Verhältnis der beiden benachbarten und politisch verbundenen Orte Zons und Stürzelberg. Von daher ist davon auszugehen, dass der "Wunderglaube" in Stürzelberg einerseits nicht sonderlich ausgeprägt war (die Bemühungen von Vikar Brings, auch dort den Wunderglauben zu stärken, sind überliefert; s.o.) und besonders die Einwohner des Fischerdorfs über die Zonser mit Hohn und Spott herzogen. Hierfür spricht auch die Beliebtheit des Nachfolgers von Vikar Brings, Vikar Schieffers, in Stürzelberg, der aufgrund seiner "wunderkritischen Haltung" in Zons unbeliebt war (s.u.).
  43. Es handelt sich um die Unterschriften folgender Herren: Heinrich Ross, Franz Braun, Heinrich Schmitz, Josef Esser, Anton Berrens, Wilhelm Berrens, Gottfried Berrens, Franz Wilhelm Hackenbroich, Peter Hackenbroich, Franz Klein, Wilhelm Flick, Hubert Fleischhauer, Hermann Fleischhauer, Andreas Santh, Peter Burbach, Stefan Feger, Michael Fleischhauer, (Name unleserlich), Sebastian Füsgen, Heinrich Natrath, Ferdinand Busch, Ludwig Schmitz, Wilhelm Worringen, Andreas Kiepels, Peter Josef Wingens, Johann Korrig, Heinrich Norf, Heinrich Gassen, Gerhard Richrath, Heinrich Boes, Heinrich Esser, Bertram Richrath, Heinrich Peltzer, Balthasar Wankum, Jacob Peltzer, Johann Richrath, Cornelius Bastian, Johann Stommel, Peter Schmitz, Heinrich Bergescher, Johann Küpper, Johann Wilhelm Stamm, Heinrich Tolles, Jacob Linnartz, Christoph Hesemann, Johann Hecken, Peter Nix, Jacob Gutzen, Peter Götzen, Johann Jussenhoven, Christian Nix, Tillmann Remmer und Gerhard Richrath.
  44. Rheinisch-Westfälischer Anzeiger Nr. 93 vom 19. November 1822, Sp. 2243f..
  45. Rheinisch-Westfälischer Anzeiger Nr. 96 vom 29. November 1822, Sp. 2323f. und ebd. Nr. 97 vom 3. Dezember 1822, Sp. 2347f. und Beilage.
  46. Rheinisch-Westfälischer Anzeiger Nr. 91 vom 12. November 1822, Sp. 2191-2196 und Beilage.
  47. Gemeint ist wahrscheinlich nicht der 18. November, sondern der 18. Dezember.
  48. LAV_NRW_R, Regierung Düsseldorf 4356, unpagin.; auch die nachfolgenden Quellen bis März 1826.
  49. Seit dem Jahr 1824 war das Amt des Erzbischofs von Köln nach dem Jahr 1801 erstmals wieder besetzt, mit Ferdinand August von Spiegel.
  50. Pfarrer Mevissen hatte nur 5 Jahre, bis 1831, in Zons gewirkt, auf ihn war Franz Anton Vaßen (bis 1842) gefolgt, anschließend Carl Joseph Neesen (bis 1856) und dann der genannte Sebastian Schmitz.
  51. Den Verlauf des Festes schildern recht übereinstimmend der Chronist Johann Jakob Delhoven aus Dormagen, wohl als Augenzeuge (Archiv im Rhein-Kreis Neuss, Autograf Johann Jakob Delhoven, S. 622), und die Zonser Pfarrchronik (PfAZ, Nr. 6, S. 40-41), wobei der Chronist vermutlich die Delhoven’sche Beschreibung als Grundlage genommen hat.
  52. Diese ist leider heute im Original verschollen, so dass man auf Reproduktionen zurückgreifen muss.
  53. PfAZ, Nr. 242.
  54. PfAZ, Nr. 6, S. 197; darin auch die Festankündigung in der Zeitung "Linksrheinischer Lokalanzeiger" (Beilage zum "Kölner Lokalanzeiger") vom 29. April 1932.